Wenn es in Deutschland nicht läuft, stockt es in der Schweizer Tech-Industrie. Fast ein Viertel ihrer Exporte gehen ins nördliche Nachbarland. Und es läuft nicht gut, immer noch nicht: Deutsche Industriefirmen investieren weniger und brauchen somit weniger Maschinen und andere Produkte aus den Werkhallen der Schweizer Industriefirmen.
Schwache Wirtschaft im Exportländern und starker Franken
In Zahlen: Um 8.4 Prozent sind die Ausfuhren nach Deutschland im ersten Halbjahr 2024 gesunken. Und so rasch wird es kaum besser: «Wir befürchten, dass sich die Auftragslage auch im zweiten Halbjahr nicht signifikant verbessert», sagt Martin Hirzel, Präsident des Branchenverbands Swissmem. «Die Talsohle erreichen wir wahrscheinlich erst im nächsten Jahr.»
Wenn es in der Tech-Industrie nicht läuft, betrifft dies viele Menschen im Land. 330'000 Personen arbeiten für diese Firmen, unter ihnen 20'000 Lernende.
Zwar exportiert die Branche mehr Güter in die USA, nach China und nach Indien, aber das macht die Rückgänge in Europa nicht wett. Insgesamt sind die Tech-Exporte im ersten Halbjahr gegenüber der Vorjahresperiode um vier Prozent gesunken, wie Zahlen des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit zeigen.
Die schwache Konjunktur in den Zielmärkten ist das eine, der starke Franken das andere. Anfang August kostete der Euro gerade noch 93 Rappen. Derzeit ist es wieder etwas mehr. «Wir schaffen zwar starke Effizienzsteigerungen», sagt Swissmem-Präsident Hirzel, «aber dann sind wir über Nacht wieder mehrere Prozent teurer wegen des erstarkten Frankens. Das ist frustrierend.» Und es geht zulasten der Marge.
Industrie-Chefin ärgert sich über Bürokratie
Zu schaffen macht der Industrie auch die Bürokratie. Suzanne Thoma, Chefin des Industrie-Riesen Sulzer, ärgert sich: Ein Pilotprojekt für Biopolymere in Winterthur ist verspätet, weil Bewilligungen fehlten, sagt sie im «Eco Talk».
Sulzer hatte Winterthur dem Standort-Konkurrenten Singapur vorgezogen, obschon Singapur viele Vorteile biete. In Singapur gibt es laut Thoma ein Zusammenwirken aller Akteure, um solche Projekte zu ermöglichen. «Es ist nicht ein Hürdenlauf, bei dem man bei jeder Behörde das ‹Okay› einholen muss, bei einer nach der anderen, manchmal sogar noch widersprüchlich». Das sei ein grosser Unterschied.
Die Schweiz, sagt Suzanne Thoma, gebe viel Geld aus für Bürokratie, «für sehr extreme Auflagen, für Dinge, die schon eine gewisse Berechtigung haben, aber auch sehr viel Kosten im Verhältnis zum Nutzen». All das müsse am Ende aber von jemandem bezahlt werden.
In Deutschland stellt die Industrie-Managerin ein «eher wirtschaftsfeindliches Klima» fest. Ein solches gelte es in der Schweiz zu verhindern, auch mit Blick auf neue Freihandelsabkommen. Offene Grenzen, das sei einer der Punkte, die mitentscheiden, «ob beziehungsweise in welcher Form es unsere Industrie noch geben wird». Es sind einmal mehr drastische Worte aus der Industrie.