Es waren dramatische Tage im Herbst 2008: Täglich kamen neue Hiobsbotschaften von der Wall Street. Im Zentrum der Krise standen die beiden halbstaatlichen Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac.
Die Unternehmen gibt es zehn Jahre später immer noch. Und sie spielen nach wie vor eine zentrale Rolle. Im Januar wird US-Präsident Donald Trump einen neuen Chefaufseher für den US-Immobilienmarkt nominieren. Fannie und Freddie versuchen, sich im Vorfeld unentbehrlich zu machen und gehen damit wieder stärker ins Risiko. Die Debatte, ob die USA die beiden Unternehmen braucht oder abwickeln sollte, erhält damit neue Nahrung.
Robert Brusca, Wall Street-Veteran und Chef-Volkswirt von FAO Economics, gibt nicht Fannie und Freddie die Schuld an der Krise. Sie hätten eine gewisse Rolle bei der Finanzkrise gespielt. Das grösste Problem seien die Banken gewesen, die betrogen und die Portfolios mit schlechten Hypotheken überfrachtet haben. «Fannie und Freddie hätten nicht so ein grosses Problem bekommen, wenn sie von den Banken die korrekten Informationen und Dokumente bekommen hätten», sagt Brusca.
Privatunternehmen mit Staatsgarantie
Fannie Mae und Freddie Mac mussten im Herbst 2008 vom Finanzministerium – und damit letztlich vom Steuerzahler – mit rund 200 Milliarden Dollar gerettet werden. Sie wurden unter die Aufsicht der Federal Housing Finance Agency gestellt, dem wichtigsten Aufsichtsorgan für den amerikanischen Immobilienmarkt. Der Staat wurde auch zum grössten Eigentümer. Juristisch blieben und bleiben beide Privatunternehmen, die allerdings mit einer Staatsgarantie ausgestattet sind.
Wenn Fannie und Freddie Müll von den Banken bekommen, können sie daraus keine Pakete basteln, die nach Parfum riechen.
Robert Brusca hält dieses Modell grundsätzlich für geeignet. Fannie und Freddie hätten günstigere Hypotheken für lokale Märkte ermöglicht und den Hypothekenmarkt auf nationaler Ebene beflügelt. «Sie hatten einen positiven Einfluss, aber wenn sie Müll von den Banken bekommen – so genannte Schrottpapiere – dann können sie daraus keine Pakete basteln, die nach Parfum riechen», so Brusca weiter.
Fannie für die Armen, Freddie für die Konkurrenz
Fannie Mae und Freddie Mac vergeben nicht selbst Hypotheken. Sie kaufen den Banken die Hypotheken ab, schnüren diese dann zu Wertpapieren, die wiederum verkauft werden. Gegründet wurde Fannie Mae 1938 als Teil des New Deal des damaligen Präsidenten Franklin D. Roosevelt. Das Unternehmen sollte vor allem der ärmeren Bevölkerung helfen, ein Eigenheim zu finanzieren und die Wirtschaft nach der Grossen Depression wieder anzukurbeln. Freddie Mac wurde in den 1970er-Jahren ins Leben gerufen.
Uncle Sam profitiert
Immer wieder fordern Kritiker, der Staat solle sich von den beiden lösen. Doch Fannie und Freddie spielen immer noch eine gewichtige Rolle. Alleine im vergangenen Jahr stellten die beiden rund eine Billion Dollar an Liquidität für den Hypothekenmarkt zur Verfügung.
Im Januar endet die Amtszeit von Mel Watt, dem Chef der Federal Housing Finance Agency, der von US-Präsident Barack Obama den Posten erhielt. Donald Trump wird seinen Nachfolger nominieren. Das Schicksal von Freddie und Fannie hängt nicht zuletzt an dieser Personalie.
Ökonom Robert Brusca geht davon aus, dass Washington die beiden nicht fallen lassen wird. Unter anderem auch, weil sie mittlerweile sogar einen Profit für Uncle Sam erzielen: «Wenn Fannie und Freddie nicht nur privatisiert, sondern womöglich abgeschafft würden, ist nicht ganz klar, was passiert. Hypotheken würden mit Sicherheit teurer und Banken würden vermutlich weniger Hypotheken ausgeben», gibt Brusca zu bedenken.
Einige Beobachter haben das Gefühl, dass Fannie und Freddie zuletzt noch aktiver wurden, um ihre Position am Markt zu stärken und sich unentbehrlicher zu machen. Und welcher Politiker möchte sich schon vorwerfen lassen, den amerikanischen Traum vom Eigenheim zu torpedieren?
Auch wenn dieser letztlich immer noch auf einer Garantie der Steuerzahler basiert.