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Ihre Fragen zu ADHS «Können sich ADHS-Symptome im Verlauf des Lebens ändern?»

Ein Tag nach dem ADHS-Welttag haben die Beraterinnen Anita Jung Strub und Dr. Clara Overkott Ihre Fragen rund um das Thema ADHS beantwortet.

ADHS begleitet viele Menschen ein Leben lang, dies oft unerkannt. Besonders Erwachsene kämpfen mit starker Unsicherheit, Anpassungsdruck und dem Gefühl, «nicht zu funktionieren». Einen Tag nach dem ADHS-Welttag haben Anita Jung Strub (ADHS-Organisation elpos Schweiz) und Clara Overkott (Lernpraxis Zürich) Ihre Fragen beantwortet.

Gäste im News-Chat

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Dr. Clara Overkott
Dr. phil., eidg. anerkannte Psychotherapeutin 
Lernpraxis Zürich

Anita Jung Strub
Sozialpädagogin und Fachstellenleiterin
ADHS-Organisation elpos Schweiz

Chat-Protokoll:

Ich habe alle ADHS-Medikamente ausprobiert, jedoch keins hilft mir zu konzentrieren. Im Gegenteil. Die meisten lösen bei mir (55) nur Nebenwirkungen aus. Kann auch Stress im Privaten dazu führen, dass Medis nicht wirken? Oder gibt es andere Ursachen, wieso bei manchen Menschen die Medis nicht wirken?

Clara Overkott: Das ist eine wichtige Frage. Es gibt unterschiedliche Gründe, weshalb Medikamente nicht ihre volle Wirkung erzielen. Am besten ist es, wenn Sie dies mit der Fachperson besprechen, die Ihnen die Medikation eingestellt hat. Stress im Privaten, gerade wenn dies auf ihr allgemeines Empfinden beeinflusst, kann auch einen Einfluss auf die Medikation haben. In diesem Fall ist es noch sinnvoller, die Fachperson um Rat zu bitten. Nebenbei kann es auch hilfreich sein, diesen Stress und allgemein die Symptomatik von ADHS mit einer therapeutischen Fachperson anzugehen.

Auch manche Fragen würde ich auch gerne antworten. Gibt es Foren oder andere virtuelle Treff- und Kontaktpunkte für ADHS? Selbsthilfe?

Anita Jung Strub: Eine wichtige Frage für viele! Es gibt div. Gesprächsgruppen für ADHS-Betroffene, online und vor Ort. Um diese herauszufinden, können Sie auf der elpos-Website nachsehen oder Sie wenden sich an die Selbsthilfezentren in Ihrem Kanton. Selbsthilfegruppen sind für viele ADHS-Betroffene eine grosse Hilfe und Unterstützung! Dann gibt es unzählige Podcasts zum Thema ADHS. Da müssen Sie sich einfach etwas durchklicken und sehen, was Ihnen am besten zusagt. Bei den Foren wäre ich etwas vorsichtig. Da gibt es immer wieder unseriöse Gesprächsteilnehmerinnen und von anderen Menschen mit ADHS höre ich immer wieder, dass sie auch persönlich angegriffen worden sind in div. Foren ...

Wie steht es mit der Einnahme von verschriebenen Stimulanzien wie Methylphenidat beim Autofahren? Mache mir immer Sorgen vor einer Kontrolle, obwohl mir das Fahren einfacher fällt mit Hilfe.

Anita Jung Strub: Danke für diese wichtige Frage! Wenn Sie das Methylphenidat verschrieben bekommen haben, machen Sie sich auch bei einer Verkehrskontrolle nicht strafbar. Dann ist es verschrieben und erwiesen, dass Sie es brauchen. Dann brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.

Grüessech mitenand. Welche Bücher sind empfehlenswert um in der Welt des ADHS klarzukommen respektive mehr über sich selbst zu lernen. Liebe Grüsse!

Anita Jung Strub: Es gibt sehr viele gute ADHS-Bücher. Ich empfehle immer:

  • «ADHS bei Erwachsenen – ein Leben in Extremen» von Martin Ohlmann
  • «ADHS: Himmelweit und unter Druck» von Tina Harlitz & Astrid Schütz
  • «Neben der Spur, aber auf dem Weg» von Mina Teichert
  • «Das grosse Handbuch für Erwachsene mit ADHS» von Russel A. Barkley

Wichtig ist, dass Sie sich mit dem Buch wohlfühlen. Viel Vergnügen beim Aussuchen!

Wie wirken sich die Wechseljahre auf die Symptome von ADHS aus? Hilft eine Hormontherapie?

Anita Jung Strub: Danke für Ihre Frage! Die Wechseljahre wirken sich bei den meisten Frauen enorm aus auf ihr ADHS (oder umgekehrt...). Gynäkologinnen, die sich auch mit ADHS auskennen, raten dazu, eine Hormontherapie zu beginnen und die ADHS-Medikation anzupassen. Welches der richtige Weg ist, können aber nur Sie selbst herausfinden. Fragen Sie unbedingt auch noch bei Ihrer Gynäkologin nach und sonst googeln Sie Prof. Dr. Kittel Schneider. Sie hat unzählige Studien zu diesem Thema veröffentlicht. Liebe Grüsse.

ADS wurde bei mir leider erst im Alter von 45 diagnostiziert, nach Burnout, Depression, Stellenverlust und Scheidung. Wie kommuniziert man AD(H)S am besten bei Bewerbungen, Arbeitskollegen oder neuen Freundschaften?

