Im Kanton Freiburg sind Deutsch und Französisch tief in der kulturellen Identität verankert. Trotzdem ist die offizielle Zweisprachigkeit bislang nicht konsequent geregelt.
Zwar werden Gesetze und amtliche Dokumente in beiden Sprachen publiziert. Doch keine der über 100 Gemeinden ist offiziell zweisprachig. In der Stadt Freiburg etwa ist Französisch die einzige offizielle Amtssprache. Frühere Versuche, daran zu rütteln, sind gescheitert. Doch das könnte sich jetzt ändern.
Wir wollen uns als Brückenkanton profilieren.
Die Freiburger Kantonsregierung hat ein neues Gesetz zur Zweisprachigkeit erarbeitet. Zum einen, weil die Verfassung vorschreibt, dass auf sprachliche Minderheiten Rücksicht zu nehmen ist. Zum anderen will die Regierung die Zweisprachigkeit aktiv fördern: «Wir sind sicher, dass Zweisprachigkeit ein Reichtum ist und wollen uns als Brückenkanton profilieren», erklärt der zuständige Staatsrat Didier Castella.
Zweite Amtssprache bleibt freiwillig
Das neue Gesetz sieht vor, dass eine Gemeinde Deutsch und Französisch als Amtssprachen einführen darf, wenn die sprachliche Minderheit mindestens zehn Prozent der Bevölkerung ausmacht. Diese Schwelle wurde vergleichsweise tief angesetzt. Der Kanton Graubünden etwa hat die Hürde bei der romanischen Sprache bei 20 Prozent angesetzt.
Neben der Mindestquote muss die Gemeinde zudem an der Sprachgrenze liegen: Eine französischsprachige Gemeinde kann Deutsch nur dann als zweite Amtssprache einführen, wenn in einer Nachbargemeinde bereits Deutsch Amtssprache ist – und umgekehrt. Insgesamt erfüllen im Kanton zwölf Gemeinden diese Voraussetzungen, darunter Freiburg, Murten und Courtepin.
Gemeindebevölkerung entscheidet
Wichtig: Die Einführung einer zweiten Amtssprache bleibt freiwillig. Denn Zweisprachigkeit bedeutet für Gemeinden viel Aufwand, weil sämtliche Dokumente zweisprachig sein müssen. Daher ist vorgesehen, dass interessierte Gemeinden von sich aus aktiv werden müssen und ihre Bevölkerung darüber abstimmen lassen. Staatsrat Didier Castella sagt: «Ich hoffe, dass es Gemeinden gibt, die sich melden, weil die Zweisprachigkeit dann sicher besser akzeptiert ist.»
Als Anreiz stellt der Kanton einen einmaligen finanziellen Förderbeitrag von 100 Franken pro Einwohnerin und Einwohner bereit. Die Stadt Freiburg etwa käme somit auf vier Millionen Franken.
Widerstand zu erwarten
Allerdings ist gegen das Gesetz Widerstand zu erwarten. Denn Freiburg tut sich seit jeher schwer mit der Zweisprachigkeit. Das hat laut SRF-Freiburg-Korrespondent Oliver Kempa vor allem mit alten Ressentiments zu tun. Denn noch immer hegen viele französischsprachige Freiburgerinnen und Freiburger Vorbehalte gegenüber der den Deutschsprachigen. Sie befürchten, diese könnten zu dominant werden.
Aber Staatsrat Castella ist überzeugt, dass die Stimmung heute offener ist als noch vor zehn oder zwanzig Jahren: «Man hat gemerkt, dass wir zusammen stärker sind und vom jeweils anderen keine Gefahr ausgeht.»
Der Gesetzesentwurf wird aktuell in einer Vernehmlassung bis Ende Oktober diskutiert. Dann kommt er überarbeitet ins Kantonsparlament. Die Regierung hofft, dass das neue Sprachgesetz bereits Anfang 2027 in Kraft treten kann.