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Zwei Jahre vor den Wahlen Wahlbarometer: FDP, Mitte und Grüne kämpfen um dritten Platz

  • Das SRG-Wahlbarometer zeigt zur Halbzeit der Legislatur eine stabile Schweizer Parteienlandschaft.
  • Annäherung gibt es allerdings zwischen FDP, der Mitte und den Grünen: Sie kämpfen um den dritten Platz.
  • Die FDP büsst mit 1.5 Prozentpunkten am meisten Wähleranteile gegenüber den Wahlen 2019 ein. Die GLP kann am meisten zulegen.
  • Die SVP bleibt mit 26.6 Prozent klar die stärkste Kraft.
Befragungszeitraum: 29. September bis 3. Oktober 2021Stichprobenfehler: ± 1.3 Prozentpunkte Quelle: Sotomo im Auftrag der SRG SSR Wähleranteile Parteien Wahlabsicht (in Prozent) SVP 26.6 SP 15.8 FDP 13.6 Die Mitte 13.3 Grüne 13.2 GLP 9.8 EVP 2.1

In zwei Jahren finden in der Schweiz die nächsten Parlamentswahlen statt. In der Hälfte der aktuellen Legislatur ist die Lage bei den Parteien gemäss SRG-Wahlbarometer stabil.

Stärkste Kraft bleibt die SVP mit 26.6 Prozent Wähleranteil, es folgt die SP mit 15.8 Prozent. Weiter ist eine Annäherung der Wähleranteile zu beobachten: FDP, die Mitte sowie die Grünen liegen mit je rund 13 Prozent praktisch gleichauf und stehen in einem Dreikampf um Platz drei der stärksten Parteien.

Allerdings bewegen sich die Veränderungen von SVP, SP, der Mitte und der Grünen noch im Fehlerbereich der Umfrage. Deshalb sollten die Zahlen zurückhaltend interpretiert werden.

«Die Schweizer Parteienlandschaft war immer geprägt durch Hierarchien von grossen zu kleinen Parteien. Nun haben wir in der Mitte eine Annäherung der Parteigrössen», sagt Politologe Michael Hermann, Leiter der Forschungsstelle Sotomo, die das SRG-Wahlbarometer durchgeführt hat.

«Wir haben fünf Parteien, die gemäss Umfrage nur sechs Prozentpunkte auseinanderliegen. Das stellt das klassische Prinzip der Sitzverteilung im Bundesrat infrage», so Hermann.

Befragungszeitraum: 29. September bis 3. Oktober 2021Stichprobenfehler: ± 1.3 Prozentpunkte Quelle: Sotomo im Auftrag der SRG SSR Gewinne und Verluste in Prozentpunkten im Vergleich zu den Nationalratswahlen 2019 SVP +1.0 SP -1.0 FDP -1.5 Die Mitte -0.5 Grüne 0 GLP +2.0 EVP 0

Ein Grund für dieses Kopf-an-Kopf-Rennen liegt in der Fusion von CVP und BDP. Sie hat dazu geführt, dass die neue Mitte-Partei an Grösse gewonnen hat. Ein weiterer ist der aktuelle Rückgang des Wähleranteils der FDP um 1.5 Prozentpunkte.

Die Freisinnigen befänden sich durch zweifache Konkurrenz – links von der GLP und rechts von der SVP – grundsätzlich in einer schwierigen «Sandwich-Situation», erklärt Hermann. «Zudem war sie in wichtigen Themen wie den Corona-Massnahmen, dem CO2-Gesetz und der Europafrage nicht geeint.»

Ebenfalls eine Rolle spielt noch immer die grüne Welle, die bei den Wahlen vor zwei Jahren über die Schweiz rollte. Während die Wahlabsichten für die Grünen stabil bleiben, kann die GLP zulegen. Die Grünliberalen verzeichnen gemäss Wahlumfrage den grössten Zuwachs im Vergleich zu den Wahlen 2019 mit einem Plus von 2 Prozentpunkten.

«Das ist bemerkenswert und zeigt, dass die grüne Welle nicht einfach vorbeigeht», so der Politologe.

