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Arbeitslosenzahlen im Juni Rekordtiefe Arbeitslosigkeit und weiterhin zu wenig Personal

Die tiefe Arbeitslosigkeit wird von einem prekären Arbeitskräftemangel begleitet. Laut Seco ist keine Wende in Sicht.

Die Lage auf dem Schweizer Arbeitsmarkt ist so gut wie seit der Jahrtausendwende nicht mehr. Die Arbeitslosenquote liegt im Juni auf 1,9 Prozent. Entsprechend positiv fällt die Bilanz von Boris Zürcher aus, Leiter der Direktion für Arbeit beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).

Alle haben von der fulminanten Erholung am Arbeitsmarkt massiv profitiert.
Autor: Boris Zürcher Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), Leiter Direktion Arbeit

Alle hätten von der fulminanten Erholung profitiert, sagt Zürcher. Insbesondere auch die Langzeitarbeitslosen, also Menschen, die länger als ein Jahr ohne Arbeit sind und oft Mühe haben, wieder eine Stelle zu finden. Die Erholung setzte nach der Pandemie ein und hält bis heute an. Nach wie vor suchen viele Unternehmen Fachkräfte.

Volle Auftragsbücher – zu wenig Personal

Das bestätigt auch eine aktuelle Studie der Universität Zürich und des Personalvermittlers Adecco, welche die offenen Stellen der Schweizer Unternehmen analysierte. Laut Autor Yanik Kipfer suchen vor allem Industrieunternehmen und Baufirmen Fachpersonal.

Pendler.
Legende: Ende Juni 2023 waren bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) 85'099 Menschen als arbeitslos gemeldet. Das waren 2977 weniger als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote blieb damit im Juni unverändert bei 1,9 Prozent. Keystone/Christian Beutler

Die Auftragsbücher waren in beiden Branchen in den letzten zwei Jahren gut gefüllt. Das verarbeitende Gewerbe suchte ständig Personal, auch weil im demografischen Wandel mehr Alte ausscheiden als Junge dazukommen. Daran dürfte sich so rasch nichts ändern.

Corona-Boom in der IT-Branche flaut ab

Etwas anders sieht es in der Informatikbranche aus, die in der Vergangenheit geradezu verzweifelt nach Spezialistinnen und Spezialisten suchte. Doch inzwischen hat der Wind laut Kipfer gedreht: «Die Tech-Branche und IT-Berufe haben vor allem durch die Corona-Pandemie profitiert. Denn sie löste einen Digitalisierungsschub in Unternehmen und in der Gesellschaft aus.»

Dieser Corona-Boom klinge jetzt ab. Zugleich zeige sich, dass die Tech-Branche mit den steigenden Zinsen zu kämpfen hat und deshalb nicht mehr so viel Stellen schaffe wie noch in der Vergangenheit.

Es ist nicht mehr nur ein Fachkräfte- sondern ein verbreiteter allgemeiner Arbeitskräftemangel, mit dem viele Unternehmen kämpfen.
Autor: Boris Zürcher Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), Leiter Direktion Arbeit

Trotz der rekordtiefen Arbeitslosigkeit fehlt in vielen Branchen gutes Personal. Seco-Direktor Zürcher spricht inzwischen von einem strukturellen Problem: «Es ist längst nicht mehr nur ein Fachkräfte-, sondern ein verbreiteter allgemeiner Arbeitskräftemangel, mit dem viele Unternehmen kämpfen.»

Der Bund geht davon aus, dass die Arbeitslosigkeit nicht sprunghaft ansteigen wird, selbst wenn sich die wirtschaftliche Lage in Europa oder der Schweiz verschlechtern sollte. Vielmehr wird mit einer weiterhin tiefen Quote gerechnet, die allenfalls gegen das Jahresende leicht ansteigen könnte.

Rendez-vous, 07.07.2023, 12:30 Uhr

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