Clara Overkott: Die Kommunikation von Diagnosen ist und bleibt nicht immer einfach. Meine Empfehlung ist, dass Sie sich zuerst selbst überlegen: Aus welchem Grund möchten Sie die Diagnose kommunizieren? Welche Vor- und Nachteile kann das mit sich bringen? Eine solche gezielte Überlegung hilft Ihnen dabei, genau zu wissen, ob und unter welchen Umständen Sie die Diagnose kommunizieren. Ein Vorteil ist jeweils unabhängig des Umfelds, dass z. B. mehr Verständnis für Ihre Situation aufgebaut werden kann. Grundsätzlich ist es sinnvoll, Diagnosen in einem ruhigen Gespräch, in dem eine offene und ehrliche, aber auch empathische Grundhaltung gegeben ist, zu kommunizieren. Auch können Sie verbalisieren, dass diese Situation nicht ganz einfach für Sie ist, es Ihnen aber wichtig ist, ehrlich zu sein und dies zu kommunizieren. Diese Ehrlichkeit ist alles andere als eine Schwäche, sondern eine grosse Stärke und wird aus meiner Erfahrung auch im Arbeitsumfeld immer mehr geschätzt.

Guten Tag. Unsere Tochter, 8, hat ADHS und mir hilft es das zu wissen. Sie hat immer wieder sehr grosse Wutausbrüche. Wie kann ich damit am besten umgehen? Ich möchte auch nicht immer als Entschuldigung für ihr Verhalten ihr ADHS brauchen...

Anita Jung Strub: Danke für Ihre Frage! Eine Tochter zu haben, die noch so jung ist und bereits mit ADHS diagnostiziert ist, ist eine grosse Herausforderung. Toll, dass Sie sich dazu Gedanken machen und diesen Chat benutzen! ADHS ist nie eine Entschuldigung für gewisses Verhalten, aber oft eine Erklärung. Versuchen Sie, mit Ihrer Tochter in ICH-Botschaften zu sprechen. Nicht «deine Wutausbrüche gehen gar nicht», sondern: «Ich habe Schwierigkeiten, mit deinem Verhalten umzugehen.» Damit nehmen Sie die «Schuld» von Ihrer Tochter weg. Kinder mit ADHS erleben täglich immer wieder, dass sie falsch sind und ihr Verhalten einfach nicht akzeptiert wird. Das schadet ihrem Selbstbewusstsein enorm. Wenn Sie es schaffen, die Wutausbrüche zu kritisieren, aber nicht Ihre Tochter, haben Sie grosses geschafft. Vielen Eltern nützen Elterncoachings oder Gesprächsgruppen für Eltern von ADHS-Betroffenen Kindern, um sich auszutauschen und zu lernen. Wichtig ist: Sie selbst müssen sehr vieles über ADHS wissen und es auch verstehen lernen. Ich wünsche Ihnen viele positive Erlebnisse auf diesem farbigen Weg!

Ich stelle fest, dass im Berufsalltag man als ADHS-Person sehr oft und schnell aneckt, weil man öfter unbequeme Fragen stellt / sich traut zu stellen (limited filter...). Ich passe mich an, nehme auch Medikamente, welche die Situation für mich über alles verbessern. Trotzdem kommt es zu dem Punkt, wo ich nicht zu mir und meiner Art stehen darf, wenn ich nicht alle 1-2 Jahre die Kündigung erhalten möchte. Auch wenn die Leadership über meine «Eigenheiten» im Bild ist und ich explizit einfordere, dass sie mich stoppen dürfen. Wie gehen andere damit um, im Arbeitsumfeld? Gibt es Arbeitsfelder, welche eher für ADHS-Leute geeignet sind? Wie kann man seine Leadership von den Benefits überzeugen, welche Neurodiversity mit sich bringt? Kann ich meine Leadership unterstützen, damit es einfacher für sie wird? Gibt es vielleicht auf ADHS spezialisiertes Coaching?

Anita Jung Strub: Danke für Ihre Fragen! Ich werde bemüht sein, sie alle zu beantworten... ADHS im Berufsalltag ist oft ein grosses Problem. Die Mitarbeiterinnen und Vorgesetzten haben nur wenig Ahnung, welche enorme Anpassungsleistung Menschen mit einer ADHS leisten müssen, um im Berufsalltag zu bestehen. Es gibt ein paar Berufe oder Arbeitsumfelder, die etwas idealer sind als andere. Oft treten Schwierigkeiten auf in Grossraumbüros, bei langweiligen Arbeiten, wenn lange hohe Konzentration gefordert ist. Besser sind Menschen mit einer ADHS aufgehoben, wenn sie sich die Zeit und die Arbeit selber einteilen können. Kurzen Pausen dazwischen sind enorm wichtig. Abwechslung (z. B. Dartscheiben in den Pausenräumen, Töggelikästen, oder, oder, oder) kommen dem Bewegungsdrang eines Menschen mit ADHS sehr entgegen. Für die Leaderships bringt eigentlich nur das Wissen über ADHS sehr viel. Ich mache oft Infoveranstaltungen in grossen Firmen, Banken, Pharmaunternehmen etc., um Aufklärung zu betreiben und Verständnis zu wecken. Allerdings müssen die Leaderships das natürlich auch wirklich wollen. Es gibt div. ADHS-Coaches, die auch Berufsbegleitungen machen oder Gespräche mit den Arbeitgebern. Manchmal nützt es schon, wenn Sie zusammen mit einer Fachperson eine Arbeitsplatzbegehung machen, um diesen zu idealisieren. Ich hoffe sehr, dass Ihre Leaderships sich über ADHS weiterbilden und so auch Ihren Mehr-Wert erkennen können!

