Kleidervorschriften für Frauen sind immer wieder Thema in Sportarten wie Kunstturnen oder Beach-Volleyball. Das Turndress muss zum Beispiel eng anliegen, damit die Richter die Turnerinnen bewerten können. Ein unpassendes Foto ist auch ohne böse Absichten schnell passiert. Auch sexualisierte Fotos sind ein Thema.
Die Diskussion wird auch in der Schweiz geführt und darum hat der Schweizerische Turnverband im Vorfeld des Kantonalen Turnfests in Dägerlen bei Winterthur zum ersten Mal eine Fotorichtlinie für Medienschaffende ausgegeben.
Von der Seite fotografieren
Die Sportlerinnen begrüssen den Schritt. «Ich finde das positiv», sagt Kunstturnerin Nicole Hitz vom Turnverein Rüti. «Ich habe auch ab und zu Situationen erlebt, wo ich im Internet Fotos von mir gesehen habe, die nicht sehr vorteilhaft waren.» Auch die Turnerin Tanja Groot Kormelink aus Eschlikon findet es wichtig, dass man sich des Themas bewusst sei. «Ich finde es richtig, dass man da sensibilisiert.»
«Wenn Bilder veröffentlicht werden, dann schaut man sich diese an und überlegt sich natürlich: Ist das nun eine gute Pose oder nicht», so Kunstturnerin Katja Kellenberger. Es gibt Posen, welche aus einem gewissen Winkel heikel sind. Wie man solche Posen trotzdem fotografieren kann, erklärt Renate Ried vom Zürcher Turnverband: «Wenn man von der Seite fotografiert und nicht von vorne frontal in den offenen Schritt.»
Sensibilisierung auch der Turnerinnen
Nicht nur Fotografen und Fotografinnen sollen aufpassen. Sie wollen auch die Turnerinnen und deren Eltern für das Thema sensibilisieren. Denn oft landen unpassende Bilder in den sozialen Medien.
Die Turnerinnen seien sich dessen oft nicht bewusst, so Renate Ried, Kommunikationsmitarbeiterin beim Zürcher Turnverband. «Sie sind stolz auf das Element, das sie geturnt haben. Und wollen sagen: ‹Yeah, ich habe erstmals dies oder jenes geschafft!› und sind sich gar nicht bewusst, dass auch Nichtturnende dies anschauen, die die Offenherzigkeit des Bildes sehen.»
Dass Aufklärungsarbeit nötig ist, sehen auch die Sportlerinnen. «Das wäre sicher gut», stellt Nicole Hitz fest. «Gerade die Jungen unterschätzen, was sie zum Teil auf Social Media posten und dass dies dann für immer im Internet ist. Ich finde grundsätzlich solche Social-Media-Schulungen immer sehr gut.»
Mehrere Bekleidungsoptionen möglich
In der Schweiz sind die knappen Turndresses im Spitzensport seit letztem Jahr nicht mehr vorgeschrieben. Im Breitensport ist dies schon viel länger der Fall. Trotzdem ziehen viele diese weiterhin an. «Wir haben unser Dress selbst designt», so Tanja Groot Kormelink. «Bei uns fühlen sich die Turnerinnen so wohl. Es ist aber immer wieder Thema: Wenn jemand sagt: ‹Mir passt das nicht!›, dann ist das auch okay.»
Jeder Verein darf für sich selber entscheiden, was die Mitglieder anziehen wollen.
Aber: Die ganz Gruppe muss gleich angezogen sein. Dass längst nicht mehr alle Turnerinnen das knappe Tenue anziehen, sieht man auch am Turnfest in Dägerlen. Mittlerweile gibt es sogar ganz verschiedene Optionen. «Es sagt Dir niemand: ‹Du musst einen kurzen Dress tragen›», hält Kunstturnerin Katja Kellenberger fest. «Strümpfe sind okay, lange oder kurze Hosen auch. Man darf nicht vergessen: Jeder Verein darf für sich selber entscheiden, was die Mitglieder anziehen wollen.»
Egal ob die Turnerinnen und Turner kurze oder lange Dress anhaben: Entscheidend bleibt, wie man es fotografiert. Und dies nicht nur beim Geräteturnen, sondern bei allen Turnsportarten.