Der Ausbruch der Finanzkrise 2007 kam für die Zentralbanken unerwartet, auch für die Schweizerische Nationalbank. Zu Beginn agierte die SNB hauptsächlich als Brandlöscherin: Der Geldmarkt musste funktionsfähig gehalten, die UBS – die grösste Bank der Schweiz – mit Hilfe der Regierung gestützt werden.
Durch Interventionen der Zentralbanken konnten zwar noch gravierendere Folgen verhindert werden, mit den langfristigen Konsequenzen der Krise hat die SNB aber noch heute zu kämpfen.
Mehr Aufgaben für die SNB
Die Finanzkrise zwang die SNB, Aufgaben zu übernehmen, welche traditionell nicht zu ihrem Handlungsfeld gehören, etwa die Verwaltung des stark gewachsenen Aktienportfolios und die Mitwirkung in der Bankenregulierung. Urs Birchler, emeritierter Professor für Banking an der Universität Zürich, warnt vor den Gefahren dieser Entwicklung: «Je mehr Aufgaben die SNB wahrnimmt, umso eher tut sie jemandem weh. Das weckt Begehrlichkeiten und Gegnerschaften und gefährdet längerfristig die Unabhängigkeit der Nationalbank».
Neuland betrat die SNB zudem mit vielen der sogenannten makroprudenziellen Massnahmen. Dabei handelt es sich um Regulierungen, welche nicht die Stabilität einzelner Banken, sondern des gesamten Finanzsystem festigen sollen.
«Die Nationalbank ist immer noch in Geiselhaft»
Dazu gehört der antizyklische Kapitalpuffer, dessen Einführung 2013 viel Aufmerksamkeit erregte. Banken werden durch ihn verpflichtet, ihr Eigenkapital aufzustocken, wenn es zu negativen Entwicklungen am Kreditmarkt kommt.
Ebenfalls bedeutend war die Festlegung der systemrelevanten Banken, also jener Institute, welche als «too big to fail» gelten. Das Dilemma, welches die Finanzkrise hier aufwarf, ist für Urs Birchler nicht gelöst: «Die Nationalbank und der Bund sind immer noch in Geiselhaft der sechs systemrelevanten Banken, deren Zusammenbruch die Schweizer Wirtschaft stark gefährden könnte».
Nicht an Macht gewonnen
Der Tätigkeitsbereich der Schweizerischen Nationalbank ist seit dem Ausbruch der Finanzkrise stark angewachsen, sie verantwortet viel mehr Massnahmen als noch vor zehn Jahren. Das schlägt sich auch in der Anzahl der Mitarbeiter nieder: arbeiteten Ende 2007 noch 618 Vollzeitangestellte bei der SNB, sind es inzwischen 835 – also gut ein Drittel mehr.
Da kann der Eindruck entstehen, dass die Nationalbank durch die Krise an Macht gewonnen habe. Dem widerspricht Urs Birchler aber: «In einer Krisensituation muss eine Notenbank oft den Holzhammer auspacken und sieht dann sehr mächtig aus. In Wirklichkeit ist es meist eine Art Notwehrsituation, in der die sie gar keine andere Handlungsoptionen mehr hat und eher ohnmächtig dasteht».