Ich habe seit einem Jahr eine ADHS-Diagnose. Finde es schwierig zu kommunizieren, da jeder eine eigene Meinung dazu hat. Fühle mich von meinem Bruder und Mutter nicht wirklich ernst genommen, obwohl sie es sicher auch haben. Sie haben die Einstellung, das sei eine Mode-Diagnose und sind allgemein gegenüber Diagnosen kritisch eingestellt. Was raten sie, wie damit umzugehen? Oder haben Sie Empfehlungen für Youtube-Videos/Podcasts oder Artikelempfehlung, die solch kritische Geister abholen könnten?

Clara Overkott: Die Kommunikation von Diagnosen ist nicht immer einfach, das ist so, denn auch das Umfeld reagiert darauf und mit diesen Reaktionen gilt es dann auch umzugehen. Dementsprechend ist meine Empfehlung, zuerst bei sich selbst nachzuforschen: Was ist mir wichtig? Geht es darum, mehr Verständnis für meine Situation zu erhalten? Möchte ich mehr Unterstützung im Umgang mit meinen Schwierigkeiten? Wie möchte ich mich weiterentwickeln und was kann der erste Schritt sein? Bei diesen Fragen spielt der Status «ADHS» dann weniger eine Rolle und dies kann wiederum hilfreich sein, den Fokus nicht auf das «ADHS» zu lenken, sondern auf konkrete Lösungs- oder Unterstützungsmöglichkeiten. Diese Fragen und Gespräche dazu können bereits erste Konflikte lösen und ermöglichen meistens, dass die Frage rund um die Diagnose ADHS einfacher aufgegriffen werden kann.

Hallo zusammen. Ich bin mit einem Coach dran, mein AHDS in den Griff zu kriegen. Dennoch habe ich zwei Fragen an euch. Ich habe zu Hause oft einen riesigen Berg an Papier und Ordnung halten ist nicht so mein Ding. Ist das bekannt? Wie kriege ich es besser hin, mehr Ordnung zu halten? Und zweitens: Ich habe viel zu viele Ideen, kann sie nicht alle umsetzen. Wie bringe ich mein Hirn dazu, dies gestaffelt und geordnet zu machen und erledigen? Freue mich auf eure Antwort. Liebe Grüsse.

Clara Overkott: Hallo, es freut mich zu hören, dass du an deinem ADHS arbeitest und dies auch professionell mit einem Coach tust. Genau, beim Thema ADHS ist bekannt, dass Ordnung und Planung nicht immer ganz einfach ist. Kann auch einmal bedeuten, dass man sehr kreativ ist und viele Ideen hat, die dann aber für das Gehirn überfordernd sind und man dann am liebsten nichts mehr macht und vermeidet. Was schade ist, da ich überzeugt bin, dass du viele Ideen hast und die nötige Struktur dir sicherlich hilft, alles zumindest ohne grossen Leidensdruck in den Griff zu kriegen. Meine erste Empfehlung wäre hier, wohl auch mithilfe deines Coaches, ein System zu finden, mit dem du Ordnung halten kannst. Z. B. mit einer Agenda, einer Liste mit Dingen, die du zu erledigen hast, unterschiedliche sortierte Ablageordner für dein Papier etc. Für deine Ideen lohnt es sich, diese in einem Buch zu notieren und aufzuschreiben. Im besten Fall schreibst du alle deine Gedanken und Ideen in dasselbe Notizbuch auf und sortiert diese zu einem späteren Zeitpunkt. Das Schreiben kann dir dein Bedürfnis nach mehr Ordnung stillen und gleichzeitig weisst du, dass alles dort niedergeschrieben ist. Du kannst z. B. auch eine Agenda mit beidem kombinieren.

Wie lange gibt es ADHS schon. Wofür war ADHS z. B. in der Steinzeit gut? Wieso gibt es ADHS?

Anita Jung Strub: Das ist eine interessante Frage, vielen Dank dafür! Am Buch «Der Struwwelpeter» ist zu erkennen, dass ADHS schon sehr lange erkannt worden ist. Heinrich Hoffmann hat das Buch bereits im 19. Jahrhundert geschrieben. Bestimmte Theorien besagen, dass ADHS-ler in der Steinzeit die Jäger und Sammler waren. Viele Eigenschaften eines Jägers in der Steinzeit passen sehr gut auf ADHS: Hyperfokussierung, Spontanität und Kreativität, hohes Energieniveau, Risikobereitschaft, rasche Anpassungsfähigkeit. Diese Theorie ist sehr spannend und interessant. Wenn Sie mehr wissen möchten, empfehle ich Ihnen das Buch: «ADHD: A Hunter in a Farmer's World»von Thom Hartmann. Was auch immer spannend ist: gehen Sie in eine ADHS-Gesprächsgruppe und diskutieren Sie diesen Ansatz mit anderen. Das wird bestimmt ein sehr interessanter Abend! Viel Vergnügen wünsche ich Ihnen!

Guten Tag. Unser Kind (10), mit Diagnose HB und Verdacht ADS, lässt sich in den Ferien für (fast) nichts motivieren. Alles ist langweilig, ausser Gamen, was wir einschränken. Sein Tagesziel ist, die Gamezeit einzulösen. Wie bringen wir ihn zu mehr Aktivität? (Er nimmt keine Medis: Versuche mit Medikinet, Elvanse und Concerta haben nicht die erhoffte Verbesserung gebracht und er war auch bei kleinster Dosis überdosiert). Merci im Voraus.