Wählerstärke in Prozent Befragungszeitraum: 29. September bis 3. Oktober 2021Stichprobenfehler: ± 1.3 Prozentpunkte Quelle: Sotomo im Auftrag der SRG SSR Entwicklung der Wähleranteile 10 0 20 30 Wahlen 15 Wahlen 19 WB 20 WB: Wahlbarometer WB 21 Nationalratswahlen Umfragen SVP SP FDP Die Mitte Grüne GLP

Hat die SVP bei den nationalen Wahlen 2019 noch fast 3 Prozentpunkte eingebüsst, verbessert sich die Partei gegenüber den Wahlen um einen Prozentpunkt, in Bezug auf das Wahlbarometer 2019 gar um 2.5 Prozentpunkte. Das ist erstaunlich, haben doch ihre Kernthemen Migration und Europa aus Sicht der Bevölkerung an Dringlichkeit verloren.

Die SVP stellte sich jedoch bei Themen wie dem CO2-Gesetz, dem EU-Abkommen und den Corona-Massnahmen häufig alleine gegen alle anderen Parteien. «Das hat ihr wieder ein stärkeres Profil gegeben – insbesondere weil für einen Teil der Gesellschaft das Thema Freiheitsrechte wichtiger geworden ist und die SVP am meisten dafür steht», analysiert Hermann.

Klimawandel als grösste Herausforderung

Vor einem Jahr nannten die meisten Befragten denn auch wenig überraschend die Corona-Pandemie als grösste politische Herausforderung. Sie bleibt aus Sicht der Stimmberechtigten zentral, 32 Prozent zählen sie zu den drei wichtigsten politischen Herausforderungen.

Allerdings wird der Klimawandel mit 44 Prozent Nennungen mittlerweile noch häufiger genannt – sogar mehr als 2019, dem Jahr der grünen Welle und der Klimawahl.

«Die Pandemie hat uns 20 Monate lang in Beschlag genommen. Jetzt gibt es wieder ein gewisses Bedürfnis nach Normalität. Das Vertrauen in die Wirtschaft und ins Soziale ist deutlich gestiegen. Das schafft Raum, damit das Klimathema mehr Beachtung findet», erklärt Michael Hermann. Auch die Wetterextreme im Sommer dürften dazu beigetragen haben.

Die weiterhin verbreitete Sorge um das Klima ist die wichtigste Erklärung für das anhaltend gute Abschneiden von Grünen und Grünliberalen.

Demgegenüber büssen FDP und SP, deren Kernanliegen die Wirtschaft respektive das Soziale sind, Wähleranteil ein. Denn war vor einem Jahr die Furcht vor Arbeitslosigkeit und einer Wirtschaftskrise als Folge der Pandemie gross, sind diese Sorgen heute gemäss Umfrage weitgehend verflogen.

Die Eckwerte der SRG-Umfrage

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Die Datenerhebung des SRG-Wahlbarometers fand zwischen dem 29. September und dem 3. Oktober 2021 statt. Die Befragung erfolgte online. Die Teilnehmenden wurden einerseits über die Webportale der SRG SSR, andererseits via Online-Panel von Sotomo rekrutiert. Nach der Bereinigung und Kontrolle der Daten konnten die Angaben von 27‘976 Stimmberechtigten für die Auswertung verwendet werden (Deutschschweiz: 23‘611, Romandie: 3‘828, italienische Schweiz: 537).

Da sich die Teilnehmenden der Umfrage selber rekrutieren (sogenanntes Opt-in), ist die Zusammensetzung der Stichprobe nicht repräsentativ für die Grundgesamtheit. So nehmen typischerweise mehr Männer als Frauen an politischen Umfragen teil. Deshalb hat Sotomo die Antworten statistisch gewichtet: Neben räumlichen (Wohnort) und soziodemografischen (Alter, Geschlecht, Bildung) Gewichtungskriterien werden auch politische Kriterien beigezogen (Stimm- und Wahlverhalten, regionale Parteienstruktur). Durch die Gewichtung wird eine hohe Repräsentativität für die aktive Stimmbevölkerung erzielt.

Der Stichprobenfehler, wie er für Zufallsstichproben berechnet wird, lässt sich nicht direkt auf politisch gewichtete Opt-in-Umfragen übertragen. Die Repräsentativität dieser Befragung ist jedoch vergleichbar mit einer Zufallsstichprobe mit einem Fehlerbereich von +/-1.3 Prozentpunkten.

SRF 4 News, 15.10.2021, 17:00 Uhr

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