Nokia? War das finnische Unternehmen nicht einst Weltmarktführer in der Herstellung von Mobiltelefonen? Doch. Inzwischen verdient der Konzern aber hauptsächlich als Netzwerk-Ausrüster sein Geld. Nokia investiert Milliarden in den Ausbau des neuen Mobilfunkstandards 5G und mischt damit im globalen Rennen um die Mobilfunk-Revolution mit. Wer als Land hier die Nase vorn hat, wird in der Digitalwirtschaft tonangebend sein.
Das ist laut Risto Siilasmaa, Verwaltungsratspräsident von Nokia, nicht zwingend Europa. Der Spitzenmanager weilte während einer Tagung in der Schweiz. «China erarbeitet sich zur Zeit einen Vorteil», so Siilasmaa gegenüber der Tagesschau von Schweizer Radio und Fernsehen.
SRF News: Produziert Nokia noch Mobiltelefone?
Risto Siilasmaa: Nokia hat die Mobiltelefon-Sparte an Microsoft verkauft. Diese wurde dann an eine andere Firma weiterverkauft, welche von Nokia mit aufgebaut wurde. Diese Firma hält die Lizenz an der Marke Nokia. Wir verdienen an jedem Nokia-Telefon, das verkauft wird. Es ist aber nicht mehr direkt unser Geschäft.
Wenn es nicht mehr Mobiltelefone sind, was ist dann Ihr Kerngeschäft?
Von den zwei Kerngeschäften der Neunzigerjahre, Mobiltelefone und Netzwerke, ist die Netzwerk-Sparte jetzt unser Kerngeschäft. Wir sind weltweit das einzige Unternehmen, welches ein globales ganzheitliches Betreiber-Netzwerk anbieten kann.
Wird Nokia als Unternehmen wieder so gross, wie es aus Sicht der Konsumenten einst war?
In den Köpfen der Leute ist Nokia vor allem als ein Unternehmen der Unterhaltungselektronik präsent. Wir hoffen, dass Nokia-Mobiltelefone auch in Zukunft gefragt bleiben und Nokia als Marke sichtbar bleibt. Wir spielen immer noch eine entscheidende Rolle in der globalen Kommunikationsinfrastruktur. Jedes Mal, wenn sich jemand mit dem Internet verbindet, eine Email oder SMS versendet, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Software und Geräte von Nokia involviert sind. Die früheren Erfolge wollen wir nun im Netzwerk-Bereich feiern.
Kürzlich bekamen Sie von der EU einen Kredit über 500 Millionen Euro zugesprochen, um in die Entwicklung des 5G-Standards zu investieren. Wie viel Entwicklung ist noch nötig?
Die Mobilfunk-Generationen – 3G, 4G, 5G – haben alle eine lange Lebensdauer. Wir werden auch 2025 noch 4G-Komponenten, respektive 5G-Komponenten in 2035, verkaufen. Daher wird noch viele Jahre in Forschung und Entwicklung für 5G investiert werden.
Wie können wir – Konsumenten und Unternehmen – von der 5G-Technologie profitieren?
Die 5G-Technologie orientiert sich nicht in erster Linie am Verbraucher, sondern ist vor allem für Unternehmen notwendig. Denken Sie an autonome Roboter, welche sich frei bewegen und kabellos untereinander kommunizieren können. Diese Kommunikation muss sich auf ein stabiles Netz mit hohen Bandbreiten stützen können. 4G kann diese Stabilität nicht gewährleisten. 5G kann das.
Wie weit ist China, wenn es um die Entwicklung von 5G geht?
China ist heutzutage führend in mehreren Technologie-Sektoren. Bei der Entwicklung von 5G haben die USA die Nase vorn. China wird hier aber schnell nachziehen. Europa ist etwas langsamer unterwegs, was nicht sehr positiv ist. Europa sollte China im Auge behalten und sich sputen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten.
Wie kritisch stufen Sie die Position Europas ein?
Für die Industrie kann 5G einen grossen Produktivitätssprung bringen. Wenn Europa hier nicht genügend investiert, werden die Negativeffekte auf die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Industrie-Unternehmen substanziell sein.
Das Gespräch führte Stefanie Pauli.