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Basler Pharmamultis brezeln sich auf
Aus ECO vom 03.06.2019.
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Bereinigte Gewinne Wie sich Unternehmen schön machen

Unternehmen betreiben unter steigendem Konkurrenzdruck vermehrt Finanzmarketing – auch Roche und Novartis.

Der Trend vieler grosser, börsenkotierter Unternehmen: die Geschäftszahlen verschönern. Das tun insbesondere Schweizer Pharmakonzerne. «ECO» hat die Zahlen erstmals ausgewertet.

Der Gewinn von Roche nach IFRS, den International Financial Reporting Standards, hat von 2010 um 22 Prozent zugenommen. Der um Sonderfaktoren bereinigte Gewinn, stieg deutlich stärker: um 43 Prozent. Roche bereinigt das Jahresergebnis bei Abschreibungen und Wertminderungen auf immateriellem Anlagevermögen wie beispielsweise Marken oder Patenten.

Zu hinterfragende Sonderfaktoren

Schön gerechnet wird auch der Bereich «weltweite Restruktierung» – im Schnitt eine Milliarde Franken jährlich. Der Finanzexperte und Aktienspezialist Karl-Heinz Thielmann sagt dazu: «Eine Restrukturierung ist eine einmalige Sache und kann sich nicht jedes Jahr wiederholen. Und wenn sie sich wiederholt, sind das eigentlich Betriebskosten, die dem ordentlichen Ergebnis zuzurechnen sind».

Bereinigter Konzerngewinn Roche 2010 - 2018
Legende: Bereinigter Konzerngewinn Roche 2010 - 2018 SRF

Roche schreibt: (...) Angepasste Ergebnisse haben sich in der Pharma-Industrie zu einem «Standard» entwickelt, und dieser Praxis können wir uns nicht entziehen. Es wäre (...) überhaupt nicht hilfreich, wenn Roche auf eine in der Industrie gängige Praxis verzichten und damit die Möglichkeit eines Vergleichs mit den angepassten Resultaten anderer Pharma-Firmen nicht unterstützen würde».

Fast immer besser, kaum je schlechter

Sondereffekte zu bereinigen, die eine Jahresrechnung stark verzerren würden, sei zwar sinnvoll, sagt Peter Leibfried, Professor für Rechnungslegung und Revision an der Universität St. Gallen. Doch in der Praxis zeige sich ein eindeutiges Verhalten: «Wir haben festgestellt, dass praktisch alle Bereinigungen nach oben gehen. Es ist ganz selten, dass sich Unternehmen mit diesen alternativen Kennzahlen schlechter rechnen. Der Hintergrund ist sicherlich ein gewisser Wettbewerb zwischen den Unternehmen.»

Wenn aus einem Verlust ein Gewinn wird

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Der irisch-schweizerische Backwarenkonzern Aryzta hatte auf Ende des ersten Semesters im Geschäftsjahr 2017 / 2018 nicht nur den Gewinn, sondern die ganze Erfolgsrechnung bereinigt. Nach internationalen Standards der Rechnungslegung resultierte unter dem Strich ein Verlust von 139 Millionen Euro. Nach Darstellung des Konzerns war aber «eigentlich» ein Gewinn von 109 Millionen erwirtschaftet worden. Herausgerechnet wurden dabei Kosten von 183 Millionen, die bei der vorzeitigen Rückzahlung privat gehaltener Schulden entstanden waren – ein Aufwand im Zusammenhang mit der Finanzierung des Konzerns, der «eigentlich» zum normalen Geschäft gehörte.

Um drei Milliarden besser dastehen

Auch Novartis will sich von der besten Seite zeigen: Der Gewinn nach IFRS ist seit 2010 um 18 Prozent gesunken. Der bereinigte Gewinn bloss um 1 Prozent. Am meisten bereinigt Novartis Abschreibungen auf immateriellem Anlagevermögen wie etwa dem Wert von Markennamen. Im Schnitt sind das drei Milliarden Dollar pro Jahr.

Man halte alle Börsen-Vorschriften ein, schreibt Novartis. Und weiter: «In unserem Geschäftsbericht (...) legen wir unsere Anpassungen zur Berechnung der alternativen Leistungskennzahl «Kernergebnis» klar fest, wenden diese konsequent an und legen die Überleitung unserer IFRS-Ergebnisse zu unseren Kernergebnissen transparent offen.»

Bereinigter Konzerngewinn Novartis 2010 - 2018
Legende: Bereinigter Konzerngewinn Novartis 2010 - 2018 SRF

Peter Leibfried sagt dazu: « Die normale Jahresrechnung unterliegt relativ strengen Regelungen, die wird auch von der Revisionsstelle geprüft. Die bereinigten Zahlen sind Finanzkommunikation. Dann sind wir eigentlich im Bereich des Marketing».

Kleine Schritte in Richtung mehr Transparenz

Die Schweizer Börse SIX hat ab 2019 neue Richtlinien in Kraft gesetzt, was bereinigte Kennzahlen oder so genannte alternative Performance-Kennzahlen betrifft. Mediensprecher Julian Chan sagt: «Bei der Richtlinie geht es im Kern nicht um ein Verbot von alternativen Performance-Kennzahlen, sondern um eine gewisse Mindest-Transparenz. Der Leser der Finanzberichterstattung sollte die Bereinigungen der Ergebnisse verstehen und sich selber ein Urteil bilden können, ob er diese für angemessen hält oder nicht.»

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