Ein «Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten» haben die Spitzen der grossen Koalition nach nächtlichen Verhandlungen angekündigt. Die Details sollen im Lauf des Tages vorgestellt werden.
Eine Lösung nach dem Motto «sowohl als auch» sei wahrscheinlich, erklärt Jörg Seisselberg vom ARD-Hauptstadtstudio. Umtauschprämien von bis zu 8000 Euro für Neuwagen hätten die Autokonzerne angeboten. Die SPD habe zugleich auf die Nachrüstung alter Dieselfahrzeuge gedrängt – für alle jene, die kein zusätzliches Geld für ein neues Auto in der Tasche hätten.
Steuergeld für Nachrüstungen
Gegen die Übernahme von Kosten durch Nachrüstungen wehrten sich vor allem jene Konzerne hartnäckig, die – anderes als VW – keine Manipulatoinen an Dieselfahrzeugen zugegeben hatten. Sie lehnten jegliche Haftung ab, da sie ihre Fahrzeuge ordnungsgerecht und gesetzesgemäss auf den Markt gebracht hätten.
Da aber niemand in der Koalition die Dieselbesitzer zusätzlich belasten wollte, werde wohl doch Steuergeld in die Nachrüstung von Fahrzeugen fliessen. Da sei auch vor dem Hintergrund der anstehehenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen ein bedeutendes Signal, sagt Seisselberg.
Fahrverbote vom Tisch?
Ein Garantie, dass mit dem Kompromisspaket nun grossflächige Fahrverbote in vielen grossen deutschen Städten vermieden werden können, gibt es allerdings nicht. Denn alles bezüglich Umtauschprämie und Nachrüstung wird freiwillig sein. «Man setzt darauf, dass die Verbraucher so stark mitziehen, dass es sich am Ende auch in den Städten auswirkt.»
«Ich kann mir nicht vorstellen, dass man mit dem geplanten Paket die Fahrverbote in den grossen Städten aushebeln kann», schätzt Ferdinand Dudenhöffer, Verkehrswissenschaftler und Ökonom an der Universität Duisburg in Hessen. Seit 2010 werde die Bundesregierung abgemahnt, dass in über 50 grossen Städten die Stickstoffdioxidwerte erheblich überschritten würden. Passiert sei seither nichts, ausser, dass vor drei Jahren noch «Dieselgate» dazugekommen sei.
Der allgemeine Steuerzahler fährt ja kein Auto.
Die Politik habe sehr viel Zeit vergeudet. Das müssten jetzt die Bürger bezahlen, kritisiert Dudenhöffer. Er findet es zugleich falsch, den allgemeinen Steuerzahler an den Kosten von Dieselgate zu beteiligen, statt die Mittel über eine adäquate Erhöhung der Dieselsteuer auf Benzinniveau zu beschaffen. Damit hätte man laut Dudenhöffer alte Wagen umrüsten und den Kauf neuer Autos unterstützen können. Der allgemeine Steuerzahler fahre ja kein Auto, gibt Dudenhöffer zu bedenken.