Ausgehen, ein Konzert besuchen, ein Kabarett, eine Lesung oder Tanzaufführung – bevor das Coronavirus die Kulturszene nachhaltig veränderte, war die Kleinkunst ein wichtiger Teil der Freizeitplanung. Dann kam die Pandemie.
Für die ehrenamtlichen Veranstalter ein harter Schlag. Seither sind die Ansätze unterschiedlich, das Ziel ist überall das gleiche: das Publikum zurückholen. Laut einer schweizweiten Studie von «L'oeil du public», einer Westschweizer Agentur für Publikumsforschung und Kulturmarketing, fehlt ein Drittel des Publikums immer noch – je nach Sparte etwas mehr oder weniger.
Von der Hand in den Mund
Tanja Scartazzini, Leiterin des Amtes für Kultur im Kanton St. Gallen, hat den gleichen Eindruck, wenn sie sich mit Veranstaltern austauscht. Das Verhalten hat sich geändert: «Tickets werden heute kurzfristiger gekauft, Abos wurden nicht erneuert oder das Publikum suchte sich günstigere Freizeitbeschäftigungen.»
Tickets werden kurzfristiger gekauft.
Bei Thomas Schiltknecht von «Kultur is Dorf» in Herisau (AR) zeigt man sich gleichzeitig kämpferisch und etwas konsterniert: «Wir haben jetzt Hoffnung, dass die Leute vermehrt kommen. Es wäre natürlich auch bedauerlich, wenn nicht. Wenn das die Realität wird, ist es halt so.»
Die Organisation gibt es seit 40 Jahren, vor der Pandemie kamen an einem Abend 60 bis 80 Leute, dann waren es zum Teil noch 10 oder 20. Daraufhin habe man reagiert, sagt Schiltknecht: «Kurzzeitig lebten wir von der Hand in den Mund und planten nicht mehr weit voraus.» Jetzt sei man zurück beim alten Halbjahresprogramm. Der Erfolg ist noch offen.
Helfer händeringend gesucht
Nicht nur die Gäste bleiben weg, auch helfende Hände zu finden, kann sich für kulturelle Betriebe schwierig gestalten. Beim Nordklang Festival in St. Gallen, das dieses Wochenende stattfindet, bräuchte man 50 Helferinnen und Helfer, 25 bis 30 seien mit Ach und Krach zusammengekommen.
Darum greift jetzt ein Plan B, erklärt Organisatorin Larissa Bissegger: «Wir mussten umstellen und suchten Partner.» Jetzt wird der Gastrobetrieb ausgelagert, was ins Geld geht – statt Einnahmen gibt es Ausgaben.
Preise steigen überall
Es gibt aber Grund zur Hoffnung. Michael Sarbach von der Wiler Kulturinstitution «Gare de Lion» sagt: «Wir waren positiv überrascht, wie schnell es wieder angezogen hat.» Es sei aber zu differenzieren: Ist es eine Veranstaltung im Party-Bereich oder kommen bekannte Künstler, seien die Leute gekommen. «Beim klassischen Kulturprogramm ist es schwieriger.»
Neben den Nachwehen der Pandemie gibt es andere neue Herausforderungen. Zum Beispiel: «Alles ist teurer geworden, die Technik, das Essen. Auch bei den Bands gab es Anpassungen», sagt Larissa Bissegger vom Nordklang Festival. Darum habe man auch die Eintrittspreise erhöht.
Politischer Fokus auf Künstlerinnen und Künstlern
Auch in Herisau bei «Kultur is Dorf» geht es um die Finanzierung. Die Stadt habe die Beiträge aus Spargründen gekürzt, sagt Thomas Schiltknecht: «Wir müssen schauen, wie wir das Geld wieder einnehmen.» Er betont, Künstlerinnen und Künstler seien mit den Gagen entgegengekommen.
Den finanziellen Aspekt lässt der Kanton nicht ausser Acht. Die St. Galler Kulturamtsleiterin Tanja Scartazzini sagt, die Pandemie habe gezeigt, dass die finanzielle Absicherung bei Kulturschaffenden oft schlecht sei. Dagegen würden sowohl Künstler als auch Veranstalter mit Projekten gefördert.