Clara Overkott: Danke für die Frage und die Wichtigkeit, ADHS auch im Zusammenhang mit einer Hochbegabung zu betrachten. Gehen wir einmal von der Diagnose Hochbegabung nach Renzulli aus, wonach das volle Potenzial einer Hochbegabung dann ausgeschöpft wird, wenn in einer bestimmten Situation das hohe kognitive Potenzial, die Kreativität und der Durchhaltewillen/Motivation (Flow) gleichermassen hoch sind. Somit ist es wichtig, für Ihren Sohn Aktivitäten zu finden, die ihn in allen drei Bereichen «challengen», also für ihn spannend werden können, dies können gerade in den Ferien auch Ausflüge sein – denn da sind Sie auch räumlich vom Gamen getrennt. Diese Aktivitäten sollten dann einen ähnlichen Belohnungseffekt wie das Gamen haben (Dopamin). Es können auch einfache Aufgaben oder Challenges sein, die Ihr Sohn erreichen soll. Was Sie bereits sehr gut umsetzen, ist das Gamen einzuschränken – dies ist alles andere als einfach. Gleichzeitig kann es auch helfen, Ihren Sohn beim Gamen zu verstehen, also z. B. mal dabeizusein und so selbst einen anderen Zugang zu ihm finden und beobachten, was passiert. Hier liegt der Fokus also weniger auf dem ADHS, sondern vielmehr auf der Hochbegabung. Dies ist, unabhängig von den Schulferien, auch wichtig in Zukunft im Auge zu behalten. Mehr Fokus auf die Förderung Ihres Kindes und dass es «Challenges» erhält, dies wird in der Regel die vermeintliche ADHS-Symptomatik reduzieren. So wurde vermutlich auch ein Verdacht gesprochen, da nicht klar differenziert werden konnte, ob die Aufmerksamkeitsproblematik durch die Hochbegabung erklärt werden kann.

Guten Tag. Ich bin 60 Jahre alt und habe ein im Jahr 2008 diagnostiziertes ADHS. Ich nehme Concerta und Ritalin. Ich habe trotzdem Probleme, mich auf das Wesentliche zu fokussieren und leide sehr oft an Prokrastination. Aufgrund meiner Familiensituation, einer sehr starken beruflichen Auslastung und auch sonst herrscht bei mir im Haus ein ziemliches Chaos. Ich habe schon seit längerem ein Rezept meines Psychiaters (auf ADHS spezialisiert) für eine ADHS-spezifische Ergotherapie, die zu Hause stattfinden sollte, um dem Chaos Herr zu werden. Ich habe bei Elpos für diesbezügliche Adressen angefragt, aber bei diesen Ergotherapeuten war keiner dabei, der zu mir nach Hause kommen würde und es war auch keiner dabei, der die Kapazität hätte mich zu betreuen. Meine Frage deshalb: Gibt es Ergotherapeuten/Ergotherapeutinnen im Raum Bern/Biel, die teilweise zu mir nach Hause kommen würden? Ich wäre sehr froh um die Angabe von verschiedenen solcher Praxen. Besten Dank und freundliche Grüsse

Anita Jung Strub: Danke für Ihre Frage! Zurzeit sind alle Fachpersonen rund um das Thema ADHS extrem ausgelastet. Deshalb kann ich Ihnen leider auch keine neuen Adressen mehr geben. Sie könnten es aber z. B. auch bei der psychiatrischen Spitex versuchen. Diese macht solche «Aufräumaktionen» auch und begleitet Menschen mit einer ADHS auch im Alltag, damit es dann gar nicht mehr so weit kommt. Die Kosten für die Psychiatrie-Spitex trägt die Krankenkasse. Allerdings brauchen Sie dafür eine Verordnung Ihres Hausarztes oder Psychiaters. Es gibt an vielen Orten auch «Aufräumcoaches», einige davon kennen sich auch mit ADHS aus. Diese Kosten müssen Sie allerdings selbst tragen. Deshalb würde ich es zuerst über die Spitex versuchen. Viel Glück beim Finden einer geeigneten Adresse!

Gibt es eine Übersicht mit Ratschlägen und Einordnungen für das Berufsleben, die Menschen helfen können, welche eine ADHS-Diagnose im Erwachsenenalter erhalten haben?

Clara Overkott: Dazu gibt es immer mehr Bücher und auch Hilfestellen, die dann jeweils spezifische Ratschläge auf unterschiedliche Anliegen haben. So können Sie sich z. B. ein Buch zulegen und für sich reflektieren, welche Tipps und Tricks für Sie hilfreich sind. Auch kleine Sachen können schon grosse Wirkung zeigen. Daneben gibt es viele Therapie- & Coaching-Angebote, die sich auch auf ihre Herausforderungen mit dem ADHS fokussieren. Gerade wenn Sie im Moment das Gefühl haben, mehr Fragen als Antworten zu haben, lohnt es sich, einen Experten beizuziehen, der Ihnen den Weg etwas zeigen kann.

Guten Tag. In meinem Bekanntenkreis wurde jemand mittleren Alters mit ADHS oder ADS diagnostiziert. Was wären kleine Dinge, die ich tun kann, um diese Person in ihrem Alltag zu unterstützen? Dankeschön!

Anita Jung Strub: Vielen Dank für Ihre sehr tolle Frage! Super, dass Sie Ihren Bekannten unterstützen möchten! Herzlichen Dank! Am besten helfen Sie ihm einmal, wenn Sie ihn nicht andauernd kritisieren für Dinge, die schieflaufen... ADHS-ler funktionieren im Alltag oft ganz anders. Das fällt vielen nicht ADHS-lern schwer, damit umzugehen. Also bitte verurteilen Sie ihn nicht für seine Ideen, seien Sie offen, diskutieren Sie, sagen Sie ihm aber auch klar, was Sie nicht möchten und wo Ihre Grenzen sind. Das ist bei ADHS sehr wichtig. Menschen mit einer ADHS vergessen sehr vieles. Da könnte es hilfreich sein, ihn zu erinnern, kleine Zettel zu schreiben als Erinnerung oder ihm beim Erledigen behilflich zu sein. Lachen Sie über verpasstes, zeigen Sie Humor! Das bringt wahnsinnig viel! Vielen Dank, dass Sie sich überhaupt Gedanken machen!

