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Abschaffung Eigenmietwert Milliardenentlastungen für Eigenheimbesitzer

Was würde eine Abschaffung des Eigenmietwerts konkret bedeuten? Eine erste Rechnung gelangt zu einem brisanten Ergebnis.

1.3 Milliarden Franken – so viel könnten Schweizer Wohnungs- und Hausbesitzer pro Jahr sparen, wenn der Eigenmietwert abgeschafft würde. Zu diesem Resultat kommt Patrick Schnorf von der Immobilienberatungsfirma Wüest Partner in einer Modellrechnung.

Eigenmietwert

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Der Eigenmietwert bezeichnet ein fiktives Einkommen, das Immobilienbesitzer erzielen könnten, wenn sie ihr Wohneigentum nicht selber nutzen, sondern es vermieten würden. Weil er versteuert werden muss, ist der Eigenmietwert umstritten: Der Hauseigentümerverband Schweiz fordert seine Abschaffung. Aus Sicht des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverband sorgt der Eigenmietwert für den Ausgleich zwischen Mietern und Immobilienbesitzern.

Klare Gewinner wären die Besitzer von Wohneigentum, die schon einen Grossteil ihrer Hypotheken abbezahlt haben. «Das betrifft im Speziellen ältere Personen über 65. Sie wären die Nettoprofiteure eines Systemwechsels», sagt Patrick Schnorf, Partner bei Wüest Partner.

900 Franken weniger Steuern

Wenn der Eigenmietwert und gleichzeitig der Abzug von Schuldzinsen und Unterhaltskosten abgeschafft würden, könnten im heutigen Tiefzins-Umfeld auch alle andern 1.5 Millionen Wohnungs- und Hausbesitzer profitieren. Laut Wüest Partner würden Paare mit Kindern im Schnitt 600 Franken pro Jahr an Steuern sparen, Paare ohne Kinder kämen auf über 900 Franken. Im Schnitt würden Immobilienbesitzer, die in der eigenen Liegenschaft wohnen, 900 Franken weniger Steuern pro Jahr zahlen.

Für Natalie Imboden, Generalsekretärin des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbands, wäre eine Einsparung in der Höhe von 1.3 Mrd. Franken eine Umverteilung: «Das Steuersystem verlangt, dass man Leute mit ähnlichem Einkommen gleich belastet: Mieterinnen und Mieter auf der einen Seite, Leute mit Eigentum auf der anderen Seite. Wenn es jetzt eine Entlastung gibt nur für Wohneigentümer, dann ist das nicht gerecht. Unter dem Strich sind die Mieterinnen und Mieter die Beschissenen.»

Markus Meier, Direktor des Hauseigentümerbands Schweiz, würde eine Abschaffung des Eigenmietwerts begrüssen: «Er ist progressionstreibend, er führt zu einer Steuerlast, bei der man für Geld zahlt, das man nie bekommen hat. Das ist einzigartig auf der ganzen Welt, das gibt es nur in der Schweiz.»

Negativer Effekt bei steigenden Hypothekarzinsen

Sobald die Hypothekarzinsen steigen würden, sähe die Rechnung schnell anders aus. Patrick Schnorf von Wüest Partner: «Wenn die Zinsen steigen und es gleichzeitig zu einer Abschaffung des Eigenmietwerts kommt, sind die Effekte der Begünstigung der Wohneigentümer nicht mehr so ausgeprägt. Im Extremfall, bei einem Zinsniveau oberhalb von 4.5 Prozent, zeigen Modellrechnungen, dass der Effekt neutral wäre und dann ins Negative drehen würde, wenn es zu einer Abschaffung des Eigenmietwerts käme.»

Bei Paaren mit zwei Kindern wäre der negative Effekt am stärksten: Sie würden rund 1200 Franken mehr zahlen. Bei kinderlosen Paaren würde der negative Effekt 500 Franken ausmachen. Lediglich ältere Eigentümer würden leicht profitieren. Im Schnitt würden Eigentümer 500 Franken mehr Einkommenssteuern zahlen.

Eigenmietwert ja oder nein? Die Höhe der Hypothekarzinsen dürfte eine entscheidende Rolle dabei spielen, ob eine Abschaffung als gerecht empfunden wird oder nicht.

Systemwechsel beim Eigenmietwert

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Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats WAK-S hat Ende August entschieden, wie ein Systemwechsel beim Eigenmietwert für den Hauptwohnsitz aussehen könnte: «Die Liegenschaftsunterhaltskosten sollen in Zukunft nicht mehr abzugsfähig sein. Auf Bundesebene sollen sodann weder Energiespar- und Umweltabzüge noch Abzüge für denkmalpflegerische Arbeiten zulässig sein, hingegen soll es den Kantonen überlassen bleiben, ob sie in ihrer Steuergesetzgebung die Möglichkeit solcher Abzüge aufrechterhalten wollen oder nicht. Den Schuldzinsenabzug auf selbstgenutztem Wohneigentum will die Kommission aufheben. Erhalten bleiben lediglich Schuldzinsenabzüge im Umfang von 80 oder 100 Prozent der anderweitigen Vermögenserträge (...).» Jetzt muss die Verwaltung bis Anfang 2019 einen Vorentwurf ausarbeiten. ( Zur parlamentarischen Initiative )

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