Im Kindergarten der Vignettaz-Schule in Freiburg sitzen neun Kinder im Kreis und singen zur Begrüssung ein Lied – zuerst auf Deutsch, dann auf Französisch. Die Gruppe ist Teil eines Pilotversuchs von zweisprachigen Kindergartenklassen. Einige Fächer werden auf Französisch, andere auf Deutsch unterrichtet.
Nicht alle Kinder verstehen auf Anhieb, was die Lehrerin erzählt: «Wir versuchen, die Inhalte mit vielen Gesten und Bildern zu vermitteln. So können sich die Kinder die Wörter schnell merken», sagt Kindergärtnerin Kelly Sheehan, die selbst zweisprachig aufgewachsen ist.
Die Deutschfortschritte der Kinder sind enorm.
In drei von vier Freiburger Haushalten wird Französisch gesprochen. Daher profitieren gerade die französischsprachigen Kinder von zweisprachigen Kindergärten: «Die Deutschfortschritte der Kinder sind enorm. Und die Angst vor der deutschen Sprache nimmt bei den französischsprachigen Kindern ab», sagt Schulleiterin Brigitte Wüthrich.
Entsprechend beliebt ist der zweisprachige Kindergarten der Schule Vignettaz in Freiburg. Es sei schön, beide Kulturen in einem Klassenzimmer zu haben, so die Rückmeldung der Eltern.
Nachfrage nach zweisprachigen Kindergärten ist (zu) gross
Die zwei Klassen mit je 18 Kindern reichen jedoch bei weitem nicht aus, um die Nachfrage zu decken. «Wir mussten auslosen, wer eine zweisprachige Klasse besuchen darf», so Wüthrich.
Ein Problem bleibt: Nach dem zweisprachigen Kindergarten ist fertig mit der bilingualen Schule. So muss etwa der Sohn von Markus Guess nach dem deutsch-französischen Kindergarten eine rein deutschsprachige Klasse in der Grundschule besuchen. «Wir verstehen nicht, warum die zweisprachige Ausbildung nach dem Kindergarten fertig ist», so der Vertreter des Elternrates.
Es sei nicht einfach, jetzt überall zweisprachigen Unterricht einzuführen, sagt die zuständige Staatsrätin Sylvie Bonvin-Sansonnens. «Die Initiative muss von den Schulen selbst ausgehen, es braucht motivierte Lehrkräfte.» Man habe aber eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche Rahmenbedingungen für zweisprachige Schulen schaffen soll.
Bern und Wallis sind weiter
Freiburg hinkt bei den zweisprachigen Schulen und Kindergärten hinterher. In der Stadt Bern zum Beispiel gibt es seit 2019 «Classes bilingues», also zweisprachige Kindergärten. Mal sprechen die Kinder Deutsch, mal Französisch – je nachdem, wie es gerade passt oder welche Wörter ihnen zuerst in den Sinn kommen. In Biel gibt es zweisprachige Kindergärten bereits seit 2010. Mittlerweile gibt es in der zweisprachigen Stadt rund 20 zweisprachige Klassen vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe.
Im Kanton Wallis gibt es seit 1993 zweisprachige Klassen, dies in Sitten, Martigny, Monthey und Siders. «Die Nachfrage ist in den letzten Jahren gestiegen», so das Walliser Bildungsdepartement. Für die Lehrpersonen gebe es zahlreiche Weiterbildungen, um den zweisprachigen Unterricht zu fördern.