Guten Tag. Während meiner gesamten Schulzeit – von der Grundschule bis zum Ende meines Masterstudiums an der Universität – hatte ich grosse Mühe, dem Unterricht zu folgen. Ich verliess häufig das Klassenzimmer bzw. den Hörsaal und wusste anschliessend absolut nichts mehr vom Unterrichtsstoff. Ständig musste ich mir das Material später in meinem eigenen Rhythmus, oft mithilfe von YouTube, selbst beibringen. Heute fällt es mir in meinem Beruf schwer, mich länger als zwei Stunden im Büro zu konzentrieren. Wie kann ich damit umgehen, wenn ich keine Medikamente einnehmen möchte? Vielen Dank für Ihre Antwort und liebe Grüsse

Anita Jung Strub: Danke für Ihre Frage. Unkonzentriertheit auf Dauer auszugleichen, ist erfahrungsgemäss sehr schwierig. Zur ADHS-Medikation gibt es einige Alternativen. Allerdings sind diese nicht so rasch zielführend. Um mit einer ADHS leben zu können, müssen Sie sehr vieles über sich und Ihr ADHS wissen. Sie müssen gewillt sein, Alternativen und Strategien immer wieder anzupassen und neue herauszufinden. Das braucht sehr viel Kraft und Durchhaltewillen. Meiner Erfahrung nach gelingt es einigen, bis sie ca. 45 Jahre alt sind. Dann lässt die Kraft nach ... Wie können Sie damit konkret umgehen? Mit einer Psychotherapie können Sie sich besser kennenlernen. Mit einem ADHS-Coaching Strategien entwickeln ... Viel Vergnügen auf Ihrem Weg, Ihr ADHS besser kennen und verstehen zu lernen!

Guten Tag, ich habe eine Frage zur Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter. Ich habe bereits verschiedene klassische Medikamente ausprobiert, musste sie jedoch absetzen, da ich unter Bluthochdruck und erhöhtem Cholesterin leide. Viele der gängigen Medikamente haben meine Herz-Kreislauf-Belastung zusätzlich verschärft. Ich bin deshalb auf der Suche nach verträglicheren, alternativen medikamentösen Möglichkeiten – zum Beispiel pflanzlichen oder natürlichen Präparaten, die nicht zusätzlich das Herz-Kreislauf-System oder den Fettstoffwechsel belasten. Können Sie mir sagen, ob es in solchen Fällen erprobte sanftere Alternativen gibt? Oder ob bestimmte pflanzliche Mittel, Mikronährstoffe oder begleitende Therapien bei Erwachsenen mit ADHS und Vorerkrankungen wie meinen sinnvoll sind? Vielen Dank im Voraus für Ihre Rückmeldung.

Clara Overkott: Danke für die Frage, als Nicht-Medizinerin; gerade, wenn Sie von Schwierigkeiten mit der Medikation sprechen, ist es sicherlich ratsam, auch eine therapeutische Begleitung in Betracht zu ziehen. Im Rahmen dieser können Sie individuell auf Ihre Schwierigkeiten, die Sie im Zusammenhang mit dem ADHS empfinden, angehen. Im Rahmen der therapeutischen Begleitung kann dann auch nochmals die Frage der Medikation in Zusammenarbeit mit z. B. einem Psychiater, einer Psychiaterin, in Betracht gezogen werden.

Können sich Symptome beim ADHS im Verlauf des Lebens ändern? Also, dass man als Kind andere Symptome zeigt wie als erwachsene Person?

Clara Overkott: Auch hier wieder eine spannende Frage. Machen wir einen kleinen Exkurs zur Hirnbildung: der Frontalkortex, der wesentlich für das logische Schlussfolgern, Aufmerksamkeit, etc. verantwortlich ist, bildet sich erst mit ca. 25 Jahren vollständig aus und geht dann mit ca. 40 Jahren zurück. Bedeutet, dass Kinder, einfach gesagt, viel mehr emotional denken und noch nicht so logische Schlussfolgerungen machen können, wie Sie als z. B. Eltern. Dies zeigt sich auch in der ADHS-Symptomatik, in dem Sinne, dass z. B. gerade die emotionale Impulsivität von den Kindern noch nicht so gut reguliert werden kann, wie von Erwachsenen. Dazu kommt, dass Erwachsene bereits einiges an Lebenserfahrung mit sich bringen und – unabhängig von einer Diagnose – sich bereits sehr viele Kompensationsstrategien angeeignet haben. Dies gilt auch im Bereich Aufmerksamkeit, wenn Sie z. B. wissen, dass Sie Mühe haben, sich Sachen wie Ihre Einkäufe zu merken, dann schreiben Sie in der Regel eine (Einkaufs)liste. Ein Kind muss dies erstmal lernen und zeigt dadurch mehr Hinweise auf eine Unaufmerksamkeit – denn bei Ihnen wäre diese Unaufmerksamkeit nicht aufgefallen, da Sie ja eine Einkaufsliste haben. Bedeutet, Sie hätten alle Dinge eingekauft, das Kind hingegen hätte vielleicht 3 Sachen vergessen. Das macht eine Diagnose auch komplexer. Was man tatsächlich sieht, ist, dass die Impulsivität und auch Hyperaktivität im Verlauf des Alters (im Vergleich zu Gleichaltrigen) zurückgehen. Aus meiner Sicht spielt hier aber wirklich auch die Aneignung von Strategien, mit der eigenen Impulsivität & Hyperaktivität umzugehen, eine Rolle. Dementsprechend sind hier therapeutische Massnahmen wirksam.

