«Wir bauen Autos, die keiner braucht, aber jeder haben will», sagte Porsche Gründer Ferdinand Porsche dereinst. Das gilt ab sofort nicht nur für die Fahrzeuge des Stuttgarter Sportwagenherstellers. Auch die Porsche-Aktien waren beim Börsengang am Donnerstagmorgen sehr gefragt. 75 Milliarden Euro betrug der Börsenwert der Marke zu Handelsbeginn. Das macht Porsche zum wertvollsten Autohersteller Europas und katapultiert ihn auch im globalen Ranking weit nach vorne.
Geld ja, Mitsprache nein
Der Schritt von Porsche kann durchaus als mutig bezeichnet werden. Rekordhohe Inflationsraten, steigende Zinsen und eine Energiekrise in Europa – kein ideales Umfeld für einen Börsengang. Dass dieser trotz der gegenwärtigen Umstände gelingt, zeigt, wie attraktiv die Marke für Investoren ist. Investoren, denen auf dem Aktienmarkt allerdings nur stimmrechtslose Vorzugsaktien angeboten wurden. Übersetzt heisst das: Zwar ist das Geld der neuen Porsche-Aktionäre sehr willkommen, mitreden dürfen sie allerdings nicht.
Das bleibt künftig den Familien Porsche und Piëch vorbehalten. Ihnen gehört die Porsche Holding, ihrerseits Mehrheitsaktionärin des VW-Konzerns, die neu gut 25 % der stimmberechtigten Stammaktien an der Marke, der Porsche AG, übernimmt. Damit kann sie bei wichtigen Entscheidungen rund um den Sportwagenbauer nun direkt mitreden und notfalls auch Entscheidungen im Porsche-Interesse durchboxen.
Mehr Familie, weniger VW
Für Stefan Reindl, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft, gehört das dazu: «Der Börsengang dient der Kapitalbeschaffung. Damit verbunden sind einige Verschiebungen im Hinblick auf die Beteiligungen und auch auf das Stimmrecht. Das muss man hinnehmen.» Der steigende Einfluss der Porsche Holding rund um die Familien Porsche und Piëch als sogenannte Ankeraktionäre würde dem komplizierten Gesamtkonstrukt auch mehr Stabilität geben.
Mit dem Börsengang verbunden sind einige Verschiebungen bei Beteiligungen und Stimmrecht. Das muss man hinnehmen.
Und mehr unternehmerische Freiheiten bringen. In Form von Unabhängigkeit vom grossen VW-Konzern. Die Marke Porsche soll flexibler und eigenständiger agieren können, gerade im Hinblick auf Themen wie Digitalisierung oder Elektromobilität, so die Storyline aus Stuttgart.
Unabhängigkeit hier, Interessenskonflikte da
Doch die schöne Geschichte von der Unabhängigkeit hat Makel: Porsche-CEO Oliver Blume ist seit Anfang September auch Konzernchef von VW und führt beide Unternehmen in Personalunion. Und Finanzvorstand Lutz Meschke sitzt auch noch im Vorstand der Porsche Holding, der erwähnten Grossaktionärin des VW-Konzerns. Für einige Branchenexperten verletzt das klar die Regeln guter Unternehmensführung: Insbesondere die Ernennung von Blume sei «eine Bankrotterklärung an die Personalpolitik des Aufsichtsrats» gewesen, sagte Manuel Theisen, emeritierter BWL-Professor an der Universität in München jüngst.
Den Investoren scheint das egal zu sein. Der VW-Konzern hat in der Vergangenheit für einige Negativschlagzeilen gesorgt. Porsche war hingegen ein steter Gewinnlieferant und hochprofitabel. Für 2022 rechnet das Management mit einem Umsatz von knapp 40 Milliarden Euro. Denn für viele baut Porsche nicht nur einfach schnelle Autos. Die Marke ist vielmehr ein Mythos. Ein Mythos, von dem man gerne ein Stück abbekommt.