Mit 73 Jahren springt Ruedi Feller nicht mehr von der Skischanze. In den 60er- und 70er-Jahren tat er dies aber regelmässig am Grenchner Skitag. Skispringen gehörte zur Meisterschaft des Skiclubs Grenchen (SO), zusammen mit Slalom und Langlauf.
Man flog blind über die Strasse in den Graben.
«Man startete oben auf der Weide und kam dann auf den Schanzentisch. Danach flog man blind über die Strasse in den Graben. Die Landung war fast ganz unten – und dann ging es auf der anderen Seite wieder hinauf», erinnert sich Feller.
Gebaut wurde die Skisprungschanze in den 1920er-Jahren auf dem Grenchenberg, oberhalb der Stadt. Die Zeitung «Der Bund» schrieb 1927 dazu: «Auf dem Ober-Grenchenberg, 1350 Meter, führte die Skisektion des T.-V. Grenchen letzten Sonntag an der vorläufig provisorischen Schanzenanlage ein Propagandaspringen durch. Der erste derartige Anlass in Grenchen vermochte zwischen 400 und 500 Personen zu der gute 2 1/2 Stunden vom Dorf entfernten Schanze zu locken. Durch diese Propagandaveranstaltung hat der Skisport im Uhrmacherdorf Grenchen wieder viele neue Freunde gewonnen.»
Präparation mit den Schuhen
Präpariert wurde die Grenchner Schanze jeweils vor den Skitagen im Februar oder März. Die Vorbereitungen seien aufwändig gewesen, so Ruedi Feller.
Auch das Herrichten des Landehangs war streng: «Es brauchte 20 bis 30 Personen, um die Schanze bereitzumachen. Man gab sich die Arme und lief hinunter. Meistens hatte es mehrere Schneeschichten, die man durchbrechen musste. 20 Mal ging es hinauf und hinunter, danach wurde mit den Ski darüber gerutscht.»
Luxusuhren lockten nach Grenchen
Die Grenchner Skisprungschanze war nicht die einzige ausserhalb der Alpen oder Voralpen. Anlagen gab es in der Nähe mehrere, etwa auf dem Weissenstein, in Olten, Mümliswil oder im benachbarten Langenbruck im Kanton Baselland. Die Anlage in Langenbruck wurde erst 2010 abgebaut – wegen fehlenden Nachwuchses.
So gross wie die Anlage in Langenbruck war die Schanze auf dem Grenchenberg nicht. Am Grenchner Skitag nahmen allerdings jeweils viele Sportler aus der ganzen Schweiz teil. Aus dem «Bieler Tagblatt» von 1961: «Anschliessend an den Slalom wanderte die Karawane an die Sprungschanze, wo punkt 15.15 Uhr der erste Springer über den Bakken sauste. Mit grossem Applaus wurden die schönen Flüge belohnt.»
Der Grenchner Skitag sei wegen der Preise beliebt gewesen, erzählt Ruedi Feller. Weil die lokalen Uhrenfirmen wertvolle Uhren spendeten, seien auch Schweizer Meister auf den Grenchner Hausberg gereist.
Gondelbahn und Nordisch-Zentrum
In den 80er-Jahren konnten die Grenchner einen alten Sprungturm aus Langenbruck übernehmen. Die Springer wurden dadurch schneller und sprangen weiter. Die Anlage auf dem schneesicheren Grenchenberg war weiter beliebt für Trainings.
Ruedi Feller weiss zu erzählen, dass es in dieser Zeit grosse Pläne gab: «Man wollte eine Gondel bauen. Die Nordisch-Sportler aus Langenbruck und Olten kamen zu uns trainieren. Die Strasse hinauf war aber sehr schlecht.» Neben der Bergstation beim Berggasthof Obergrenchenberg sollte ein Trainingszentrum für Ski Nordisch entstehen – für Skispringen und Langlauf. «Diese Idee kam aber nicht zustande, weil man die Gondel nicht bauen durfte.»
Mit dem Skispringen auf dem Grenchenberg ging es danach zu Ende. Auf dem Berg lag immer weniger Schnee und der Aufwand für die Präparation wurde zu gross. Die Schanzenanlage wurde Mitte der 90er-Jahre abgebaut.