Die Meldung kam aus dem Nichts: Anfang März verkündete die Schaffhauser AL ihr Aus. Knall auf Fall löste sich die Partei, die ganz am linken Flügel politisiert, auf – dies notabene nach 19 Jahren und als einst viertstärkste Partei im Parlament. Co-Präsidentin Angela Penkov begründete den Entscheid unter anderem damit, dass eine grosse Polit-Karriere in der AL schwierig sei. «Einige von uns wollen über die Kantonsgrenzen hinaus politisieren.» Und da stünden die Chancen in anderen Parteien besser. Die AL-Politikerinnen und Politiker schlossen sich in der Folge nach emotionalen Debatten den Fraktionen der SP und der Grünen an.
Schwierige Zeiten hatten sich für die AL schon im Februar angekündigt. Denn im einzigen Kanton, in dem sie inzwischen noch existiert, setzte es für die Partei ausgerechnet in ihrer Hochburg Zürich eine empfindliche Niederlage ab. Die Alternative Liste verlor nicht nur zwei Sitze bei den Stadtzürcher Parlamentswahlen, sondern auch gleich ihren einzigen Stadtratssitz. Kandidat Walter Angst konnte den Sitz von Richard Wolff, der in wenigen Tagen sein Amt nach 9 Jahren im Stadtrat niederlegt, nicht erben.
SRF News: Richard Wolff, Sie sind nicht nur der erste, sondern bis auf Weiteres auch der letzte AL-Stadtrat in Zürich. Verschwindet die AL in der Bedeutungslosigkeit?
Richard Wolff: Es klingt nicht gut, was Sie erzählen, aber es stimmt. Also in Zürich löst sich die Partei nicht auf. Klar: Wir haben zur Kenntnis genommen, was in Schaffhausen passiert ist. Aber in Zürich ist die AL grösser – nur schon, weil die Stadt grösser ist und damit auch mehr Leute bei der AL sind. Und die Überzeugung, dass es uns braucht und dass wir stark genug sind, diesen Dämpfer zu überleben und weiterzumachen, die ist gross.
Sie waren lange dabei. Auch Walter Angst, der für Ihre Nachfolge im Stadtrat kandidiert hat, ist ein Urgestein. Hat die Partei ein Nachwuchsproblem? Fehlt der Druck von unten, von jungen Leuten?
Das ist jetzt meine persönliche Meinung. Ich glaube: Ja. Es braucht mehr junge Leute, die sich engagieren. Es gibt sie, nur müssen die sich besser etablieren in der Partei. Sie müssen es wollen, kämpfen und sich durchsetzen. Und die älteren Parteimitglieder müssen sie gewähren lassen. Es ist ein Geben und ein Nehmen. Das ist der AL zwar bewusst, aber vom Wissen bis zum Umsetzen ist es manchmal ein grösserer Schritt.
Ich glaube aber, dass die Nichtwahl von Walter Angst und der Verlust von zwei Sitzen im Zürcher Gemeinderat die AL darin bestärkt, sich Gedanken darüberzumachen, welchen Schwerpunkt sie in den nächsten vier Jahren in ihrer Politik setzen will.
Ist es die Idee, dass die AL wieder einmal ein Exekutivamt übernimmt? Man könnte auch einfach sagen: Wir machen Oppositionspolitik und übernehmen keine Verantwortung.
Das ist sehr gut denkbar. Ich meine, es ist traditionell immer die Rolle und die Position der AL gewesen, dass sie reine Oppositionspolitik macht. Ich war gewissermassen ein Versuch, es auch einmal anders zu machen. Das ist gelungen und die grosse Mehrheit der AL – mehr als am Anfang – glauben, dass es machbar, sinnvoll und nützlich ist, einen Stadtratssitz zu haben. Es geht auch ohne, aber das Bestreben ist da, diesen Sitz wieder einmal zu holen in Zukunft.