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Ampel-System «Nutri-Score» «Das System hat sicher seine Grenzen»

Nach dem französische Konzern Danone will nun auch Nestlé beim Nutri-Score für Nährwerte mitziehen. Bis Ende Jahr ist eine fünfstufige Farbskala von dunkelgrün bis rot auf den Produkten geplant. Ernährungsexperte Michael Beer vom Bund begrüsst die zusätzliche Information für die Konsumenten.

Michael Beer

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Michael Beer ist seit 2014 Leiter der Abteilung Lebensmittel und Ernährung im Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). 2002 hatte der promovierte ETH-Lebensmittelingenieur nach Tätigkeiten in der Privatwirtschaft die Leitung der Abteilung Lebensmittelwissenschaft des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) übernommen war 2006 bis 2013 Leiter der Abteilung Lebensmittelsicherheit.

SRF News: Wie wichtig ist es, dass Nestlé bei der Nährwert-Ampel mitzieht?

Michael Beer: Es ist im Interesse des Bundes und der Konsumentenschaft, dass möglichst viele Wirtschaftsteilnehmer beim Label mitmachen und dieses auf möglichst vielen Produkten anwenden.

Was ist am Nutri-Score-System besser als etwa beim britischen Ampel-System?

Nutri-Score erfüllt die Kriterien, die wir als wichtig erachten. Es ist einfach. Die Kundschaft sieht auf einen Blick, wie das Produkt einzustufen ist. Es bietet zugleich eine Bewertung des gesamten Lebensmittels und konzentriert sich nicht bloss auf einzelne Nährstoffe. Es basiert immer auf 100 Gramm Gewicht, was den einfachen Vergleich ermöglicht.

Ist es damit nicht schon fast zu einfach?

Das System hat sicher seine Grenzen. Aber in der Einkaufssituation vor dem Regal mit 15 verschiedenen Yoghurts kann sehr einfach die Klassierung abgelesen werden. Der Konsument kann ohne weitere Zahlenvergleiche eine bewusste Wahl treffen und sich immer noch für ein Produkt mit etwas mehr oder weniger Fett oder Zucker entscheiden.

Was sagen Sie zur Kritik, die individuelle Ernährungssituation werde nicht berücksichtigt?

Das ist gar nicht das Ziel von Nutri-Score. Es gibt daneben weiterhin die Empfehlungen der Schweizer Lebensmittelpyramide, welche eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung illustriert.

Bei Frühstückscerealien etwa ist die Auswahl so gross, dass Nutri-Score die Wahl erleichtern kann.

Ist von Fertigprodukten wie etwa Fertig-Pizzen nicht per se abzuraten?

Nein, das ist nicht so. Man kann auch Fertigprodukte essen. Gemäss Lebensmittelpyramide sollte man aber nicht jeden Tag vom gleichen Produkt und auch nicht übermässig viel essen – und man sollte Früchte und Gemüse bevorzugen. Aber bei Frühstückscerealien etwa ist die Auswahl so gross, dass Nutri-Score die Wahl erleichtern kann.

Kann ich sicher sein, dass ich ein gesundes Produkt vor mir habe, wenn ich dunkelgrün auswähle?

Sie haben dann ein Produkt, dass in dieser Kategorie gut abschneidet. Es ist aber auch nicht empfehlenswert, sich nur von grünen Produkten zu ernähren. Die Lebensmittelpyramide zeigt, von was mehr oder weniger gegessen werden sollte. Es ist die Menge, die es ausmacht.

Überprüft der Bund nun, ob die Produkte mit der Farbe übereinstimmen?

Nestlé unterliegt der Selbstkontrolle. Das Lebensmittelgesetz gibt vor, dass die lebensmittelrechtlichen Bedingungen eingehalten werden müssen. Ansonsten läuft es über die kantonale Lebensmittelkontrolle, die überprüfen wird. Das gibt es aber schon bei den Bioprodukten und gewissen privaten Labels, die überprüft werden, wenn gewisse Fehler vermutet werden.

Das Gespräch führte Simon Leu.

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