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Börsengang in New York Der Schweizer Sportschuhhersteller On greift nach den Sternen

Das Unternehmen sucht an der Börse Kapital für weiteres Wachstum. Besonders profitabel ist es dabei noch nicht.

Elf Jahre ist es her, seit Olivier Bernhard, David Allemann und Caspar Coppetti unter dem Namen On ihr eigenes Start-up lancierten. Viele verkaufte Sportschuhe später wagt das mittlerweile 800 Mitarbeiter grosse Schweizer Unternehmen an der New Yorker Börse den nächsten Schritt – nicht zuletzt dank geschicktem Marketing und der Anbindung von Investoren-Prominenz wie Roger Federer. Die «Bilanz» attestierte On kürzlich eine erwartete Bewertung von sechs bis acht Milliarden Dollar. US-Medien schätzten den Wert immerhin auf vier bis sechs Milliarden. Alles Roger also?

Seltener Blick ins Innere

Der Börsengang zwingt On, potenziellen Investoren Einblick in die Geschäftszahlen zu geben. Das ist Neuland für den Sportartikelhersteller, war er in der Vergangenheit doch sehr zurückhaltend mit Informationen zum Geschäftsgang. Der Börsenprospekt zeigt, dass das Unternehmen trotz rasantem Wachstum noch nicht sonderlich profitabel ist.

Von 2019 bis 2020 stieg der Umsatz zwar um mehr als 60 Prozent. Dem gegenüber stand aber ein Verlust, der von 1.5 auf über 27 Millionen Dollar anwuchs. Dass dies auch künftig noch so bleiben könnte, darauf weist On in seinem Prospekt hin: «Wir haben in der Vergangenheit Verluste eingefahren und könnten das auch in Zukunft tun.»

Dahinter steckt natürlich die Absicht, sich gegenüber Investoren rechtlich abzusichern. Dennoch zeigt sich auch der Modus Operandi von On: Grosse Teile des erwirtschafteten Kapitals sollen für Wachstum reinvestiert werden, während die Umsatzsteigerungen möglicherweise noch nicht ausreichen, um die gestiegenen Betriebskosten vollständig abzufedern.

Marketingtechnisches Feuerwerk

Die Corona-Pandemie hat dem Geschäft im letzten Halbjahr aber kräftig Auftrieb verliehen. Social Distancing brachte mehr Menschen dazu, sich die Laufschuhe für eine Runde durch den Wald zu schnüren. In Sachen Marketing macht On denn so schnell auch niemand etwas vor: Die Schweizer Olympioniken liefen in Tokio von Kopf bis Fuss mit On ausgerüstet ein, Hollywood-Star Dwayne Johnson trug die Schuhe publikumswirksam bei der Halbzeit-Show des Superbowls.

Es ist plötzlich ein anderes Umfeld
Autor: Annette Häcki Kreativdirektorin Jung von Matt

Mit dem Börsengang betritt das Unternehmen nun ganz offiziell den globalen Sportschuh-Markt. Die Konkurrenz dort ist riesig. Es brauche neue Ideen, sagt Annette Häcki, Kreativdirektorin bei Jung von Matt. «Es ist plötzlich ein anderes Umfeld. Nike beispielsweise hat nicht Roger Federer, sondern in jeder Sportart jeden Federer.» Ob On da mitziehen kann, werde sich zeigen.

Skeptische Experten

Just vor dem Börsengang gelingt On auch zahlenmässig die Wende: Der Umsatz stieg im Vorjahresvergleich um 50 Prozent und unter dem Strich resultiert gar ein Gewinn – knapp 4 Millionen Dollar im vergangenen Halbjahr. Dennoch lösen die Umstände des Börsengangs bei Experten Bedenken aus.

Das Verhältnis zwischen Substanz und Börsenkapitalisierung sehe ich kritisch.
Autor: Jürg Vonwil Private Equity Investor

«Ich sehe die Relation nicht, dass man eine so hohe Börsenkapitalisierung anstreben will mit einer Firma, die relativ neu am Markt ist. Das Verhältnis zwischen Substanz und Börsenkapitalisierung sehe ich kritisch», sagt Private Equity Spezialist Jürg Vonwil. Die Märkte seien aktuell überbewertet. Das viele Geld der Nationalbanken, das in die Märkte fliesse, führe zu immer höheren Bewertungen der Unternehmen.

On selber nimmt zurzeit keine Stellung zum Börsengang. Wie auch immer sich die Schweizer Firma in Zukunft entwickeln wird – bereits heute ist klar, wer die wirklichen Gewinner sind. Das Aktienpaket der drei Gründungsmitglieder soll nach dem Börsengang gemäss Schätzungen 300 Millionen Franken wert sein.

10vor10, 24.08.2021, 21.50 Uhr

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