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4000 Chinesen in Luzern Wie viel Tourismus erträgt eine Stadt?

12'000 Chinesen werden dieser Tage in Luzern erwartet. Stimmt das noch für die Bevölkerung und was tut die Stadt?

Der Luzerner Tourismusdirektor Marcel Perren ist in diesen Tagen vielbeschäftigt. Tausende Touristen drängen sich durch Luzern, Medien aus dem In- und Ausland wollen Interviews. So viele Geschäftsreisende in Luzern zu haben, sei eine grosse Chance. «Sie werden zu Hause erzählen, wie toll die Schweiz und Luzern sind, und die Chance ist sehr gross, dass sie uns zu einem späteren Zeitpunkt wieder als Individualgäste besuchen», sagt Perren.

Dazu kommt, dass Geschäftsreisende in der Regel eher mehr Geld ausgeben. Auch wenn sie nicht in der Stadt übernachten oder in den Restaurants essen, rechnet Perren mit einer Wertschöpfung von vier Millionen Franken. Diese werde durch die Car- und Schifffahrten oder die Shoppingtouren der Gäste erzielt.

Luzern arbeitet an einem Konzept

Die Stadt Luzern zählt rund 22’000 Gäste pro Tag. Da seien die zusätzlichen 4000 Personen eigentlich verkraftbar, wenn auch mit einem Zusatzeffort.

Diesen Sondereffort wolle die Stadt aber nicht regelmässig leisten, sagt die zuständige Finanzdirektorin Franziska Bitzi. «Wir möchten nicht, dass das der Normalfall wird. Wir können es hin- und wieder verkraften. Aber im Bereich Tourismus ist es nicht das, was wir anstreben.»

Derzeit sei die Stadt daran, eine Vision für den Luzerner Tourismus der Zukunft zu entwickeln. «Da geht es darum zu entscheiden, welche Form von Tourismus Luzern will und was noch verträglich mit der Bevölkerung ist. Die Diskussion über Maximalwerte wird dort nicht ausgeschlossen.» Konkreter will sie nicht werden.

Gesucht ist eine erträgliche Form von Tourismus

Jürg Stettler vom Institut für Tourismus-Wirtschaft der Hochschule Luzern ist einer, der den Luzerner Tourismus seit längerem genau unter die Lupe nimmt. Die Definition des «richtigen» Tourismus in der Stadt Luzern zu finden, sei gar nicht so einfach.

Tourismusforscher Jürg Stettler untersucht den Tourismus in Luzern. (Archivbild)
Legende: Tourismusforscher Jürg Stettler untersucht den Tourismus in Luzern. (Archivbild) Keystone

Gehe es darum, die Wertschöpfung zu erhöhen, sei klar, dass es umso besser sei, je mehr Leute kämen. «Wenn es aber darum geht, auch die Lebensqualität der Bevölkerung miteinzubeziehen, ergeben sich automatisch Zielkonflikte. Dann geht es um Güterabwägungen und Optimierungsfragestellungen, und die sind nicht leicht zu beantworten.»

Grundsätzlich verspreche man sich von weniger Gruppen und mehr Individualreisenden eine kleinere Belastung der Stadt. Diese Gleichung sei aber zu einfach, warnt Stettler. «Die Gruppentouristen sind sehr berechenbar. Über die Gebühren kann man dieses Geschäft steuern. » Individualreisenden seien viel weniger lenkbar, auch ihr Ausgabeverhalten sei anders. Damit sei die ökonomische Komponente weniger attraktiv als bei den Gruppenreisen.

Uhrenbranche blüht in Luzern

Denn Luzern ist der Ort, wo weltweit wohl am meisten Uhren verkauft werden. Entsprechend hat die mächtige Uhrenbranche vor Ort in erster Linie die Touristengruppen im Fokus.

Anders die Betreiber von Restaurants oder Museen, welche mehr auf Individualtouristen und kleine Gruppen setzen. «Es ist ein Verteilungs-, Optimierungs- und Abwägungsproblem. Selbstständig Reisende geben absolut gesehen etwas weniger aus, aber ein breiterer Kreis hat einen Nutzen davon, und darum sind die Individualreisenden in Bezug auf ihr Verhalten attraktiver», sagt Stettler.

Die Tourismusbranche in Luzern muss sich nun festlegen, welche ihre Lieblingstouristen sind. Und im Gegenzug muss sie bestimmen, wann des Guten zu viel ist. Die Touristenmassen, die sich heute durch die Stadt Luzern wälzen, dürften da weitere Erkenntnisse liefern.

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