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150 Jahre Grafische Industrie Als der schnellste Schriftsetzer zu langsam wurde

Die Zeiten im Druckgewerbe sind zunehmend härter geworden. Eine Ausstellung in Freiburg erinnert an den rasanten Wandel.

Alte Druckmaschinen, Setzkästen, Modelle und grafische Kunst. Das Museum Gutenberg in Freiburg zeigt die Entwicklung des Buchdrucks vom Handwerk zur industriellen Produktion auf. Das Museum wird unter anderem vom Verband der Grafischen Industrie Viscom getragen. Dieser feiert jetzt sein 150-jähriges Bestehen, was in einer Sonderschau gewürdigt wird.

Hans-Peter Graf hat selber während fast fünf Jahrzehnten in der Druckbranche gearbeitet. Er blättert in einem Sammelband mit den Mitteilungsblättern des Schweizer Buchdrucker-Verbandes und stösst dabei auf einen Eintrag von 1898: «Warnung. Der Schriftsetzer F. B. aus Sigriswil ist ohne Kündigung und ohne irgendein Wort zu sagen von der Arbeit weggeblieben. Von Anstellung desselben wird gewarnt.»

Hans-Peter Graf lacht über den Eintrag im Vereinsblatt der Branche. Auch er ist gelernter Schritsetzer. «Ich habe von 1968 bis 1972 Handsetzer gelernt. Damals gab es neben dem Handsatz bereits den Maschinensatz. In der zweiten Hälfte der Ausbildung kam dann allmählich der Fotosatz auf.»

Ein altes Fähigkeitszeugnis in einer Vitrine erinnert ihn an eine Aufgabe bei seiner Lehrabschlussprüfung. Für die Note 6 waren 1450 Buchstaben fehlerfrei. Er hatte damals in dieser Stunde 1650 Buchstaben produziert.

Doch auch der beste Handsetzer hatte keine Chance gegen die Maschinen, die 5000 Lettern pro Stunde oder mehr setzten. Vom Setzkasten an den Computer, hiess die Devise in den 1970er- und 1980er-Jahren. Das war eine besondere Herausforderung. So hatte Hans-Peter Graf letztlich zwei berufsbegleitende Weiterbildungen absolviert – den typografischen Gestalter und den Techno-Polygraf.

Als Polygraf war er unter anderem bei Roger Schawinskis kurzlebiger Zeitung «Die Tat» und danach beim sozialdemokratischen «Freien Aargauer» tätig. Danach suchte er in der Stadt Zürich eine neue Stelle und bewarb sich unter anderem bei der «Neuen Zürcher Zeitung».

Dort seien ihm zwar beste berufliche Qualifikationen bescheinigt worden, erinnert er sich. Ebenso an den Zusatz, er passe wohl eher nicht ins gesellschaftlich-ideologische Bild des Betriebes. Denn Hans-Peter Graf war ein kämpferischer Gewerkschafter.

Ein Bild in der Ausstellung mit streikenden Arbeitern der damaligen Gewerkschaft Druck und Papier vor dem Gebäude des Zürcher Tagblatts fällt ihm auf: «Es war ein kalter Morgen im November 1980. Die Auseinandersetzung auf nationaler Ebene für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag führte in verschiedenen grösseren Städten zu einem Tagesstreik.»

2001 wurde Hans-Peter Graf Gewerkschaftssekretär. Das Klima in der Branche war rau geworden. Die Druckereien litten in den Nuller-Jahren zunehmend unter der billigeren ausländischen Konkurrenz und unter rückläufigen Zeitungsauflagen. Es gab heftige Auseinandersetzungen um Betriebsschliessungen und um GAV.

Hans-Peter Graf ist nun seit fünf Jahren pensionert, verfolgt aber die Entwicklung im Druckgewerbe weiterhin genau. Als positiv bewertet der heute 67-Jährige, dass es den Gesamtarbeitsvertrag weiterhin gibt.

Allerdings fühlten sich namhafte Betriebe nicht mehr daran gebunden wie etwa die Swissprinters AG von Ringier in Zofingen oder die Notendruckerei von Orell Füssli in Zürich. Tamedia als grosser Schweizer Zeitungsdrucker sei zudem gar nicht im Verband Viscom vertreten.

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