Die Solothurner Oberrichter fanden bei der Urteilsverkündigung klare Worte: Vater und Sohn seien besonders skrupellos vorgegangen, kaltblütig, hätten einen «ausgeprägten Vernichtungswillen» gezeigt. Von einer «Hinrichtung» war die Rede.
Der heute 28-jährige Sohn sitzt seit der Tat 2012 im Gefängnis. Das Amtsgericht Thal-Gäu hatte ihn wegen Mord zu 20 Jahren verurteilt. Vor Obergericht machte der Mann geltend, er habe nicht aus egoistischen Gründen geschossen, sondern aus Notwehr, und verlangte eine tiefere Strafe.
Das Solothurner Obergericht kommt nun aber wie schon das Amtsgericht zum Schluss: Es war Mord. Der Mann habe seine Schwester rächen wollen, die in die andere Familie eingeheiratet hatte, von dieser aber schlecht behandelt wurde. Das Obergericht bestätigt die vom Amtsgericht ausgesprochene Strafe: 20 Jahre.
Der heute 53-jährige Vater war am Montag bei der Verhandlung abwesend. Während Ferien in seiner Heimat Kosovo habe er Herzprobleme bekommen, machte der Mann geltend. Er will nicht geschossen haben und verlangte via seinen Anwalt einen Freispruch. Das Amtsgericht hatte ihn zu 17 Jahren verurteilt.
Das Obergericht kam am Freitag bei der Urteilsverkündigung klar zum Schluss: Auch der Vater ist schuldig, auch er hat geschossen, um seine Tochter zu rächen. Spuren vom Tatort zeigten, dass der Sohn nicht alleine geschossen haben könne.
Das Obericht bestätigt die 17 Jahre des Amtsgerichts. Die tiefere Strafe gegenüber jener des Sohnes erklärt das Gericht damit, dass der Vater nicht der Initiant der Morde gewesen sei.
Jetzt wird der Mörder gesucht
Der 53-Jährige erschien auch am Freitag nicht in Solothurn, als das Obergericht sein Urteil bekannt gab. Das Gericht hat deshalb einen Haftbefehl erlassen. Falls der eingebürgerte Schweizer noch im Kosovo ist, muss er dort in Sicherheitshaft genommen werden.
Nachdem sich seine Hoffnung auf einen Freispruch zerschlagen habe, gebe es für ihn wohl keine Gründe mehr, freiwillig in die Schweiz zu kommen, begründeten die Richter die Sicherheitshaft.
Die Richter erklärten zudem, es sei rechtens gewesen, dass der Mann vor dem Obergerichts-Prozess auf freiem Fuss gewesen ist. Bis zum erneuten Urteil habe man keine Fluchtgefahr annehmen können. Die Höhe der vom Amtsgericht ausgesprochenen Strafe allein genüge dafür nicht.
Obergericht durfte Strafen nicht verschärfen
Wäre es möglich gewesen, hätte das Solothurner Obergericht die beiden Mörder vielleicht zu noch härteren Strafen verurteilt als die 17, bzw. 20 Jahre. Die Richter betonten bei der Urteilsverkündigung mehrmals, dass sie an das sogenannte Verschlechterungsverbot gebunden seien.
Das heisst: Weil das Urteil des Amtsgerichts nur von den Tätern, nicht aber von der Staatsanwaltschaft weitergezogen wurde, durfte das Obergericht das Urteil des Amtsgerichts nicht «überbieten», also die Strafe aus Sicht der Täter nicht verschlechtern.
Im Fall des verurteilten Vaters machten die Oberrichter klar, dass sie eine Strafe von 17,5 Jahren angemessen gefunden hätten, also ein halbes Jahr mehr. Im Fall des Sohnes verwiesen die Richter ebenfalls auf das Verschlechterungsverbot, liessen aber offen, ob sie ohne das Verbot mehr als 20 Jahre, also lebenslänglich, ausgesprochen hätten.