Besten Dank für den Chat. Welche Zusammenhänge sind belegt oder vermutet zwischen ADHS und:

  • Alzheimer oder andere Formen von Demenz
  • CFS
  • allfälligen anderen Hormonstörungen

Anita Jung Strub: Danke für Ihre Frage und Ihr Interesse am Thema! Es werden tatsächlich Zusammenhänge vermutet zwischen ADHS und div. Alzheimer-Erkrankungen. Es gibt dazu aber noch keine konkreten Studien (Info von letzter Woche). Allerdings sind Bestrebungen zu solchen Studien am Laufen. Wie sich ADHS auf die Hormone auswirkt, dazu gibt es umfassende Studien. Auch auf die Auswirkungen der Stressachse, die ja auch mit den Hormonen zusammenhängt, gibt es einige Studien. Vielleicht googeln Sie einmal Frau Prof. Dr. Kittel Schneider. Sie hat einiges sehr interessantes zu diesem Thema veröffentlicht. Ein spannender Weg, viel Vergnügen dabei!

Guten Tag, kann es durch medikamentöse Behandlung bei erwachsenen – sich das ADHS/ADS irgendwann erholen? Oder müssten die Medis «ein Leben lang» genommen werden. Welche Erfahrungen und Erfahrungswerte haben Sie da gemacht? Oder welche sind üblich?

Anita Jung Strub: Danke für Ihre Frage! Das ADHS/ADS wir nicht besser mit den Medikamenten. Damit nehmen Sie sich nur die Symptome dieser Erkrankung. Wenn Sie möchten, dass Sie besser mit Ihrer ADHS leben können, müssen Sie lernen Strategien zu entwickeln und sich gewisse Verhaltensweisen einfach antrainieren. Ausserdem kenne ich sehr viele ADHS-Betroffene, die sehr gut mit ihrer Erkrankung leben, mit oder ohne Medikamente, weil sie die Stärken einer ADHS für sich als Nutzen erkannt haben. ADHS-Betroffene sind oft offen gegenüber Neuem, spontan, flexibel, sehr lösungsorientiert und kreativ. Es gibt viele Menschen mit einer ADHS, die sich diese Eigenschaften zu Nutzen machen und sehr davon profitieren in ihrem Leben. Ich wünsche Ihnen, dass Sie alle Ihre positiven Stärken erkennen und nutzen können!

Wie kann ich als Lehrperson, Stufe Sek. 2, also Berufsfachschule, Allgemeinbildkunstunterricht, am besten mit Lernenden mit der Diagnose ADHS umgehen. Die Berufsfachschulklassen sind vom Leistungsniveau wie auch von der Zusammensetzung vom Alter her sehr heterogen und ich stehe als Lehrperson allein vor der Klasse. Welche Lernmethoden oder Unterrichtsmethoden empfehlen Sie als Fachpersonen?

Clara Overkott: Da haben Sie nicht immer so ganz eine einfache Aufgabe, gerade, wenn es darum geht, viele unterschiedliche Bedürfnisse von Schülern abzuholen. Schülerinnen und Schüler in diesem Alter lohnt es sich, mit Motivation abzuholen. Bedeutet zum Beispiel gerade bei der Allgemeinbildung Beispiele aus dem Alltag zu geben, wieso etwas für diese Schülerinnen und Schüler relevant sein könnte. Sie kennen Ihre Schüler bestimmt sehr gut. Am besten versetzten Sie sich in die jeweiligen Schüler und denken sich, was könnte ihn motivieren, sich dieses Wissen anzueignen. Gelingt Ihnen dies, werden plötzlich mehr spannende Fragen auf Sie zukommen. :) Daneben hilft es auch, den Unterricht abwechslungsreich und mit unterschiedlichen Mitteln zu gestalten, sodass durch die Abwechslung der Unterricht spannend bleibt und dadurch die Aufmerksamkeitsleistung erhöht werden kann.

Guten Tag. Meine Tochter, 13, nimmt seit einem Jahr Ritalin für die Schule. An freien Nachmittagen, Wochenenden oder Ferien nimmt sie es nicht. Welche Langzeitfolgen kann es für sie geben? Was erzählen einem die Ärzte nicht?

Anita Jung Strub: Danke für Ihre Frage. Ich verstehe Ihre Ängste bezüglich des Ritalins. Ritalin ist das älteste (und deshalb auch am besten erprobte) Methylphenidat, das auf dem Markt ist zurzeit. Laut Auskunft der Ärztegesellschaft sind keine Langzeitfolgen bei Ritalin bekannt. Ritalin hat ja schon bei der Einnahme einige Nebenwirkungen. Deshalb ist es auch immer sehr wichtig, dass die Eltern und Jugendlichen über das ADHS aufgeklärt werden. ADHS ist keine Krankheit, die «einfach nur medikamentiert» werden soll. Strategien entwickeln zu können und sich mit den positiven und negativen Eigenheiten von ADHS auseinander zu setzen, ist sehr, sehr wichtig für alle Betroffenen und deren Familien. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Kennenlernen Ihrer ADHS-Tochter!

