Schon wieder hängt er halb zerrissen an den abgepackten Peperoni. Und am Self-Checkout heisst es warten, bis die Kassiererin die dreissigstellige Produktnummer eingetippt hat… Manchmal kann der Strichcode so richtig nerven.
Dabei wurde er erfunden, um uns das Leben zu erleichtern. Und das hat er auch geschafft. Früher – also ohne den Barcode – war nämlich nicht alles besser. Grund genug, ihm auch zu einem unrunden Geburtstag ein Kränzchen zu winden. Denn der Strichcode «feiert» gerade seinen 51.
Kleiner Kleber, grosse Wirkung
Am 26. Juni 1974 wurde zum ersten Mal ein Strichcode an einer Kasse eingescannt. Konkret im US-Bundesstaat Ohio, wo er auf einer Packung Kaugummi klebte. Die schmalen Striche sollten sich als Revolution für den Detailhandel entpuppen. In der Schweiz hielt sie allerdings erst 1984 Einzug.
«Die Prozesse in den Läden wurden massiv beschleunigt», sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Pascal Lago. Zuvor mussten die Mitarbeitenden alle Preise von Hand in die Kassen tippen. Jetzt konnten sie den Käse und Schinken kurzerhand über den Scanner wischen.
Für die Wirtschaft gilt der Barcode als eine der wichtigsten Erfindungen überhaupt.
Die Einführung des Strichcodes war auch Balsam für die Nerven der Kundschaft. Wer in barcodelosen Zeiten mit prallvollem Einkaufswagen an der Kasse vorfuhr, erntete bitterböse Blicke. Nun konnten auch die Warteschlangen viel schneller abgearbeitet werden. Und so mancher Konflikt entschärft.
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Bild 1 von 3. Die Generation Ü50 kann sich noch an dunkel an die (Warte-)Zeit vor dem Strichcode erinnern. 1987 erreichte die «Scanner-Revolution» auch die Migros. Bildquelle: Keystone/STR.
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Bild 2 von 3. Vieles wäre ohne die 13 Striche undenkbar gewesen: Migros-Mitarbeiterinnen scannen Produkte für den ersten Online-Shop des Detailhändlers (Aufnahme von 1998). Bildquelle: KEYSTONE/Martin Ruetschi.
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Bild 3 von 3. Besser spät als nie: Die Post setzt seit 1998 auf den Barcode. Laut der Oktober-Ausgabe der damaligen Personalzeitung «Post» sollten damit bis zu 80 Prozent der Päckli automatisch verarbeitet werden. Bildquelle: Keystone/STR.
Doch auch im Hintergrund lief nun alles geschmeidiger. Wie viele Produkte verkauft wurden und noch an Lager waren, wurde in Echtzeit erfasst. Die Läden konnten besser planen und Prozesse automatisieren. «Das bedeutete Einsparungen in Milliardenhöhe», sagt Lago. «Für die Wirtschaft gilt der Barcode als eine der wichtigsten Erfindungen überhaupt.»
Schöne neue QR-Code-Welt?
Dem Doyen des Detailhandels droht allerdings Ungemach. Denn die nächste Generation begehrt auf: der QR-Code, eine Art Barcode auf Steroiden. Er kann viel mehr Informationen transportieren als sein Vorläufer: Der Strichcode ist eigentlich eine 13-stellige Nummer. Ein QR-Code kann dagegen 7000 Zahlen und rund 4000 Buchstaben darstellen.
Nun ist er auch im Detailhandel auf dem Vormarsch. Das Ziel: «Die Abläufe sollen noch effizienter und automatisierter werden», erklärt der Wirtschaftsredaktor von SRF. Die Kundinnen und Kunden profitieren auch: Statt das Kleinstgedruckte auf den Verpackungen zu entschlüsseln, können sie den Code scannen und erhalten eine viel grössere Fülle an Informationen.
116'000 Scans pro Sekunde
Die Kehrseite: «Wir als Konsumentinnen und Konsumenten hinterlassen noch mehr Daten», sagt Lago. Mit dem flächendeckenden Einsatz von QR-Codes erhalten nicht nur die Detailhändler mehr Informationen über uns, sondern auch Nahrungsmittelhersteller oder die Modeindustrie. Wer schon im Strichcode eine Datenkrake sah, dürfte seine liebe Mühe mit dem QR-Code haben.
Für einen Nachruf auf den Strichcode ist es aber noch zu früh. Pro Tag wird er in der Schweiz über zehn Milliarden gescannt – das sind 116'000 Scans pro Sekunde. Und bis Detailhändler wie Coop und Migros komplett auf QR-Codes gewechselt sind, wird es noch Jahre dauern. Denn die Umstellung kostet Zeit – und Geld.