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Streit um Umfahrung von Twann Haus und Reben müssen Tunnel weichen

Ein Tunnel soll das Winzerdorf Twann (BE) vom Verkehr befreien. Ein Bürgerkomitee, welches das Projekt bekämpft, hat sich formiert.

Die Rebberge am nördlichen Bielerseeufer sind von nationaler Bedeutung, deshalb sind sie geschützt. Trotzdem muss ein Teil der Reben wegen der Baustelle für die A5 weichen. Betroffen ist die junge Winzerin Anne-Claire Schott. Sie ist entsetzt: «Es ist ein riesiger Einschnitt in die Landschaft hier», sagt sie gegenüber «Schweiz aktuell». Auch für ihren Betrieb sei es ein grosser Einschnitt. Schott produziert Wein nach biodynamischen Richtlinien.

Auch wenn sie Ersatzland zur Verfügung gestellt bekommt oder pachten muss, brauche es wieder drei Jahre, bis sie dort biodynamisch arbeiten könne. «Dann muss ich wieder bei Null anfangen, und was ich hier investiert habe, war vergebens», erklärt sie.

Ostportal besonders umstritten

Das Projekt Twanntunnel wurde 1991 vom Bundesrat beschlossen. Das Ziel war, das malerische Winzerdorf Twann vom Durchgangsverkehr zu entlasten.

Karte mit dem Verlauf des Tunnels und dem Ostportal in Wingreis
Legende: Die A5 durch den Twanntunnel führt zu einer Baustelle am Ostportal, die Platz braucht. SRF

In der Zwischenzeit ist der Tunnel bewilligt. Im Moment geht es um das Ostportal und die Zufahrt. Wegen Widerstands mussten Bund und Kanton die Pläne dafür neu ausarbeiten. Diese liegen nun bis Ende November öffentlich auf. Betroffene können dagegen Einsprache erheben. Beim Bund sind bisher rund 20 Einsprachen eingegangen.

Haus soll abgerissen werden

Einsprachen sind die einzige Möglichkeit, wie sich Betroffene wehren können. Eine andere Art der Mitsprache bei Nationalstrassenprojekten ist nicht vorgesehen. Mit einer Einsprache wehrt sich auch Ronald Wüthrich.

Zusammen mit seiner Frau hat er vor elf Jahren ein Haus gekauft, das nun abgerissen werden soll. Das Haus muss nicht für den Tunnel weichen, sondern für die Baustelle. Der sogenannte Baustelleninstallationsplatz braucht Platz; für Baumaschinen, Fahrzeuge und mehr. «Die vom Kanton haben uns gesagt, wir müssen ihnen das Haus verkaufen, oder es droht uns die Enteignung.»

Was das für sie heisse, wissen Wüthrichs noch nicht. Sie hoffen im Moment, mithilfe eines Anwalts ihr Heim verteidigen zu können.

Bürgerkomitee macht mobil

Wüthrich und Schott sind nicht die einzigen, die sich wehren. In der Region ist ein Bürgerkomitee entstanden, das sich gegen das Projekt stark macht. Letzten Samstag hat das Komitee zu einer Informationsveranstaltung geladen, um Betroffene zu beraten, wie sie Einsprache machen können.

Infoanlass
Legende: Zankapfel Installationsplatz: An einem Anlass konnten sich die Gegner des Projekts informieren. SRF/Mirjam Spreiter

Die Gemeindepräsidentin Margrit Bohnenblust gibt zu bedenken, dass die meisten Leute in Twann für den Tunnel seien. Sie würden davon profitieren. Für die Betroffenen habe sie grösstes Verständnis. Und: «Der Gemeinderat wird auch eine Einsprache machen; gegen den Installationsplatz in der Art und Weise, wie er jetzt geplant ist.» Denn dieser Platz ist vielen zu gross.

Baustellen bräuchten halt Platz, gibt Stefan Studer vom Berner Tiefbauamt zu bedenken. Trotzdem: «Wir werden prüfen, ob wir den Platz weiter optimieren können», sagt er. Zudem wolle man Bauunternehmen bevorzugen, die Bauverfahren anbieten, die mit weniger Platz auskommen. Ausserdem betont er, dass der Tunnel der Bevölkerung von Twann mehr Lebensqualität bringe.

Manchmal frage ich mich, warum man so eine Landschaft schützt, wenn man dann noch Ausnahmebewilligungen macht.
Autor: Anne-Claire Schott Winzerin in Wingreis

Der Tunnel sorge dafür, dass es weniger Lärm und Abgase gebe, so Studer. Die Betroffenen im Twanner Ortsteil Wingreis wollen davon nichts hören. Sie können nicht vom Tunnel profitieren. Und der Winzerin Schott geht es auch um das Landschaftsbild: «Manchmal frage ich mich, warum man so eine Landschaft schützt, wenn man dann noch Ausnahmebewilligungen macht.»

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