Eine Strasse spaltet das Winzerdorf Twann am Bielersee. Sie versperrt den direkten Zugang zum See. Sie spaltet das Dorf aber nicht nur örtlich – sie hat das Dorf auch in zwei Lager gespalten. Es gibt jene, die die Strasse in einen Tunnel verlegen wollen und jene, die den Tunnel bekämpfen. «Das gibt Gegnerschaften in unserer Gemeinde», sagt Magrit Bohnenblust, Gemeindepräsidentin von Twann-Tüscherz. Diese neue Entwicklung sei unerwartet gekommen, denn der Tunnel sei seit Jahren genehmigt.
Nach einer Einigung zwischen Umweltverbänden und den Behörden hat sich neuer Widerstand formiert. Der Auslöser: ein Baustellenplatz. Um Material für den Bau des Tunnels zu deponieren, soll nämlich ein Haus abgerissen und Reben ausgerissen werden. Das Schicksal der Familie und der Winzerin lösen Solidarität aus. Auch der Gemeinderat, der den Tunnel befürwortet, ist betroffen und reicht Einsprache gegen das Ostportal ein. Damit soll der Baustellenplatz verkleinert werden. Insgesamt 80 Einsprachen gegen dieses Ostportal sind beim Bund eingegangen – 50 von ihnen erfüllen die Kriterien und wurden an den Kanton Bern für eine Stellungnahme weitergeleitet, schreibt das zuständige Amt auf Anfrage.
Vielen Einsprechern, insbesondere dem Bürgerkomitee «N5 Bielersee – so nicht!» mit rund hundert Mitgliedern geht es aber um mehr. Mit dem Widerstand gegen den Baustellenplatz soll der ganze Tunnel verhindert werden. «Nur die Idee, zwischen der Schiene und der Reblandschaft eine Autobahn durchzuwürgen, war eine Schnapsidee», sagt Anne-Käthi Zweidler vom Komitee. In der heutigen Zeit müsse man den Verkehr neu erfinden. Sie möchte ihn am liebsten ganz auf die Schiene verlegen – wie genau das möglich gemacht werden soll, weiss sie nicht. «Das sollen die Verkehrsspezialisten herausfinden – und zwar in einem einzigen, grossen Projekt», so Zweidler.
Dass der Westast überarbeitet wird, hat uns Hoffnungen gemacht.
Das Komitee möchte den Twanntunnel mit dem Westast von Biel verbinden. Auch dieser Teil der Autobahn rund um Biel sorgt seit Jahren für Diskussionen. Die Westast-Gegner haben erreicht, dass das Projekt neu überarbeitet wird. Das hat den Gegnern des Twanntunnels Hoffnung gemacht – auch sie möchten, dass der Bund nun auch hier noch einmal über die Bücher geht. Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga hat jedoch erst vor Kurzem in einer Fragestunde im Parlament klar gesagt, es gebe keinen Zusammenhang zwischen dem Twanntunnel und dem Westast. Der Twanntunnel solle das Winzerdorf vom Durchgangsverkehr befreien. Er habe keinen Einfluss auf den Westast.
Das Dorf vom Durchgangsverkehr befreien – das wünschen sich viele andere im Dorf. «Wegen dem Lärm des Verkehrs können viele nicht mit offenem Fenster schlafen», sagt Winzer Peter Feitknecht. Zwar bleibe die Bahnlinie und da werde der Lärm noch zunehmen. Neben dem Strassentunnel, dem Twanntunnel, ist nämlich auch ein neuer Bahntunnel geplant. Mit dem Ligerztunnel soll die Bahnlinie am oberen Bielerseeufer künftig zweispurig befahrbar werden. «Wegen dem Bahntunnel verliere auch ich Reben», so Feitknecht, aber das nehme er in Kauf. Hauptsache die Strasse käme weg.
Die Befürworter werden aufstehen und sich wehren, und zwar massiv.
Die Befürworter des Tunnels waren bisher ruhig. Nun aber haben auch die Befürworter mobilisiert und die «IG TWANN KANN» gegründet. «Die Befürworter werden aufstehen und sich wehren. Wahrscheinlich massiv.»
In Twann werden nun also auch die Befürworter des Tunnels laut – so wie bereits die Gegner. Es scheint, als möchten sie den Lärm der Strasse, welche die Gemeinde in beide Lager spaltet, übertönen.