Zum Inhalt springen

Automobilindustrie Schweizer Autozulieferer leiden – nicht nur wegen Corona

Die Pandemie hat auch die Autozulieferer getroffen. Und das mitten im Wandel zu E-Autos und anderen Antriebsmodellen.

2020 war kein gutes Jahr für die Automobilbranche. Wegen der Pandemie und Lieferengpässen gingen die Autoverkäufe deutlich zurück. Das hat auch die Schweizer Zulieferfirmen getroffen. Einige dieser Unternehmen haben die letzten Tage ihre Geschäftsabschlüsse präsentiert und geben sich zuversichtlich, dass sich der Markt wieder erholt.

Allein in Europa wurde 2020 rund ein Viertel weniger neue Autos zugelassen. Die Entwicklung letzten Monate allerdings stimmen Auto-Zulieferer wie Georg Fischer, Autoneum oder Feintool wieder zuversichtlicher. Das haben sie diese Woche bei der Präsentation ihrer Geschäftszahlen verkündet.

Erholung in USA und Europa langsamer

Die Lage habe sich tatsächlich entspannt, sagt Anja Schulze, Leiterin des Swiss Center of Automotive Research der Universität Zürich. Die Erholung sei aber nicht überall gleich zu spüren.

«Es ist abhängig davon, in welche Märkte die Firmen liefern. China hat viel schneller wieder angezogen als die Lieferketten in Europa oder Nordamerika», sagt Schulze. Und wo sich die Wirtschaft erhole, gebe es auch Personen und Unternehmen, die wieder Autos kaufen.

Auch die Maschinenbauer sind verunsichert

Allerdings bleibe eine Verunsicherung spürbar, sagt Armin Rechberger, der als Analyst für die Zürcher Kantonalbank die Branche beobachtet. Zum Beispiel bei jenen, die Maschinen für die Industrie bauen: «Die Zulieferer für die Automobilindustrie, welche diese Maschinen brauchen, um ihre Teile herzustellen, sind sehr zurückhaltend und verunsichert.» Auch weil nicht ganz klar sei, wohin die Reise gehe und die Elektrifizierung rascher vorangehe.

Die Elektrifizierung läuft rascher ab als ursprünglich erwartet.
Autor: Armin Rechberger Analyst, Zürcher Kantonalbank

Denn das Auto mit Verbrennungsmotor ist ein Auslaufmodell – nicht erst seit Corona. Die Zukunft gehört früher oder später Fahrzeugen mit alternativen Antrieben.

Noch 200 statt über 1000 Teile

Das habe für die Konzerne unterschiedliche Konsequenzen, so Rechberger. So gebe es Gewinner dieses Wandels, zum Beispiel ein Unternehmen, das anstatt pneumatische jetzt elektrische Bremsen für Autos herstelle: «Diese braucht es, wenn kein Verbrennungsmotor mehr brummt, sondern ein Elektromotor. Darum erwarte ich für diesen Bereich etwa beim SFS-Konzern ein recht grosses Wachstum.»

Schwieriger hätten es aber Unternehmen, die Maschinen oder Bauteile herstellen oder diese veredelten, sagt Rechberger: «Müssen bei einem Verbrennungsmotor über 1000 Teile bearbeitet werden, sind es bei einem Elektromotor noch um die 200. Da entstehen Unsicherheiten.»

Ohne Verbrennungsmotor brauche ein Auto auch weniger Wärmedämmung unter der Motorhaube. Autozulieferer, die sich auf Dämmungen spezialisiert haben, müssten flexibel sein und ihren Fokus zum Beispiel auf Schalldämmungen ausrichten.

Neue Ideen für die «Computer auf Rädern»

Diese Flexibilität sei entscheidend, bestätigt Mobilitätsspezialistin Schulze. Bisher hätten die Unternehmen von Fachwissen und Innovationen rund um Werkstoffe profitiert und sich gegen die Konkurrenz aus dem Ausland behaupten können.

Bisher haben die Firmen von Fachwissen und Innovationen rund um Werkstoffe profitiert.
Autor: Anja Schulze Leiterin Swiss Center of Automotive Research, Universität Zürich

Die Frage stelle sich nun erneut, wenn Fahrzeuge immer mehr zu «Computern auf Rädern» würden. Auch das digitalste Auto brauche weiterhin physische Teile wie eine Carrosserie, Räder oder Sitze, betont Schulze: «Die Integration von Software und digitalen Teilen mit physischen Teilen muss stattfinden. Dann wird es spannend und dann hat man auch gute Chancen.»

Echo der Zeit, 05.03.2221, 18:00 Uhr

Meistgelesene Artikel