Es ist lediglich ein Satz, der in Brüssel beim Vorschlag der Staatspolitischen Kommission des Ständerates sauer aufstösst – doch dieser eine Satz hat es in sich. Es geht um folgendes Zitat:
Der Zugriff auf die gemeldeten Stellen wird für eine befristete Zeit auf Personen beschränkt, die bei der öffentlichen Arbeitsvermittlung in der Schweiz angemeldet sind.
So versteht ihn die Kommission des Ständerats:
In der Schweiz interpretiert man dies so, dass der Zugriff auf die Liste der offenen Stellen beschränkt ist.
So versteht ihn die EU:
Die EU-Kommission und verschiedene Nachbarländer der Schweiz lesen den Satz anders: Nur diejenigen, die in der Schweiz angemeldet sind, haben Zugriff auf eine offene Stelle und können demnach eine Stelle auch wirklich bekommen. Das wäre problematisch, weil es diejenigen diskriminieren würde, die nicht in der Schweiz angemeldet sind.
Was nun?
Wie die EU reagieren würde, sollte das Schweizer Parlament an diesem einen Satz festhalten, steht in den Sternen. So ist zum jetzigen Zeitpunkt offen, ob die EU allenfalls zufrieden wäre, sollte die Schweiz noch eine verbindliche Auslegung nachliefern.
Die Debatte um die Interpretation eines Satzes zeigt jedoch, mit welcher Aufmerksamkeit Brüssel jedes kleinste Detail der hiesigen Umsetzung der Zuwanderungsinitiative beobachtet. Und das hat viel mit den anstehenden Brexit-Verhandlungen zu tun. Denn jede kleinste Konzession gegenüber der Schweiz könnte für die EU zu einem Problem werden bei den Verhandlungen mit Grossbritannien.