Eine kürzlich gemachte Umfrage bei Banken besagt, dass die Finanzinstitute weniger optimistisch in die Zukunft blicken als auch schon. Warum?
Europa ist für uns ein zentraler Markt, doch der Kontinent leidet, wirtschaftlich wie auch politisch. Der anstehende Brexit birgt erhebliche Unsicherheiten, und es stehen wichtige Wahlen an, welche die Europäische Union schwächen könnten. Die Konkurrenzfähigkeit der Euro-Länder im Süden leidet aufgrund des für sie starken Euros. Auch in der Schweiz ringen einzelne Privatbanken in der Schweiz weiter ums Überleben, rund ein Drittel der von uns untersuchten Institute arbeitet nicht profitabel. Die Auswirkungen der Regulierungen, aber auch veränderte Geschäftsmodelle und Kundenbedürfnisse bereiten insbesondere kleinen Banken erhebliche Probleme . Von daher äussern sich die Banken vorsichtig zur Zukunft.
Haben die Schweizer Banken in Sachen Weissgeld ihre Hausaufgaben gemacht?
Punkto Steuertransparenz stelle ich den Finanzinstituten ein gutes Zeugnis aus. Beim Automatischen Informationsaustausch, dem AIA, haben Banken und Versicherungen den ersten Schritt umgesetzt. Die Neukundeneröffnung entspricht dem neuen internationalen Standard.
Die Banken sind dort transparent, wo sie müssen, vor allem innerhalb der OECD-Staaten, aber bei Schwellen- oder Drittweltstaaten sieht es anders aus, nicht?
Es gibt Länder, die den AIA noch nicht ratifiziert haben und daher keine Daten austauschen müssen. Das kann bedeuten, dass Bankkunden aus diesen Ländern noch nicht steuerkonform sind. Wir sehen jedoch sehr viele Institute, die sich einer umfassenden Weissgeldstrategie verschreiben und keine unversteuerten Gelder annehmen – egal, ob diese dem AIA unterliegen oder nicht.
Wenn Sie in die Bücher dieser Banken schauen und Unregelmässigkeiten entdecken, beispielsweise in Bezug auf mögliches afrikanisches Schwarzgeld, was machen Sie dann?
Wir prüfen zunächst die Bücher aus finanzieller Perspektive und schauen, ob alles korrekt abgehandelt ist. Wir untersuchen aber auch nicht-finanzielle Bereiche, wie etwa die Einhaltung der Geldwäschereivorschriften – hier sprechen wir von der regulatorischen Prüfung. Ergeben sich dabei Hinweise, dass es Gelder kriminellen Ursprungs sein könnten, ist die Bank anzeigepflichtig. Gesetzesverstösse müssen wir in unserem Bericht an die Finma mindestens beanstanden. In sehr schweren Fällen haben wir sogar eine unmittelbare Meldepflicht.
Haben Wirtschaftsprüfer diesbezüglich nicht immer mehr Klagen am Hals?
Nein, wir haben da keine zusätzlichen Klagen. Jedoch sind die Anforderungen und Erwartungen an den Prüfer sowohl von Seiten der Finma wie auch der Öffentlichkeit gestiegen. Wir müssen effektiv immer mehr Themen abdecken. Wegen der zunehmenden Grösse und Komplexität – insbesondere bei global tätigen Konzernen – ist die Herausforderung enorm. Heute können wir zwar mit hilfreichen digitalen Analyse-Instrumenten riesige Datenmengen durchleuchten und Ausreisser identifizieren. Aber das ist noch lange kein Garant, dass wir alles sehen. Eine Buchprüfung ist keine forensische Aufgabe.
Das Schwarzgeld, das früher bei Schweizer Banken lag, hat sich teilweise auf andere Player verschoben. Wissen Sie, auf welche?
Wir können diese Vermutung nicht bestätigen, zumindest innerhalb der Schweiz gibt es keine Verschiebung. Es gibt aber wie gesagt Länder, die bis heute den AIA nicht ratifiziert haben. Das sind dann meist Länder ausserhalb Europas.
Etwa die USA?
Guter Punkt. Wenn Sie wirklich Geld verstecken wollen, dann tun Sie das momentan in den USA, zum Beispiel im Bundesstaat Delaware. Wir staunen schon, wie ein Land zuerst Druck machen kann bezüglich des Schwarzgeldes und dann aber selbst seine Nischen behält. Die USA sind eines jener Länder, welches den AIA nicht umsetzt. Es finden zwar im Rahmen von Fatca Meldungen in die USA statt, bislang jedoch nicht aus den USA heraus.
Wenn Sie wirklich Geld verstecken wollen, dann tun Sie das momentan in den USA.
Die Banken in den USA gelten mittlerweile als ziemlich sicher bezüglich der Risikoabsicherung. Wie sieht es bei den Schweizer Banken aus?
Punkto Eigenkapitalquote sind die Schweizer Banken – von einzelnen Ausnahmefällen abgesehen – relativ gut aufgestellt. Nicht zuletzt ist auch das politische Umfeld stabil. Die Schweizer Banken sind heute einem geringen Risiko ausgesetzt.
Von welchen Ausnahmefällen sprechen Sie?
Das kann ich Ihnen nicht sagen.
Die europäischen Finanzinstitute müssen uns mehr Sorgen machen?
Die EU-Banken sind aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit und der wirtschaftlichen Entwicklung in einigen EU-Staaten tatsächlich mit erheblich grösseren Herausforderungen konfrontiert. Entsprechend greifen verschiedene Staaten wie etwa Italien einzelnen Instituten oder gar der ganzen Branche unter die Arme.
Muss uns das beunruhigen, in Bezug auf die Kettenreaktion, die so eine Bankenpleite auslösen kann?
Ich glaube nicht, die Probleme sind ja bekannt und werden diskutiert. Wir wissen heute – im Gegensatz zur Finanzkrise 2008 – welche Verbesserungen bei welchem Institut angegangen werden müssen. Darüber hinaus bezweifle ich, dass es sich die europäische Politik leisten kann, eine solche Kettenreaktion tatenlos hinzunehmen.
Das Gespräch führte Christa Gall.