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Achtung Flopgefahr! Heikle Geldbeschaffung über Kryptowährungen

Immer mehr Startup-Firmen finanzieren sich über ein so genanntes ICO – die Geldbeschaffung über Kryptowährungen. Neuste Zahlen zeigen aber, dass ein grosser Teil davon scheitert. Ein Grund liegt im hohen Betrugsrisiko.

Auf der Suche nach Geldgebern halten immer mehr Startups Ausschau nach einer neuen Form der Finanzierung: Das sogenannte Initial Coin Offering (ICO). Diese Art der Geldbeschaffung erlebt in letzter Zeit einen enormen Boom. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens PWC und der Crypto Valley Association gab es zwischen 2013 und 2017 (per Ende November) weltweit 514 ICOs, davon 438 alleine im letzten Jahr. Die Anzahl ICOs wächst exponentiell.

Die Entwicklung hat aber eine Schattenseite. Gemäss der Daten-Plattform TokenData, die die Entwicklung von ICOs global verfolgt, scheiterten seit Anfang Jahr rund 40 Prozent der initiierten ICOs. Einige schlagen fehl, weil zu wenig Geld zusammenkommt. Andere unterschätzen die Risiken, die diese Art der Finanzierung mit sich bringt.

Für Anleger und Unternehmen risikohaft

Das jüngste Beispiel kommt aus den USA. Die amerikanische Börsenaufsicht wirft den Gründern des Unternehmens Centra Tech vor, ein betrügerisches ICO lanciert zu haben. Centra Tech brachte das 32 Millionen US-Dollar ein.

Das Unternehmen soll Investoren vorgegaukelt haben, unter anderem eine Debitkarte von Visa oder Mastercard zu offerieren. Diese soll eine sofortige Umwandlung von schwer auszugebenden Kryptowährungen in US-Dollar ermöglichen. In Wahrheit habe Centra Tech aber laut Börsenaufsicht nie Kontakt mit den Kreditkartengesellschaften gehabt.

Bei einem ICO veröffentlicht ein Startup im Internet häufig nur ein Dokument, das Ziele und Strategie des Unternehmens kurz umreisst: Investitionen in Startups über ein ICO seien unsicher, sagt Mark Branson, Direktor der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma): «Das Risiko für unerfahrene Anleger ist, dass sie auf Basis von sehr rudimentären Informationen einsteigen.»

Ähnliche Gefahren sieht auch Stefan Steiner von Venturelab, ein Förderprogramm für Startups: «Das Risiko für den Investor bestehe darin, dass ein Startup mit einem einfachen Word-Dokument Geld einsammeln kann. Der Investor weiss jedoch nicht, ob und wie kontrolliert das umgesetzt wird.»

Was ist ein ICO?

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Bei einem sogenannten «Initial Coin Offering» (ICO) veröffentlicht ein Unternehmen im Internet seine Geschäftsidee (in einem sogenannten White Paper) und bietet den Investoren eine limitierte Anzahl Token zum Verkauf an. Diese Tokens können etwa ein Anteilsrecht am Unternehmen oder auch eine neue Kryptowährung darstellen. Das daraus gewonnene Geld wird zur Umsetzung des Projekts benutzt.

Doch nicht nur Investoren, auch die Firmen selbst gehen bei einem ICO ein Risiko ein – wie Stefan Steiner begründet: Das Startup sei oft im Ungewissen, woher das Geld komme und kenne den Investor auch nicht. «Es könnte Schwarzgeld sein oder Geld aus Geschäften, die man nicht mit seinem Startup assoziiert haben möchte», sagt Steiner. Das Hauptrisiko sei die Geldwäscherei durch den Investor, fügt der Finma-Direktor Mark Branson hinzu.

«Innovation soll eine Chance haben»

Ein paar Länder haben den Handel mit Kryptowährungen stark reguliert oder gar verboten. Dazu gehören laut PWC China, Südkorea und Serbien. In der Schweiz beschreitet man einen Mittelweg.

Die Finma publizierte vor kurzem Richtlinien zum Umgang mit ICO. Ganz verbieten will man ICO zwar nicht. Allerdings hat die Finma auch mehrere Firmen, die ein ICO durchführten, auf eine Beobachtungsliste gesetzt. Mark Branson begründet die Gangart der Finma folgendermassen: «Innovation soll eine Chance haben. Aber wir sind genauso gegen Kriminalität, wie wir für Innovation sind. Beide Positionen, sehr libertär oder sehr repressiv, sind für uns unattraktiv.»

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