Ab welchem Alter kann ADHS diagnostiziert werden, und gibt es unterschiedliche Schweregrade oder Ausprägungen, die man objektiv messen oder feststellen kann?

Clara Overkott: Danke für diese wichtige Frage. Wir in der Lernpraxis empfehlen eine AD(H)S-Abklärung ab dem 7. Lebensalter, da Kinder dann bereits in der Schule sind und es erste Rückmeldungen von Lehrpersonen gibt. Diese Rückmeldungen sind für eine umfassende Abklärung sehr wichtig. ADHS ist eine klinische Diagnose, was bedeutet, dass Ihre und die Beobachtungen des sozialen Umfelds sowie die Beobachtungen des Untersuchers wesentlich für die Diagnose sind. Zusätzlich machen wir jeweils auch noch Testungen zu Aufmerksamkeit, etc. Bei diesen Tests können somit objektiv auch individuelle Unterschiede, aber auch Unterschiede zwischen Kindern im gleichen Alter gezogen werden und dadurch auch eine bestimmte Aussage zum Schweregrad der Ausprägung gefällt werden.

Welche Studien zu zyklusbedingten Schwankungen bei der Ausprägung von ADHS-Symptomen bei Frauen gibt es? Gibt es Wissen dazu, ob die Wirkung von Medikamenten, wie bspw. Medikinet MR, je nach Zyklusphase anders erlebt werden kann?

Anita Jung Strub: Danke für Ihre Frage! Diese finde ich sehr spannend. Ich war am letzten Donnerstag an einem Webinar von Frau Prof. Dr. Kittel Schneider. Sie hat unzählige Studien durchgeführt zu ADHS und Hormonen. Sie hat gesagt, dass die Zyklusbedingten Symptome bei einer vorliegenden ADHS klar verstärkt werden. Ausserdem rät sie auch dazu, die Medikation anzupassen, je nachdem, in welcher Zyklusphase Sie sind. Wenn Sie sie googeln, können Sie sehr viel Interessantes nachlesen. Viel Vergnügen! Es ist sehr interessant!

Wie erkennt man diese Krankheit? Familie oder Arzt? Danke.

Anita Jung Strub: Danke für diese wichtige Frage! Die Kernsymptome einer ADHS sind:

  • Unaufmerksamkeit (z. B. leichte Ablenkbarkeit, Konzentrationsschwäche)
  • Impulsivität (z. B. wenig Geduld, Gefühlsausbrüche etc.)
  • Hyperaktivität (z. B. herumzappeln, Ruhelosigkeit, etc.)
  • Hypoaktivität (z. B. Verträumtheit, langsamere Arbeitsweise, etc.)

In der Regel sind immer mehrere Familienmitglieder betroffen. Eine Abklärung machen die psychiatrischen Unikliniken oder ausgewählte Psychiater. Wichtig ist es bei ADHS, Strategien zu entwickeln, damit das Leben mit neurotypischen Menschen wirklich gut funktioniert. Ich hoffe sehr, das hat etwas geholfen.

Welche Therapiemethoden eignen sich nachgewiesen nebst Medikation für ADHS (inattentive), insbesondere für Motivation und Prokrastinieren?

Clara Overkott: Das ist eine spannende und wichtige Frage! Neben Medikation ist es sehr wichtig, die Symptomatik von AD(H)S auch therapeutisch anzugehen. Am besten schauen Sie mit einem Therapeuten direkt und individuell an, welche Themen Sie (z. B. aus den Bereichen Aufmerksamkeit, Emotionsregulation, Impulskontrolle, Motivation, etc.) sie am meisten anspricht. Wenn ich Sie richtig verstehe, wäre dies in Ihrem Fall das Thema Motivation und damit verbunden Prokrastination. Bei Prokrastination ist es immer wichtig zu fragen, was das Ziel ist, das Sie erreichen möchten und was die einzelnen Schritte sind, die Sie zum Ziel führen – quasi, welche Handlungen ausgeführt werden sollen. Je nach Fall kann ihre Unlust unterschiedliche Phasen treffen, so z. B., dass das Ziel nicht ihr eigentliches Ziel ist, Sie nicht starten, weil z. B. eine Angst oder Vermeidung dahintersteht, die Handlung nicht ausgeführt werden kann, weil Sie z. B. zu müde sind, zu wenig Zeit dafür haben etc. Es ist ratsam, diese Unlust – auch im Rahmen einer therapeutischen Begleitung – zu durchleuchten, um sie noch gezielter anzugehen und quasi an der richtigen Stelle zu schrauben.

Guten Tag. Ich habe ADHS und Autismusspektrum. Ich suche eine Austauschgruppe für Menschen, die beides haben, da die Herausforderung anders ist, als nur ADHS oder nur Autismusspektrum. Gibts da etwas im Raum Baden/Zürich . Danke und Gruss.

Anita Jung Strub: Danke für Ihre Frage! Es gibt in Baden eine Austauschgruppe für Eltern von betroffenen Kindern ADHS/ASS. Die Leiterin dieser Gruppe arbeitet als Coach in Wettingen. Vielleicht wäre sie sogar bereit, eine solche Gruppe zu eröffnen. Sonst ist mir zurzeit keine solche Gruppe bekannt. Liebe Grüsse ins Aargau!

