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Zum Tod von Dick Marty Der streitbare Wahrheitssucher ist verstummt

Der frühere Tessiner FDP-Ständerat, Staatsanwalt und Mafia-Jäger Dick Marty ist 78-jährig gestorben. Ein Nachruf.

Dick Marty stand oft im Rampenlicht. Vor kurzem noch stellte der schwerkranke 78-Jährige sein letztes Buch mit dem für ihn so typischen Titel «Verità irreverenti» vor (auf Deutsch: «Respektlose Wahrheiten»).

Darauf angesprochen, forderte Marty gegenüber dem Tessiner Radio erst vor einem Monat: «Die Schweiz müsste die Stimme sein, die sich auf der Welt für die Menschenwürde einsetzt.»

Marty bei seinem letzten Prozess im März 1989.
Legende: 1975 wurde Dick Marty zum Staatsanwalt des Kantons Tessin ernannt. In diesem Amt fiel er wegen seines energischen Vorgehens gegen organisiertes Verbrechen und Drogenmissbrauch auf. Bild: Marty bei seinem letzten Prozess im März 1989. Keystone/STR

Die aktuelle Welt sei auf besorgniserregende Weise aus dem Gleichgewicht geraten, beklagte Marty. Er hat seine Meinung nie zurückgehalten. Und dabei viele vor den Kopf gestossen. Mit seiner Geradlinigkeit und seiner Schaffenskraft hat er sich aber den Respekt von fast allen verschafft.

Dick Marty hat die Wahrheit gesucht. Und dieses Merkmal ist selten geworden.
Autor: Paolo Bernasconi Tessiner Anwalt

Die Worte seines Weggefährten, des Tessiner Anwalts Paolo Bernasconi, sind darum sehr typisch: «Er hat wirklich die Wahrheit gesucht. Und dieses Merkmal ist selten geworden.» Dass der Wahrheitssucher Marty nicht mehr ist, macht deshalb nicht nur im Tessin betroffen.

Dick Marty 2001 im Ständerat
Legende: Nach sechs Jahren in der Tessiner Kantonalpolitik wurde Dick Marty 1995 in den Ständerat gewählt. 1999, 2003 und 2007 wurde er im Amt bestätigt. 2011 trat er nicht mehr zur Wiederwahl an. Keystone/YOSHIKO KUSANO

Marty hat die Wahrheit gesucht als Tessiner Staatsanwalt im Kampf gegen das organisierte Verbrechen und den Drogenhandel. Er hat die Drogenroute von Amerika in die Schweiz aufgedeckt.

Das eigene Haus als Festung

Er hat als Berichterstatter des Europarats eine Gruppe der kosovarischen Befreiungsarmee beschuldigt, Menschen innere Organe entnommen und verkauft zu haben.

Sein Bericht führte dazu, dass Marty Ende 2020 unter massiven Polizeischutz gestellt wurde. Sein Haus wurde zur Festung. Dieser monatelange Hausarrest hat ihm zugesetzt. Bereut hat Marty aber nichts: «Wenn alle einfach aufgeben, dann würden diese Kriminellen gewinnen.»

Von 1998 bis 2011 war Dick Marty (hier in einer Aufnahme von 2011) Abgeordneter des Europarats.
Legende: Dick Marty war unter anderem Abgeordneter des Europarats (hier in einer Aufnahme von 2011). Er setzte sich vehement für die Menschenrechte ein und verlangte, dass Konzerne mehr Verantwortung für ihr Tun übernehmen. Keystone/EPA/CHRISTOPHE KARABA

Er sei ein sehr glücklicher Mensch, hat Marty einmal gesagt. Er sei mutig auf die Welt gekommen. Mut könne man nicht erlernen. «Das Leben hat gewisse Risiken. Wer keine Risiken eingeht, der überlebt nur – und das möchte ich nicht.»

Marty war zufrieden mit seinem Leben. Mit seinem Familienleben, wie er jüngst regelmässig unterstrich. Marty hat gesagt, man höre auf zu leben, wenn man gleichgültig werde. Nun ist er an einem Krebsleiden gestorben.

Marty spricht 2017 in Moutier
Legende: Dick Marty war auch von 2011 bis zu ihrer Auflösung Ende 2017 Präsident der Interjurassischen Versammlung (IJV). Das Gremium wurde für die Beilegung des Jurakonflikts gebildet. Keystone/Peter Klaunzer

Echo der Zeit, 28.12.2023, 18 Uhr

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