17. Februar 2019. Ein ICE aus Deutschland fährt über die Rheinbrücke in Basel. Kurze Zeit später passiert er Weiche Nummer 194. Während er über diese Weiche fährt, stellt sich diese um. Der hintere Teil des Zuges fährt auf einem anderen Gleis weiter als der vordere: Der Zug ist wortwörtlich für mehrere hundert Meter zweigleisig unterwegs. Kurz vor dem Tunnel unter der Autobahn entgleist der Zug. Die Waggons kommen noch vor der Tunnelwand zum Stehen. Nur knapp entgeht die Bahn einem Unfall mit Schwerverletzten oder gar Toten.
Jetzt zeigt eine vertiefte Analyse des Unfallberichts der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) durch das Regionaljournals Basel, dass es mitten in Basel eine Sicherheitslücke gibt. Grund dafür ist die Landesgrenze. Auf der Strecke zwischen Badischem Bahnhof und Bahnhof SBB gibt es nämlich je einen Abschnitt von einem Kilometer Länge, insgesamt also zwei Kilometer. Auf diesen Abschnitten schalten zwar die Deutschen respektive die Schweizer die Weichen und Signale, via Funk erreichbar sind die Lokführer aber nicht mehr. Denn diese müssen gemäss den Vorschriften schon vorher ihre Funkgeräte auf jenes Land einstellen, das sie ansteuern.
Genau diese Lücke war beim verunglückten ICE im Februar verheerend. Vergeblich versuchte der deutsche Bahnangestellte im Stellwerk des Badischen Bahnhofs den Lokführer des zweigleisig fahrenden ICE über einen Notruf via Funk zu erreichen. Dieser hatte aber bereits auf die Schweizer Frequenz umgestellt. Der Deutsche Bahnangstellte rief schliesslich in der Betriebsleitzentrale der SBB in Olten an. Doch da war es schon zu spät. Noch während er die Situation schilderte, ging in Olten bereits der Notruf des entgleisten ICE ein.
SBB will handeln, aber nicht sofort
Die Deutsche Bahn erklärt: Man werde selbstverständlich intensiv und möglichst schnell mit den Schweizer Kollegen besprechen, welche technischen Möglichkeiten sinnvoll umzusetzen seien. Unabhängig davon seien die technischen Anlagen und Betriebsverfahren von den deutschen und schweizerischen Zulassungsbehörden genehmigt. Diese würden damit den Sicherheitsanforderungen des jeweils geltenden Eisenbahnrechts entsprechen.
Die SBB erklären, dass es jetzt bis in den allermeisten Fällen sinnvoll gewesen sei, wenn ein Zug mit der Leitstelle des Zielbahnhofs in Funkverbindung war und nicht mit jender des Abgangsbahnhofs. Man werde aber prüfen, ob es für dieses Problem eine technische Lösung gebe. Aber: «Es gibt in diesem Bericht keine Sofortmassnahme, welche die SBB jetzt umsetzen müsste», erklärt ein SBB-Sprecher.
Mit diesen Antworten gar nicht zufrieden ist die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Rats. Diese hat gestern an einer Sitzung den Bericht studiert und entschieden, dass diese Sicherheitslücke sofort geschlossen werden müsse. «Auf dieser Strecke verträgt es gar nichts», sagt GPK-Präsident Christian von Wartburg gegenüber dem Regionaljournal Basel. Schliesslich seien auf eben diesem Abschnitt auch immer mehr Güterzüge mit gefährlichen Gütern unterwegs. Nicht auszudenken, wenn wegen der Sicherheitslücke ein solcher mitten in der Stadt entgleisen würde.
Geschäftsprüfungskommission will handeln, sofort
Die GPK hat deshalb dem gesamten Regierungsrat einen Brief geschrieben und verlangt von diesem, dass diese Sicherheitslücke umgehend geschlossen werde. Zuständig ist auch das Bundesamt für Verkehr. Dieses hat die Aufsicht über die SBB und könnte von dieser verlangen, dass sie die Sicherheitslücke so schnell wie möglich schliesst. Noch hat man dort aber keine Massnahmen verfügt: Man sei noch am Studieren des Berichts der Unfalluntersuchungsstelle heisst es auf Anfrage.
(SRF 1, Regionaljournal Basel, 6:32 Uhr)