Die Überwachung von Büroangestellten – oder das «Produktivitätsmonitoring», wie es Firmen gerne nennen – liegt im Trend. Aus Amerika hört man regelmässig dystopisch anmutende Meldungen vom gläsernen Mitarbeiter. Auch in Schweizer Büros ist Spionagesoftware im Einsatz.
Ein Zeichen ist das Aufkommen sogenannter «Mouse Jiggler», welche sich nach Angaben eines Herstellers seit Anfang Pandemie auch hierzulande gut verkaufen. Diese Geräte werden per USB-Anschluss in den Computer eingesteckt und simulieren eine Mausbewegung. So können Angestellte verhindern, dass Programme wie Skype oder Teams in den «Abwesend»-Modus wechseln, wenn sie einen Kaffee holen oder etwas Ausgedrucktes lesen.
Auch der Eidgenössische Datenschützer stellt fest, dass seit Beginn der Pandemie vermehrt Anfragen zum Thema Überwachung eintreffen. Oft geht es dabei um «softwaregestützte Überwachungs- und Analysetools».
Was kann überwacht werden?
Bei diesen «Tools» handelt es sich um «Spionierprogramme» (Spy Software). Diese liefern alles, was sich Big Brother wünschen würde: Sie messen genau, wann ein Mitarbeiter aktiv ist und wie viel Pause er macht. Sie registrieren, welche Apps er öffnet und welche Internetseiten er besucht.
Echtzeitüberwachung ist perfekt, wenn Sie überprüfen möchten, was Ihr Team gerade tut. Ihre Mitarbeiter werden weitaus weniger angespannt sein, wenn Sie nicht mehr hinter ihnen stehen müssen und die Bildschirme stattdessen bequem von Ihrem eigenen Büro aus live betrachten können.
Sie speichern alles, was auf der Tastatur getippt wird, lesen E-Mails und Chats und machen regelmässig Bildschirmfotos. Sie erkennen Schlüsselwörter wie «Neuer Job» und können über die Webcam Video und Ton aufnehmen. Dabei arbeiten die Spionage-Helfer meist im Verborgenen, ohne dass der Mitarbeiter etwas merkt.
CleverControl-Agent hat einen versteckten Modus, in dem es nicht für den Benutzer sichtbar in der Taskleiste oder installierten Programmen ist. Es wird also nicht der Mitarbeiter Arbeit stören.
Solche «Spy Software» ist im Internet problemlos verfügbar. Die Anbieter bieten einfache Handhabung, angenehme «Customer Experience» und professionelle Beratung. Alles zu einem günstigen Preis.
Wie verbreitet ist die Überwachung in der Schweiz?
Wie oft Unternehmen digitale Überwachung einsetzen, lässt sich schwer einschätzen. Klar ist: Es wird gemacht. So gibt zum Beispiel «Clever Control» auf Anfrage an, ihre Software in die Schweiz zu verkaufen – legal, wie «Clever Control» versichert, da die Benutzer nur die zugelassenen Funktionen verwenden würden.
Auch das Büro des eidgenössischen Datenschützers bestätigt, dass zu dem Thema Anfragen via Hotline eintreffen. Solange die Überwachung aber im Verborgenen passiert und solange daraus kein Gerichtsfall resultiert, kommen solche Fälle meist nicht an die Öffentlichkeit.
Kontraproduktiv
Überwachungssoftware kann Unternehmen nicht nur mit dem Gesetz in Konflikt bringen. Die Überwachung, von der sich Arbeitgeber eine Produktivitätssteigerung erhoffen, hat meist das Gegenteil zur Folge.
Erstens wird nicht tatsächlich Produktivität gemessen, sondern lediglich der Input. Und nur weil jemand seine Maus oft bewegt, nie mit Mitarbeitern Kaffee trinkt und im Anzug zu Hause vor dem Laptop sitzt, heisst das noch lange nicht, dass er produktiv ist. Und wenn jemand von Hand Notizen macht, eine Denkpause mit dem Wäscheaufhängen verbindet oder einem Kollegen etwas erklärt, ist er deswegen nicht unproduktiv.
Ich bin eine gute virtuelle Mitarbeiterin, aber die Angst, dass sich mein Status von ‹verfügbar› zu ‹abwesend› ändert (z.B. wenn ich telefoniere, eine Anleitung auf Papier lese oder zur Toilette gehe), hat mich maximal gestresst.
Zweitens führt Kontrolle und Überwachung zu einer Arbeitsatmosphäre voller Misstrauen und Missmut. Sie ersetzt die intrinsische Motivation der Mitarbeiter, tatsächlich gute Arbeit zu leisten, mit dem Druck, bestimmte Vorgaben erfüllen zu müssen. Das kann dazu führen, dass selbst der pflichtbewussteste Arbeiter irgendwann zum «Mouse Jiggler» greift.
Informationen vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO
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