Ich bin 63 Jahre alt. Vermutlich würde bei mir AD(H)S diagnostiziert. (Eines meiner Kinder ist davon betroffen.) Ich habe wohl in meinem Leben verschiedene Strategien entwickelt, um mit den Einschränkungen umzugehen. Gibt es psychologische oder medizinische Massnahmen, die Sie in meinem Alter empfehlen würden? Danke im Voraus und freundliche Grüsse

Anita Jung Strub: Danke für Ihre Frage! Wenn Sie genügend Strategien entwickelt haben in Ihrem Leben und es Ihnen gut geht und Sie zufrieden sind mit Ihrem Leben, dann müssen Sie auf keinen Fall psychologische oder medizinische Massnahmen ergreifen! Wenn Sie aber das Gefühl haben, Sie scheitern immer wieder beim Gleichen, kommen in verschiedenen Punkten nicht weiter oder möchten sich auch mit 63 Jahren noch besser kennenlernen (vielleicht mit Ihrem ADHS) dann schadet es nie, eine Psychotherapie zu machen. Je nachdem rät Ihnen dann der Psychiater/die Psychiaterin zu einer Abklärung … ev. auch noch zu Medikamenten. Dies aber wirklich nur, wenn Sie sich für Ihr Leben eine Wende wünschen oder für sich persönlich Hilfe brauchen. ADHS hat ganz viele positive Eigenschaften und erfahrungsgemäss geht es den Betroffenen besser, wenn sie pensioniert sind ;-). Alles Gute Ihnen!

Ich habe gehört, dass viele Zusatzversicherungen Personen mit ADHS nicht aufnehmen. Deshalb möchte ich, auch wenn sehr viele Symptome passen und ich unter den Punkten leide, keine offizielle Diagnose haben. Was raten Sie mir?

Anita Jung Strub: Danke für Ihre Frage. Ja, das höre ich auch immer wieder, dass die Krankenkassen zurzeit etwas «schwierig tun» bei der Aufnahme in eine Zusatzversicherung oder beim Klassenwechsel … leider … Wenn Sie nicht so unter den ADHS-Symptomen leiden, dass Sie eine Medikamentation in Betracht ziehen, brauchen Sie keine Abklärung. Das Wissen, dass Sie eine ADHS haben könnten, reicht Ihnen ja, um nötige Schritte einzuleiten. D. h. Strategien entwickeln für den Teil Ihres Lebens, den Sie als mühsam oder schwierig erachten. Dabei kann eine Therapie oder ein ADHS-Coaching sehr hilfreich sein. Oft müssen Betroffene erst herausfinden, welcher Teil Ihres Lebens besonders schwierig ist. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen und Durchhaltevermögen auf dieser spannenden Reise!

Guten Tag. 71.5 Jahre, immer wieder grosser innerlicher Aufruhr beim Umgang mit finanziellen und administrativen Aufgaben, Dyskalkulie, grosser Druck, mit Unsicherheit verbunden, was tun, Hausärztin konsultieren? Mit freundlichen Grüssen

Anita Jung Strub: Danke für Ihre Frage! Ja, die Hausärztin als erstes Kontaktieren ist sicher nicht verkehrt. Diese kann Ihnen dann eine Abklärung empfehlen, falls Sie noch eine Diagnose wünschen. Ansonsten ist es sicher immer gut, wenn Sie sich damit auseinandersetzen, dass Sie eine ADHS haben und falls Sie noch sehr leiden, auch Strategien für die Punkte entwickeln können, unter denen Sie leiden. Vielleicht bringt es Ihnen auch schon etwas, wenn Sie sich mit einer Fachperson austauschen? Z. Bsp. mit der elpos-Beratungsstelle oder mit einem ADHS-Coach. Alles Gute Ihnen!

Hallo. Als Lehrpersonal in einer Regelschule habe ich regelmässig Kontakt zu Schülern mit ADHS/ADS. Ich habe gehört, dass Ritalin teilweise durch überdosierte Vitamincocktails ersetzt werden kann. Gibt es dort «fertige Cocktails», die ich Eltern von Kindern mit ADHS empfehlen kann? Danke.

Anita Jung Strub: Danke für Ihre Frage! Leider gibt es keine Vitamincocktails zum Weiterempfehlen. Aber vor (oder während) einer ADHS-Abklärung empfehlen wir immer auch eine Kontrolle der Vitamine und Spurenelemente beim Kinderarzt. Nachweislich kann ein Ungleichgewicht bei diesen auch zu Hyperaktivität oder Unkonzentriertheit führen.

Inwiefern kommt es vor, dass ADHS bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen gar nicht auffällt, weil Symptome wie Vergesslichkeit oder Konzentrationsprobleme nicht richtig eingeordnet werden?

Anita Jung Strub: Es kommt immer wieder vor, dass ADHS nicht erkannt wird, oder erst spät, wenn Folgeerkrankungen wie Depressionen, Burn-out, etc. auftreten. Wichtig ist das Erkennen, dann die Abklärung, dann die Behandlung.

Guten Tag. Was sind gute Gründe, eine Abklärung einer 6-Jährigen zu starten, wenn man sie nicht schon jetzt «abstempeln» will?

Clara Overkott: Danke für Ihre Frage – in der Lernpraxis empfehlen wir Abklärungen bei Kindern grundsätzlich erst ab dem 7. Lebensjahr. Für eine ausführliche Abklärung ist es sehr wichtig, dass bereits erste Erkenntnisse und Erfahrungen rund um das Thema Aufmerksamkeit, Impulsivität und Überaktivität in der Schule gesammelt werden können. Somit gibt es nur wenige bis keine Gründe, eine Abklärung bereits bei einer 6-Jährigen zu starten. Ein möglicher Grund könnten sehr starke Ausprägungen in diesen drei genannten Bereichen inklusive sehr hoher Leidensdruck mit hoher emotionaler Belastung für das ganze Umfeld sein. In diesem Fall gilt es, dies mit einem Experten zu eruieren.

Puls, 28.04.2025 ; 

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