Die Idee ist simpel, die Idee ist plausibel, die Idee tönt gut: Damit das Dorf nicht ausstirbt, wollen Bewohnerinnen und Bewohner von Albinen mit einer Initiative neue Leute anlocken. Die Gemeinde soll Personen, die ein Haus oder eine Eigentumswohnung bauen wollen, folgende Wohnbauförderungs-Beiträge bezahlen:
- Einzelpersonen: 25'000 Franken
- Paare: 50'000 Franken
- Pro Kind: 10'000 Franken
- Pro Kind, das bis 10 Jahre nach Baubeginn zur Welt kommt: 10'000 Franken
Die Bedingungen: Man muss unter 45 Jahre alt sein und mindestens 200'000 Franken in Albinen investieren. Und wer innerhalb von zehn Jahren wieder wegzieht, muss das Geld zurückzahlen.
Am Donnerstag wird die Initiative an der Gemeindeversammlung behandelt. Und wahrscheinlich abgelehnt. Denn die Idee war etwas zu gut.
Sie kommen aus Brasilien, Italien, Kamerun, Belgien...
Mit bereits gepackten Koffern – quasi einzugsbereit – tauchen auf der Gemeindeverwaltung Albinen Leute auf. Nicht nur aus der Schweiz, sondern auch aus Brasilien, Italien, Kamerun und Belgien. Mehrere hundert Anfragen seien bei der Gemeinde eingegangen, bestätigt Gemeindepräsident Beat Jost. Gibt es demnach so viele Menschen unter 45, die unbedingt 200'000 Franken in einem Bergdorf investieren wollen?
Nein. «Schuld» am Ansturm sind Medienberichte in zahlreichen Ländern. Unter anderem auch zugespitzte Medienberichte, deren Aussage war, dass jede und jeder in Albinen Geld kriegt.
Die von Albinen gestellten Bedingungen wurden in den Medienberichten teilweise gar nicht erwähnt. So kam es, dass Menschen aus aller Welt in Albinen «ihr Geld» abholen wollten. Andere kommen das Dorf erst einmal anschauen.
Im Auftrag ihrer Tochter in Brasilien sind zum Beispiel Verena Glauser und ihr Mann aus dem Unterwallis nach Albinen gereist, um sich nach einer geeigneten Wohnung umzusehen. «Die wirtschaftlichen Verhältnisse in Brasilien sind so schlecht, dass meine Tochter mit ihrer Familie nach Albinen ziehen möchte», sagt die gebürtige Brasilianerin.
Unsere Familie in Brasilien möchte nach Albinen ziehen.
Auch Lucienne Abosolo, welche in Kamerun geboren ist und seit 25 Jahren in der Schweiz lebt, hat sich das Dorf Albinen angeschaut: «Es interessiert mich, weshalb die Gemeinde Menschen zum Wohnen einlädt und pro Person 25'000 Franken zahlen will.»
Das Volk entscheidet
Albinen wächst die Sache über den Kopf. Der Gemeindepräsident hat Angst, seine Leute würden die Initiative nun ablehnen.
Auch wenn die Lage in Albinen einigermassen ernst ist: Es leben 273 Menschen im Walliser Bergdorf. In den letzten 17 Jahren wurde nur ein einziges neues Haus gebaut. Trotzdem werden es sich die Albinerinnen und Albiner gut überlegen, ob sie am Donnerstag für oder gegen das neue Wohnbaureglement stimmen.
(Regional Diagonal, 16:30 Uhr / Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr)