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Abstimmungen 13. Juni 56.6 Prozent: Ja zu Terrorismus-Gesetz kleiner als erwartet

  • Laut Endresultat des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag der SRG wird das Terrorismus-Gesetz angenommen.
  • 56.5 Prozent der Abstimmenden sagen Ja, 43.4 Prozent Nein.
  • In absoluten Zahlen waren es schliesslich 1'811'800 gegen 1'390'400 Stimmen.
  • Am deutlichsten sagt das Wallis mit 65 Prozent Ja zum Gesetz, die beiden Basel lehnten es als einzige ab. Die Stimmbeteiligung lag bei 58.8 Prozent.

Terrorismus-Gesetz

Eidg. Vorlage: Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus

  • JA

    56.6%

    1'811'765 Stimmen

  • NEIN

    43.4%

    1'390'355 Stimmen

In der Westschweiz war die Zustimmung insgesamt leicht höher als in den Deutschschweizer Kantonen. Dies dürfte auch mit der Nähe zu Frankreich und den dortigen Diskussionen und Massnahmen gegen den Terrorismus zu tun haben. Frankreich ist in Europa eines der am stärksten vom Terrorismus betroffenen Länder.

Laut Lukas Golder von gfs.bern hätte sich die Bevölkerung trotzdem kritisch mit der Vorlage auseinandergesetzt, und es habe sich durchaus Kritik formiert, wie er im Abstimmungsstudio von SRF sagte. Deshalb sei das Resultat nicht so hoch ausgefallen, wie gemäss den Umfragen für die Vorlage erwartet wurde: «Auch hier ein Zeichen dafür, dass es für die Behördenposition momentan schwierig ist, sich durchzusetzen.» Dennoch hätte nun das Vertrauen in den Bundesrat und die Behörden, dass sie die Massnahmen mit Mass anwenden würden, obsiegt, analysiert Lukas Golder.

Einschätzung von SRF-Bundeshausredaktor Curdin Vincenz

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Deutlich haben sich die Stimmenden hinter Bundesrätin Karin Keller-Sutter gestellt und hinter ihre Pläne, mutmasslichen Terroristen das Handwerk zu legen, bevor sie zuschlagen können. Die Polizei wird diese zusätzlichen Rechte bekommen, allen Bedenken von Juristen und Jungparteien zum Trotz.

Es ist nicht das erste Mal, dass solche Warnungen aus Expertenmund, die Schweiz ritze Grundrechte und komme in Konflikt mit der Menschenrechtskonvention, beim Volk kein Musikgehör finden. Auch zur Minarett- und zur Ausschaffungsinitiative oder zu jener für die lebenslängliche Verwahrung extrem gefährlicher Sexual- und Gewalt-Straftäter hatte das Volk «Ja» gesagt, obwohl namhafte Rechtsprofessoren dagegen argumentiert hatten.

Am Ende war das Nein-Lager zum Anti-Terror-Gesetz etwas grösser als erwartet. Das kann die Gegnerschaft als Erfolg buchen. Aber das Vertrauen der Schweizerinnen und Schweizer in ihre Regierung, in die Behörden und auch in die Gerichte überwog die Bedenken dennoch deutlich. Die Verliererinnen und Verlierer von heute werden aber genau darauf achten, ob die Behörden dieses Vertrauen nicht missbrauchen.

Mit dem Anti-Terror-Gesetz erhält die Polizei ein Instrument, um gegen sogenannte Gefährderinnen und Gefährder vorzugehen – auch wenn diese nicht gegen Strafrecht verstossen haben.

Zu den Massnahmen des neuen Bundesgesetzes zählen Gesprächsteilnahme- und Meldepflicht, Kontaktverbot, Ausreiseverbot, Rayonverbote, Hausarrest, elektronische Überwachung und Ausschaffungshaft. Die Massnahmen können bereits gegen 12-Jährige verhängt werden, ein Hausarrest ab 15 Jahren. Zudem erhält das Bundesamt für Polizei (Fedpol) die Möglichkeit, im Internet und in elektronischen Medien verdeckt zu fahnden.

Die Massnahmen werden präventiv ausgesprochen. Ziel ist es, die Möglichkeiten der Polizei ausserhalb eines Strafverfahrens auszuweiten. Die Massnahmen können vor einem Strafverfahren, nach Beendigung eines Strafvollzugs, unter Umständen aber auch ergänzend zu Strafmassnahmen verhängt werden.

Eingriffe in die Grundrechte

Das Gesetz war nicht unbestritten, weil es gleich in mehrere in der Bundesverfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verankerte Grundrechte eingreift. Solche Eingriffe sind nur erlaubt, wenn sie verhältnismässig sind.

Um einer willkürlichen und unverhältnismässigen Anwendung des PMT-Gesetzes entgegenzuwirken, ist im Gesetz festgelegt, dass betroffene Personen die Massnahmen beim Bundesverwaltungsgericht anfechten können. Der Hausarrest muss zudem von einem Zwangsmassnahmengericht bestätigt werden. Alle Massnahmen sind zeitlich begrenzt.

Schutz vor Angriffen

Mit dem Gesetz wollen Bundesrat und Parlament die Bevölkerung besser vor terroristischen Anschlägen schützen. Seit 2015 geht der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) auch in der Schweiz von einer erhöhten Terrorbedrohung aus.

Laut Justizministerin Karin Keller-Sutter, liegt der Entwurf für die Verordnung zum PMT-Gesetz bereit für die Vernehmlassung. In der Verordnung wird die Umsetzung des Gesetzes präzisiert. Das Gesetz werde in der ersten Hälfte des Jahres 2022 in Kraft gesetzt, wie die FDP-Bundesrätin vor den Medien sagte. Die darin festgehaltenen Präventivmassnahmen seien «ein letztes Mittel», das zum Zug käme, wenn die Kantone und Gemeinden alle anderen Massnahmen ausgeschöpft hätten.

Abstimmungs-Dossier

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News und Hintergrund zu den Abstimmungen und Wahlen vom 13. Juni 2021.

SRF 4 News, 2.6.2021, 06:00 Uhr ; 

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