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Bleiben oder gehen Schweizer Firmen im Iran-Dilemma

Viele Firmen ziehen sich nach Ende des Atom-Deals aus dem Iran zurück. Für die bleibenden wird es nicht leichter.

Der wirtschaftliche Nachholbedarf im Iran ist gewaltig. Über Jahre konnten wichtige Investitionen nicht getätigt werden, einerseits weil wichtige internationale Devisen fehlten, andererseits verhinderten Wirtschaftssanktionen Geschäftsbeziehungen mit europäischen Firmen. Nach der Unterzeichnung des Atom-Abkommens waren die Hoffnungen gross, diesen Markt neu zu erschliessen. Gerade für die Schweizer Textilmaschinenindustrie war der Iran, vor der Islamischen Revolution, ein enorm wichtiger Markt.

Rückzug oder Marktausschluss

Nach dem einseitigen Austritt der USA aus dem Vertrag und der Ankündigung von US-Präsident Trump, die härtesten Sanktionen gegen den Iran ergreifen zu wollen, hat sich die Stimmung geändert. Obwohl die Textilmaschinen-Produzenten in der Schweiz nicht Stellung nehmen wollen, ist hinter vorgehaltener Hand zu vernehmen, dass man sich aus dem Iran zurückziehen will. «Die USA haben die Möglichkeit, ein Schweizer Unternehmen mit Sanktionen dazu zu zwingen, entweder in den Iran oder in die USA zu liefern. Und dann ist die Frage des Unternehmens: Wo habe ich einen besseren Marktzugang, was ist für mich interessanter?», sagt Ernesto Maurer, Präsident des Textilmaschinen-Verbands.

Einen Ausschluss aus dem amerikanischen Markt wäre für viele der betroffenen Firmen katastrophal. Davon ist auch Daniel Meier, Geschäftsführer der NZ Group und Berater von Schweizer Unternehmen in Iran-Fragen, überzeugt: «Dieses negative Ergebnis auf den Ertrag einer Firma ist natürlich viel grösser als das kleine Plus, das man momentan im Iran machen könnte.»

Ausnahmen sind nicht vom US-Geschäft abhängig

Eine Ausnahme ist die Firma Bartholet. Sie realisiert derzeit ein Seilbahnprojekt auf der iranischen Ferieninsel Kisch. «Iran ist ein Partner. Bei den USA haben wir uns vor Jahren schon entschieden, dass wir bis dato nicht eintreten», sagt der Vizepräsident des Verwaltungsrats, Thomas Spiegelberg. Von den USA sei Bartholet völlig unabhängig, somit habe die USA auch keine Möglichkeit, die Firma zu sanktionieren.

Trotzdem ist die Situation für das Unternehmen bereits jetzt schwierig. Denn obwohl viele der Sanktionen nach dem Atom-Abkommen ausgesetzt wurden, blieb der Druck auf international tätige Banken hinter den Kulissen gross. So sei ein normaler Zahlungsverkehr mit dem Iran über die Schweizer Hausbank nicht möglich gewesen. Zu groß sei der Respekt der Banken gewesen, den Marktzugang zu den USA zu verlieren, vermutet Daniel Meier. Dies, obwohl man sich juristisch korrekt verhalten hätte.

Das spürt auch Seilbahnbauer Bartholet. Der Zahlungsverkehr könne nicht direkt über Schweizer Banken abgewickelt werden. Das überrascht Thomas Spiegelberg nicht: «Mit den auferlegten Sanktionen ist es eigentlich nichts Neues.» Mit kleineren europäischen Banken sei die Abwicklung von Zahlungen allerdings legal und geregelt möglich gewesen. Mit welchen Banken genau, will man bei Bartholet nicht sagen. Daniel Meier weiss, wie Schweizer Firmen vorgegangen sind: «Die haben natürlich über zwei oder drei Ecken in Europa, über deutsche Banken, liechtensteinische Banken, haben die Verträge gemacht und konnten so den Zahlungsverkehr abwickeln.»

Am Zahlungsverkehr hat sich auch für Bartholet noch nichts geändert. Dennoch: Die Unsicherheit bei den iranischen Kunden sei spürbar. Thomas Spiegelberg blickt trotz allem zuversichtlich in die Zukunft. Er würde den Auftrag aus dem Iran jederzeit wieder annehmen.

Sanktionen gegen iranischen Zentralbankchef

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Eine Woche nach der Aufkündigung des Atomabkommens hat die US-Regierung wegen Unterstützung von Terrorismus neue Sanktionen gegen den Iran verhängt. Davon betroffen ist auch der Chef der Zentralbank.

Es sei «abscheulich, aber nicht überraschend», wie selbst der ranghöchste Banker des Landes geholfen habe, Zahlungen von Millionen Dollar an terroristische Gruppen zu ermöglichen, erklärte US-Finanzminister Steven Mnuchin. Zentralbankchef Valiollah Seif soll der Eliteeinheit der Revolutionsgarden (Al-Kuds-Brigaden) geholfen haben, Gelder an die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah zu transferieren.

Die iranische Zentralbank selbst wurde zunächst nicht mit Strafmassnahmen belegt. Die durch das Atomabkommen ausgesetzten Sanktionen gegen die Zentralbank sollen aber noch vor Jahresende wieder eingeführt werden.

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