Der Fall der ehemaligen Luzerner Grossrätin Heidi Joos sorgte im vergangenen Monat für Schlagzeilen: Sie wurde im Rahmen einer Klein-Demonstration gegen die Corona-Massnahmen von Polizisten festgenommen und musste eine Nacht in der Zelle verbringen. Sie hat Strafanzeige eingereicht. Das Verfahren läuft. Das Regionaljournal hat über den Fall berichtet.
Der Fall des pensionierten Unternehmers
Es gibt weitere Fälle von Personen, die über negative Erfahrungen im Zusammenhang mit der Luzerner Polizei berichten. Der pensionierte Unternehmer Kurt Vonwyl zum Beispiel. An der Fasnacht vor einem Jahr sei er von Polizisten aufgehalten worden, weil er über eine eigentlich gesperrte Brücke habe gehen wollen. Er habe nicht geglaubt, dass es sich um richtige Polizisten handelte, da er von einer Fasnachtsverkleidung ausgegangen sei. Ein Wort habe das andere ergeben. Als er sich weigerte, seinen Ausweis zu zeigen, hätten die Polizisten Verstärkung gerufen. Daraufhin sei er zu Boden geschleudert worden.
Die Polizisten sind wie Wölfe über mich hergefallen.
In der Kaserne hätte er sich nackt ausziehen müssen. Dies sei schwierig gewesen, da er sich bei der Rangelei zuvor den Arm verletzt habe. Schliesslich liessen die Polizisten ihn gehen, da er den Polizisten «nicht gewalttätig vorgekommen sei.» Kurt Vonwyl, der bis dato nie mit der Polizei zu tun hatte, hat Strafanzeige gemacht.
Der Fall der Frau, die in einen Zwist geriet
Eine 50-jährige Frau aus Zug, welche anonym bleiben möchte, erzählt gegenüber SRF ebenfalls von schlechten Erfahrungen. Auch sie war an der Fasnacht unterwegs, und wurde nach einem Disput mit anderen Gästen in einem Restaurant von einem Unbekannten zu Boden geschlagen. Die Polizei habe sie festgenommen und auf die Wache gebracht. Dort hätte sie sich für eine Leibesvisitation ausziehen müssen. Das habe sie zwei anwesenden Polizistinnen verweigert.
«Als ich das sagte, kamen sie auf mich los und zogen mich oben aus», sagt sie. Es sei entwürdigend gewesen. Sie habe die Nacht in der Zelle verbringen müssen.
Ich bin abends auf Schmerzmittel angewiesen, habe sie aber nicht gekriegt. Ich habe nachts wohl auch geschrien.
Am nächsten Morgen musste sie, wie auch Kurt Vonwyl, eine DNA-Probe abgeben.
Einzelfälle oder die Regel?
Der Luzerner Anwalt Hannes Munz attestiert der Luzerner Polizei kein grundsätzliches Gewaltproblem: «In der Regel wird professionell gearbeitet.» Es gebe aber immer wieder Einzelfälle, in denen Polizisten oder Polizistinnen wenig sensibel vorgehen würden. Gerade für unbescholtene Leute, welche vorher nie mit der Polizei zu tun gehabt hätten, sei eine Festnahme eine schwierige Situation. «Da bricht eine Welt zusammen. Deshalb braucht es im Umgang mit ihnen eine grosse Portion Menschlichkeit.» Die Polizei sollte dafür sorgen, dass diese Leute nicht unnötig leiden müssten, so Munz.
Markus Schefer ist Strafrechtsprofessor an der Universität Basel und Experte für Grundrechte. Es gebe zwar im Gegensatz zu vor 20 Jahren ein Polizeigesetz. Aber: «Das Gesetz lässt viel Handlungsspielraum.» Der Grund sei, dass die Situationen, mit denen Polizeiangehörige konfrontiert seien, sehr unterschiedlicher Art sein könnten und sie deshalb diesen Spielraum bräuchten.
...und das sagt die Polizei dazu?
Mit den Fällen konfrontiert, sagt der Luzerner Polizeikommandant Adi Achermann. «Wir haben bei der Luzerner Polizei kein Gewaltproblem. Wir achten schon bei der Selektionierung darauf, dass wir belastbare Personen auswählen, die auch in schwierigen Situationen adäquat reagieren können. »
Beschwerden würden sorgfältig geprüft und man achte auf eine strenge interne Kontrolle. «Die Zeiten, in denen das Polizeicorps eine verschworene Gesellschaft bildete, sind vorbei. Einerseits weil die Bevölkerung klar reagiert und sich auch direkt an mich wendet. Da lässt sich nichts kaschieren. Andererseits animiere ich auch die jungen Polizistinnen und Polizisten dazu, sich in solchen Fällen bei mir zu melden», sagt Adi Achermann. Bei fehlbaren Handlungen würden Massnahmen ergriffen, wie beispielsweise die Versetzung in eine andere Abteilung.,