- In einer Motion ist der Bundesrat beauftragt worden, den Zivildienst zu verschärfen. Der Nationalrat hat diese nun mit 110 zu 66 Stimmen angenommen.
- Militärdienstpflichtige, die nach Beginn der Rekrutenschule in den Zivildienst wechseln, können mit dieser Änderung des Zivildienstgesetzes nur die Hälfte der geleisteten Militärdiensttage an den Zivildienst anrechnen.
- Damit wird der Zivildienst unter Umständen deutlich länger als der Militärdienst.
- Das Geschäft geht nun in den Ständerat.
- Gleichzeitig befasste sich die grosse Kammer mit der Frage, ob Zivildienstleistende während ihrem Dienst künftig kenntnlich gemacht werden, also eine Uniform oder zumindest eine Armbinde tragen sollen. Diesen Teil nahm der Rat ebenfalls mit 103 zu 69 Stimmen an.
In der zeitweilig hitzigen Debatte ging es vor allem darum, wie der Zivildienst so unattraktiv zu machen ist, um die Abgänge aus der Armee zu mindern. Denn es ist unbestritten: «Es gibt einen Wiederanstieg der Zahl der Zivildienstleistenden», betonte für die Kommissionsmehrheit Raymont Clottu (SVP/NE). Es gehe hier um den Schutz der Bevölkerung, welche durch den Anstieg der Abgänge in Gefahr sei.
Wir sind nicht in einer Kuschelgesellschaft.
Es brauche ein klares Bekenntnis zur Armee, betonte auch Kommissions-Sprecher Walter Müller (FDP/SG). Mit diversen Vorstössen wolle man die Armee destabiliseren und «auf kaltem Weg» abschaffen.
Stand heute und morgen
Da besonders die Abgänge nach Beginn der RS und nach Abschluss der RS gravierend seien, soll mit dieser Motion ein Riegel vorgeschoben werden. «Wenn ausgebildete Soldaten meist aus banalen Gründen zum Zivildienst wechseln, dann ist das ein Verlust für die Armee und für die Sicherheit», betonte FDP-Politiker Müller weiter. Es müsse einen strafenden Charakter haben.
Auch aus finanziellen Gründen ist dies für den Bund ein Nachteil, meinte vor allem die bürgerliche Seite des Rates. Es sei eine Fehlinvestition, Soldaten auszubilden und auszurüsten, wenn diese anschliessend nicht mehr zur Verfügung stünden. Die Militärangehörigen, welche zum Zivildienst wechseln, hätten meist keine Gewissensgründe, sagt der St. Galler SVP-Nationalrat.
Es ist eine Fehlinvestition, wenn man Soldaten ausbildet, ausrüstet und dann stehen sie nicht mehr zur Verfügung
Erfolglos argumentierte die meist linke Seite der grossen Kammer, dass Handlungsbedarf bei der Armee selbst bestehe. Man müsse sich doch fragen, warum sich die Angehörigen der Armee dort nicht mehr zuhause fühlten.
Betont wurde mehrere Male, dass Handlungsbedarf bestehe, um die Abgänge aus der Armee zu stoppen. Es gehe nicht, darum den Zivildienst zu schwächen: «Wer in der Armee Dienst leistet, der generiert das Produkt Sicherheit, wer Zivildienstleistet, generiert das Produkt Soziales und wer Zivilschutz leistet, generiert das Produkt Schutz und Rettung», erklärt Müller. Dagegen sei nichts einzuwenden. Er sei der letzte, der den Zivildienst abschaffen möchte.
Erfolglos mit seinen Argumenten blieb auch der zuständige Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Er gab unter anderem zu bedenken, dass eine Prognose dieser Massnahme nicht abzuschätzen sei. Demnach könnte eine solche Massnahme nicht den erwünschten Effekt haben. Zudem sei eine Sanktionierung von Militärangehörigen nicht verhältnismässig und würde gegen das Gleichheitsprinzip verstossen.
Armbinde, Batch oder gar Uniform?
Im zweiten Geschäft zum Zivildienst wird der Bundesrat mit einer Motion beauftragt, den Zivildienstleistenden während des Dienstes für die Öffentlichkeit erkennbar zu machen. Dabei tauchte das Wort «Armbinde» im Rat immer wieder auf.
Denn verschiedene Gegner der Motion gaben zu bedenken, dass es keine Uniform für Zivildienstleistende brauche. «Eine Armbinde oder ein Batch reicht», erklärten die Kommissionsprecher Roger Golay (SVP/GE) und Werner Salzmann (SVP/BE). Vielmehr gehe es darum, den Zivi erkennbar zu machen und der Bevölkerung auch zu zeigen, was Zivildienstleistende arbeiten und leisten.
Es geht um die Wertschätzung.
Das Argument, Schüler und Kinder wären von einer Zivildienst-Uniform eingeschüchtert, liessen die Uniform-Befürworter nicht gelten. «Ich habe noch nie gesehen, dass Schüler beängstigt waren, wenn sie Soldaten auf dem Pausenplatz sehen. Das gehört zu unserer Milizorganisation», meinte der Berner SVP-Nationalrat Werner Salzmann ein wenig belustigt.
Auch Bedenken, dass Uniformen den Kleidungsvorschriften bei verschiedenen Betrieben – wie zum Beispiel in Spitälern – nicht entsprechen, fruchteten nicht. Die Kommissionsprecher betonten immer wieder, dass es auch eine Armbinde sein könne.
Und wenn schon Armbinden: Auch das Gegner-Argument von Priska Seiler Graf (SP/ZH), dass eine Kennzeichnung von Zivis bereits mit dem bestehenden Gesetz möglich ist, fand im Rat keinen Anklang. Da half auch kein Nachhaken des Bundesrates Johann Schneider-Ammann. Der WBF-Vorsteher gab zudem zu bedenken, dass ein Uniformzwang durchgesetzt werden müsste. Weil die Zivis meist den Regeln des Einsatzbetriebes unterstehen, wären Kontrolle und Durchsetzung der Regelung schwierig. Zudem sei der Zivildienst keine Truppe und auch nicht in Truppengattungen oder Verbände gegliedert, die gekennzeichnet werden müssten, erklärte Schneider-Ammann.
Die beiden Geschäfte wurden mit einer komfortablen Mehrheit angenommen. Die Motionen gehen nun in den Ständerat.