An der Spitze der Spitex Bern lief es bis im Frühjahr 2018 alles andere als rund. Beispielsweise wurden für die Branche unüblich hohe Saläre für Verwaltungsrätinnen und Verwaltungsräte bezahlt. Die Spitex-Affäre gipfelte darin, dass vor knapp einem Jahr fast der gesamte Verwaltungsrat neu besetzt werden musste.
Der Öffentlichkeit war also bekannt, dass der Lohn der damaligen Verwaltungsratspräsidentin aussergewöhnlich hoch war. Jetzt werden aber neue Details bekannt.
Einen umfassenden Überblick liefert die Finanzprüfung der Spitex, durch die externe Wirtschaftsprüferin KPMG. Der vertrauliche Bericht zeigt: die Entschädigung der Verwaltungsratspräsidentin war sogar höher als bisher angenommen.
Hohe Entschädigungen
2015 bezog die Verwaltungsratspräsidentin laut Bericht inklusive Spesen und Zusatzleistungen rund 198'000 Franken; 2017 waren es noch rund 193'000 Franken.
Die Entschädigung resultierte aus einem 50-Prozent-Pensum als Verwaltungsratspräsidentin und einem 40-Prozent-Pensum für Vertretungsaufgaben. Der Arbeitsaufwand pro Jahr für ein Verwaltungsratspräsidium und die Entschädigung waren laut Prüfbericht sehr hoch angesetzt und können nicht erklärt werden.
Die Honorare und die pauschalen Spesenentschädigungen der Verwaltungsratsmitglieder waren doppelt so hoch angesetzt wie der Kanton für vergleichbare Institutionen empfiehlt.
GA für die 1. Klasse und Miete fürs Büro
Zudem erhielt die Verwaltungsratspräsidentin der Spitex Bern ein Generalabonnement für die 1. Klasse. Und ihr wurde die Untermiete für Büroräumlichkeiten am Falkenplatz in der Stadt Bern bezahlt; monatlich 1500 Franken.
Weiter haben die Experten der KPMG festgestellt, dass an der Spitze der Spitex Bern Vorgaben des Spesenreglements nicht durchgängig und konsequent umgesetzt wurden und dass Boni bezogen wurden ohne vertragliche Regelung.
Trotz vertraglicher Vereinbarung erstellte zudem die Verwaltungsratspräsidentin keinen jährlichen Rapport über Leistungen und Stunden. Weder Ziele noch allfällige Ergebnisprämien wurden verbindlich geregelt. So fehlten für die Prämien 2015 und 2016 vertragliche Grundlagen
Zugute halten muss man der Verwaltungsratspräsidentin der Spitex Bern, dass sie in den Jahren 2015 bis 2017 jeweils zwischen rund 40'000 und 62'000 Franken an die Spitex Bern zurückgab. Die Beiträge kamen durch ihr Engagement und ihre zahlreichen Mandate in anderen Organisationen zusammen.
Keine Stellungnahme der Akteurin
Das Regionaljournal hätte gerne mit der kritisierten Verwaltungsratspräsidentin gesprochen. Zwar kam eine erste mündliche Zusage für ein Treffen zustande. Jedoch sagte die ehemalige Verwaltungsratspräsidentin das Treffen aus persönlichen Gründen kurzfristig wieder ab.
Schönberg vor Konkurs gerettet
«Der damalige Verwaltungsrat war mit der Krise überfordert», sagt die neue Verwaltungsratspräsidentin der Spitex Bern, Therese Frösch rückblickend. Zur Krise kam es auch mit der Beteiligung am Zentrum Schönberg. Das neue Pflegezentrum für Menschen mit Demenz wurde für die Spitex Bern zum finanziellen Abenteuer.
Das Zentrum war Ende 2017 konkursgefährdet und musste gerettet werden. Durch Sanierungsbeiträge der Spitex Bern, der Tilia Stiftung, der Terianum AG, der Bernischen Pensionskasse und der Credit Suisse konnte der Konkurs abgewendet werden.
In den Jahren 2015 (599'000 Franken), 2016 (150'000 Franken) und 2017 (1,5 Millionen Franken) musste Spitex Bern Wertberichtigungen und Abschreiber bei Darlehen vornehmen.
Geld verbrannt
Die Spitex leistete in all den Jahren beim Zentrum Schönberg gemäss Untersuchungsbericht Sanierungsbeiträge von rund 2.3 Millionen Franken. Gemäss Finanzprüfung wurde die Sanierung des Zentrums Schönberg auch mit Spendengeldern und mit Kantonsbeiträgen für Pflegeleistungen finanziert. Ohne hätte sich die Spitex das gar nicht leisten können. Es wurde beim Zentrum Schönberg also Geld verbrannt, das eigentlich für Patientinnen und Patienten gedacht gewesen wäre.
(SRF 1, Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 06:32 Uhr; liec;kocm)