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Mutmassliche «Nazi-Konten»: CS im Fokus
Aus Rendez-vous vom 19.04.2023. Bild: KEYSTONE/Michael Buholzer
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Argentinien «Nazi-Konten»: US-Senatsausschuss stellt CS-Untersuchung in Frage

Die Credit Suisse sieht Vorwürfe zu «Nazi-Konten» in Argentinien nicht bestätigt. Scharfe Kritik kommt aus dem US-Senat.

Die Credit Suisse hat eine von ihr in Auftrag gegebene, zweijährige Untersuchung zu möglichen Vermögenswerten in Argentinien von Holocaust-Opfern auf Konten der Vorgängerbank Schweizerische Kreditanstalt (SKA) zum Abschluss gebracht. Die Vorwürfe des Simon Wiesenthal Centers (SWC) hätten sich in dieser umfassenden Untersuchung nicht bestätigt, teilte die Bank am Dienstagabend mit.

Der Haushaltsausschuss des US-Senats kritisierte die CS-Untersuchung umgehend. Die Bank habe die Untersuchung behindert, nicht umfassend genug und nicht alle relevanten Daten aus den Jahren zwischen 1933 und 1945 sowie danach analysiert. Unter anderem seien Daten aus Bolivien oder von Nazi-Erben nicht berücksichtigt worden. Zudem sei eine wichtige Person im Zuge der Untersuchungen unerklärlicherweise entlassen worden.

US-Ausschuss: «Nazi-Konten» teils bis 2020 geführt

Der Senatsausschuss führt in den Ausführungen eigene Studien an, die zwar unvollständig seien, und dennoch beinahe 100 Konten mit Nazi-Bezug offenlegten. Einige davon seien von der CS noch bis in die jüngste Zeit geführt worden.

SKA
Legende: Hauptsitz der Schweizerischen Kreditanstalt SKA am Paradeplatz in Zürich um ca. 1950. Keystone/Photopress-Archiv/STR

In Argentinien war vor Jahren eine Liste von Mitgliedern der Unión Alemana de Gremios (UAG), eine Organisation mit Verbindungen zu Nazi-Deutschland, aufgetaucht. Die Liste umfasste rund 12'000 Personen, offenbar auch mit Kontoverbindungen in die Schweiz. Argentinien galt nach dem Zweiten Weltkrieg als Zufluchtsort für Mitglieder des Nazi-Regimes.

Holocaust-Vergleich der Grossbanken von 1999

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Die Credit Suisse hatte bereits im Jahr 1999 einen weltweit geltenden Vergleich zu Holocaust-Vermögen abgeschlossen. Zwischen 1997 und 1999 hatte eine Expertenkommission unter Leitung des früheren US-Notenbank-Chefs Paul Volcker die Geschäfte der SKA und weiterer rund 60 Schweizer Banken unter die Lupe genommen. Dabei ging es darum, Konten von Personen zu finden, die mutmasslichen Holocaust-Opfern gehörten.

Das renommierte jüdische Simon Wiesenthal Center in Los Angeles bat im März 2020 die Credit Suisse, die Liste und den Fall zu untersuchen. Die Organisation vermutete, dass zahlreiche Personen auf der Liste auch Konten bei der Kreditanstalt hatten – mit Vermögen von Holocaust-Opfern.

CS: Annahmen von SWC nicht bestätigt

Laut der CS hat die von AlixPartners durchgeführte Untersuchung keine Beweise zu den vom Simon Wiesenthal Center vorgebrachten Behauptungen geliefert, wonach «viele» der UAG-Mitglieder oder sonstige nach Argentinien geflüchteten Nazis von 1933 bis 1945 Konten bei der SKA gehabt hätten. Zudem hätten acht seit langem geschlossene Konten, die aus dieser Zeit identifiziert werden konnten, keine Vermögen von Holocaust-Opfern enthalten.

AlixPartners habe darüber hinaus auch eine Liste von 311 hochrangigen Nazis untersucht, die das Simon Wiesenthal Center vor 25 Jahren an die Schweiz übermittelt hatte. Die vertiefte Analyse der bereits in den 1990er-Jahren durchgeführten Untersuchungen seien darin im Wesentlichen bestätigt worden, so die CS.

Einschätzung von SRF-Wirtschaftsredaktor Jan Baumann

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«Die Listen mit Tausenden von Nazis in Argentinien, welche das Simon Wiesenthal Center an die CS weiterleitete, waren nicht neu. Die Forschung hat sich damit bereits eingehend befasst. Wie wahrscheinlich die neuen Vorwürfe des US-Senatsausschusses sind, ist schwer abschätzbar. Es braucht sicher zusätzliche Abklärungen. Das bestreitet auch die Credit Suisse nicht grundsätzlich; sie will mit dem Senatskomitee kooperieren und der Sache weiter nachgehen.

Dass die Vorwürfe gerade jetzt aufkommen, wo die CS derart im Gegenwind steht, hat hauptsächlich mit Unstimmigkeiten zwischen der Bank und dem amerikanischen Rechtsexperten Neil Barofsky zu tun. Er war in die CS-Nachforschungen involviert und hat mitkontrolliert. 2022 beendete die CS die Zusammenarbeit mit ihm. Nun greift der Senatsausschuss die Kritik von Barofsky auf. Grundsätzlich geht es nun darum, die historischen Fakten weiter gründlich abzuklären und zu diskutieren, unabhängig von politischen Nebengeräuschen.»

Rendez-vous, 19.04.2023, 12:30 Uhr;

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