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Stromversorgung «Smart Grid» als wichtiges Puzzleteil gegen Blackouts

Der Bundesrat hat eine Kampagne zum Energiesparen gestartet. Wir sollen haushälterisch umgehen mit Elektrizität. In der Diskussion um die drohenden Stromlücken fällt dabei oft der Begriff «Smart Grid». Dieses Stromnetz der Zukunft soll eine wichtige Rolle spielen, Stromlücken zu verhindern.

«Smart Grid»: Das ist die Digitalisierung aller Stromnetze bis zur Steckdose, die Umwandlung der analogen Netze in digitale Netze mit Intelligenz.

Beispiel: Heute kann ein Stromversorger nur begrenzt das Stromnetz regeln, zum Beispiel den Boiler in einem Haushalt mit der «Tag-Nachtschaltung» so steuern, dass das Gerät nur in der Nacht Strom beziehen darf. Oder er kann der Waschmaschine verbieten, dass sie von 11 bis 13 Uhr in Betrieb ist, weil dadurch zusammen mit dem erhöhten Stromverbrauch durch Kochherde in dieser Zeitspanne das Netz ein Stabilitätsproblem kriegen könnte, weil zu wenig Strom vorhanden ist.

Zu viel Strom im Netz

Solche starren Regelsysteme taugen heute wenig, weil Strom nicht wie bis anhin nur vom Erzeuger zum Verbraucher fliesst, sondern auch umgekehrt.

Das führt zu neuen Situationen: Wenn über Mittag die Sonne scheint und alle Solaranlagen Strom einspeisen, wäre es sinnvoll, dass gerade dann alle Waschmaschinen in Betrieb sind oder Elektroautos aufgeladen werden, damit das Netz kein Stabilitätsproblem kriegt, weil zu viel Strom im Netz ist.

Strom, immer richtig dosiert

Die möglichen Stromlücken im Winter haben unter anderem damit zu tun, dass zu wenig Strom vorhanden ist, aber immer mehr benötigt wird, vor allem von Wärmepumpen und Elektroautos.
Probleme gibt es aber eben auch, wenn zu viel Strom zum falschen Zeitpunkt im Netz ist. Hier kommen digitalisierte Stromnetze ins Spiel.

Die Idee: Statt Netze lokal auszubauen, weil erhöhter Bedarf vorhanden ist, versucht man den Strommangel auszugleichen durch die Intelligenz im «Smart Grid». Solche Netze liefern dann nicht nur Strom, sondern auch detaillierte Informationen und Daten, dank denen die Stromerzeuger und Lieferanten sehen, wo, wann und welche Geräte Strom verbrauchen. Dadurch können sie gezielter einzelne Verbraucher ausschalten – oder bewusst einschalten, um das Stromnetz stabil zu halten und Blackouts zu vermeiden.

Intelligente Netze sind Zukunftsmusik

Die Technologie ist seit längerem am Start, dennoch wird es im nächsten Winter nicht möglich sein, beispielsweise für ein paar Stunden nur alle Elektro-Heiz-Öfen auszuschalten, weil die als geballte Stromfresser das Netz zum Erliegen bringen könnten. Bis etwa 2040 sind solche Szenarien aber denkbar.

Als Erstes benötigen alle Haushalte und Gebäude einen sogenannten «Smart Meter», einen Stromzähler, der nicht nur den Stromverbrauch misst, sondern dem Stromlieferanten jede Viertelstunde den Verbrauch übermittelt. Die Strategie des Bundesamtes für Energie sieht vor, dass bis Ende 2027 80 Prozent der alten Stromzähler ausgetauscht sind.

Italien ist an der Spitze

Intelligente Stromzähler sind ein erster Schritt zu mehr Informationen, was in den Verteilnetzen geschieht. Parallel dazu braucht es viel Forschung und Entwicklung, Software und Algorithmen, die die Steuerung automatisieren und Standards, damit alle smarten Netze einander verstehen. Das ist eine komplexe Aufgabe: In der Schweiz gibt es rund 600 Verteilnetzbetreiber .

Dieser «Föderalismus-Faktor» bremst also die Einführung, dennoch steht die Schweiz im europäischen Vergleich nicht so schlecht da: Nur Italien hat «Smart Meter» bereits flächendeckend eingeführt.

SRF 3, «info3», 30.8.2022, 12:03 Uhr

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