Die Pensionskasse Publica, bei der unter anderem die Bundesangestellten versichert sind, gehört mit über 100’000 Mitgliedern zu den grössten der Schweiz. Sie sollte Vorbild sein, was die Einhaltung von Gesetzen und Sorgfaltspflichten angeht. Doch Zweifel sind angebracht.
Stein des Anstosses ist zum einen die Wahl von zwei Vertretern in oberste Organe der Publica, die beide bei kantonalen oder nationalen Pensionskassen-Aufsichtsbehörden arbeiten. Denn sie könnten bei Publica zumindest potenziell in Interessenskonflikte geraten. Zum Vergleich: Mitarbeitende der Finanzmarktaufsicht Finma lassen sich auch nicht in Aufsichtsgremien bei Banken wählen.
Oberste Aufsicht reagiert überrascht
Roger Tischhauser, Chef der Zürcher Stiftungsaufsicht und Präsident der Konferenz der kantonalen BVG- und Stiftungsaufsichtsbehörden, nimmt die von SRF erwähnten Wahlen überrascht zur Kenntnis. Er sei klar gegen solche Vertretungen in obersten Organen von Vorsorgeeinrichtungen: «Für mich selbst ist das angesichts meiner Aufsichtsmandate unvorstellbar.»
Für mich selbst ist das angesichts meiner Aufsichtsmandate unvorstellbar.
Personelle Wechsel bei Pensionskassen müssen von der zuständigen Aufsicht durchgewinkt werden. Im Fall der Publica ist das die Stiftungsaufsicht des Kantons Bern.
Prüfverfahren noch im Gang
Deren Geschäftsleiterin Susanne Schild sagt, man habe die Absolution noch nicht erteilt. Nach einer Mutationsmeldung würden gemäss Verordnung Integrität und Loyalität geprüft: «Das Verfahren läuft bei uns, kann aber noch einige Monate dauern. »
Den Entscheid der Berner Aufsicht erwarten viele mit Spannung. «Wir verfolgen die Abklärungen mit Interesse», sagt Tischhauser stellvertretend.
Publica und Gewählte sehen kein Problem
Die neu gewählten Publica-Vertreter sagen auf Anfrage, sie sähen keine Interessenskonflikte, weil sie die Publica höchstens indirekt, nicht aber direkt beaufsichtigten.
Auch Publica-Chefin Doris Bianchi betont, die Wahlen seien korrekt verlaufen: «Wir sehen keine Unvereinbarkeiten bei diesen Funktionen. Beide Personen sind nicht befangen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit.»
Wir sehen keine Unvereinbarkeiten bei diesen Funktionen.
Weitere Baustelle: Entkoppelung von Politik
Die Publica liegt sich mit ihrer Berner Aufsichtsbehörde aber auch bei einem weiteren Thema in den Haaren. So erhielt die Kasse bereits vor einem Jahr eine Verfügung, dass sie gesetzlich nicht korrekt organisiert ist.
Seit 2014 verlangt das Gesetz nämlich, dass politische Instanzen bei öffentlich-rechtlichen Kassen keine Entscheidungen mehr treffen dürfen. Denn das hatte in der Vergangenheit dazu geführt, dass die Politik die Pensionskassen nicht genügend ausfinanzierte.
Alle anderen öffentlich-rechtlichen Kassen haben ihre Organisation seither an die neuen Bestimmungen angepasst. Nicht so die Publica: Hier entscheidet immer noch der Bundesrat über Leistungen und Finanzierung der Kasse. Das sorgt in der Branche für viel Ärger.
Publica-Chefin: Erste Massnahmen ergriffen
Publica-Chefin Bianchi gibt zu: «Die Entflechtung zwischen öffentlicher Hand und Vorsorgeeinrichtung ist bei der Publica noch nicht vollständig abgeschlossen. Das muss nun geschehen.» Erste Massnahmen seien ergriffen. Die Politik müsse aber noch das Bundespersonalgesetz an das Gesetz über die berufliche Vorsorge anpassen. Die Arbeiten hätten dieser Tage begonnen.
Die Entflechtung ist bei der Publica noch nicht vollständig abgeschlossen. Das muss nun geschehen.
Die Berner Aufsichtsbehörde schaut der Publica genau auf die Finger, ob sie die Entflechtung von der Politik – wie versprochen – auf jeder Ebene angeht. «Wir werden das kontrollieren und nötigenfalls handeln», erklärt Schild.