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Windpark Grenchenberg muss kleiner werden: Begründung und Konsequenzen des Bundesgerichtsurteils
Aus Regionaljournal Aargau Solothurn vom 24.11.2021. Bild: zvg
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Zum Schutz der Vögel Windpark Grenchenberg muss laut Bundesgericht kleiner werden

  • Der geplante Windpark auf dem Grenchenberg im Kanton Solothurn darf höchstens vier statt sechs Windturbinen umfassen, dies hat das Bundesgericht entschieden.
  • Die Redimensionierung um zwei Windturbinen begründet das höchste Gericht mit dem Vogelschutz. In der Nähe des Windparks befände sich der Brutplatz eines Wanderfalkenpaares, zu diesem gelte es einen Abstand von mindestens 1000 Metern einzuhalten.
  • Der Entscheid des Bundesgerichtes fiel knapp aus: Drei Richter sprachen sich für eine Verkleinerung aus, zwei wollten das Projekt wie geplant gutheissen.
  • Ob die städtischen Werke Grenchen (SWG) das Projekt trotz der angeordneten Redimensionierung weiterverfolgen, ist noch offen.

Seit über zehn Jahren wird schon um den Windpark auf dem Grenchenberg im Kanton Solothurn gestritten, nun hat das Bundesgericht ein wegweisendes Urteil gefällt. An einer seltenen öffentlichen Sitzung hat das höchste Gericht die Beschwerde von zwei Vogelschutzorganisationen teilweise gutgeheissen und angeordnet, dass der geplante Windpark verkleinert werden muss. Statt sechs dürfen höchstens vier Windturbinen gebaut werden. Hauptgrund dafür ist der Schutz eines Paares Wanderfalken, das jeweils in der Nähe brütet. Der Entscheid fiel allerdings mit 3:2 Stimmen knapp aus.

Seltene öffentliche Sitzung des Bundesgerichtes

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Normalerweise fällt das Bundesgericht seine Entscheide hinter verschlossenen Türen. 99.8 Prozent der Fälle werden auf schriftlichem Weg erledigt. Eine öffentliche Beratung gibt es nur, wenn die Richterinnen und Richter keinen einstimmigen Konsens finden, hier werden dann ausnahmsweise die unterschiedlichen Meinungen im Gremium öffentlich gezeigt.

    Zwar müsse der Anteil erneuerbarer Energien in der Schweiz ausgebaut werden, heisst es in einer Mitteilung des Bundesgerichtes, diesem Ziel komme vor dem Hintergrund des Klimawandels eine herausragende Bedeutung zu. Allerdings geniesse auch der Erhalt der Biodiversität eine hohe Priorität. Dem Schutz bedrohter Arten wie den Wanderfalken komme somit auch nationales Interesse zu.

    Mit seinem Entscheid widerspricht das Bundesgericht dem Solothurner Verwaltungsgericht. Dieses hatte den Windpark noch wie geplant bewilligt bzw. das öffentliche Interesse an den Windkraftanlagen höher gewichtet als den Vogelschutz.

Zukunft des Windparks nach Urteil ungewiss

In einer Stellungnahme zeigt sich die Beschwerdeführerin Birdlife Schweiz zufrieden mit dem Urteil. Man dürfe das Problem des Klimawandels nicht auf Kosten der Biodiversität lösen, schreibt der Verband, der sich grundsätzlich für den Ausbau der erneuerbaren Energien ausspricht.

Der lange Weg zum Windpark Grenchenberg

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2008 Nach einem angenommenen Vorstoss im Kantonsparlament prüft der Kanton Solothurn die Eignung des Grenchenberges als Standort einer Windkraftanlage. Die Potenzialstudie kommt zum Schluss, dass der Grenchenberg sehr gut geeignet wäre.

2009-2011 Ein Vorprojekt inkl. Machbarkeitsstudie und Umweltverträglichkeitsprüfung durch den Kanton kommt zu einem positiven Resultat. In der Folge übernehmen die städtischen Werke Grenchen (SWG) die weitere Ausarbeitung des Projektes.

2011 Der Bund genehmigt den geänderten Solothurner Richtplan, der den Grenchenberg als möglichen Standort für Windkraft festlegt.

2014 Der Kanton Solothurn und die Standortgemeinde Grenchen bestätigen das Projektdossier im Rahmen der zweiten Vorprüfung.

2014 Das Projektdossier wird im Rahmen des Nutzungsplanverfahrens öffentlich aufgelegt. In der Folge gehen total 14 Einsprachen gegen das Projekt ein, u.a. von Umwelt- und Vogelschutzverbänden.

2015 Fünf Einsprachen werden vom Gemeinderat Grenchen abgewiesen, auf sieben wird nicht eingetreten, zwei werden zurückgezogen.

2015 Alle fünf abgewiesenen Beschwerden werden durch Weiterzug an die Regierung angefochten. Zum Teil werden sie in der Folge nicht weitergezogen, verfallen wegen formaler Fehler oder werden auf dem juristischen Weg weitergezogen.

2017 Die Solothurner Regierung lehnt eine Beschwerde von privaten Gegnern des Windkraftprojektes ab. Das Bundesgericht bestätigt diesen Entscheid ein Jahr später.

2017 Die Solothurner Regierung genehmigt die Nutzungsplanung und damit das ganze Projekt. Gleichzeitig wird die Beschwerde der Vogelschutzverbände abgewiesen.

2018 Das Solothurner Verwaltungsgericht lehnt die Beschwerde der Vogelschutzverbände ebenfalls ab.

2021 Das Bundesgericht kippt den Entscheid des Verwaltungsgerichtes und heisst die Beschwerde von Birdlife teilweise gut. Der Windpark muss um zwei Anlagen verkleinert werden.

Das Energieversorgungsunternehmen der Stadt Grenchen, welches den Windpark realisieren möchte, schreibt in einer Stellungnahme, man nehme das Urteil zur Kenntnis. Nun müsse man zuerst analysieren, was der Verzicht auf zwei Anlagen für das Gesamtprojekt bedeute, bevor man über das weitere Vorgehen entscheide.

Mit den ursprünglich geplanten sechs Windkraftanlagen auf dem Grenchenberg hätten laut Projekt jährlich rund 30 Gigawattstunden Strom produziert werden können, das entspricht ungefähr zwei Dritteln des Energieverbrauchs der Stadt Grenchen.

SRF 4 News, 24.11.2021, 15 Uhr;

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