38 Milliarden Franken werden in der Schweiz jährlich in der Schattenwirtschaft umgesetzt. Das schätzt Friedrich Schneider, Wirtschaftsprofessor an der Universität Linz in Österreich. Und dieses Jahr soll sie um elf Prozent anwachsen, denn in Krisen floriere Schwarzarbeit. Im Interview mit SRF News erklärt der führende Forscher auf dem Gebiet der Schwarzarbeit, warum das nicht nur schädlich ist.
SRF: Warum nimmt die Schwarzarbeit in der Schweiz dieses Jahr zu?
Friedrich Schneider: Durch die Corona-Pandemie und dem dadurch ausgelösten Wirtschaftsabschwung gibt es viele zusätzliche Arbeitslose und Kurzarbeiter. Diese haben erhebliche Einkommensverluste, welche sie teilweise durch Schwarzarbeit auszugleichen versuchen. Schon in der Wirtschaftskrise 2008/2009 war das der Fall.
Wie schadet Schwarzarbeit der Wirtschaft?
Schädlich ist Schwarzarbeit, weil Steuern und Sozialabgaben hinterzogen werden. Leidtragende sind Versicherungsträger, Kantone und der Bund. Ungefähr 1.2 Milliarden Franken entgehen ihnen so jährlich. Zudem kann es zu Wettbewerbsverzerrungen kommen. Firmen mit Schwarzarbeitenden produzieren kostengünstiger. Damit verdrängen sie ehrliche Firmen vom Markt. Jedoch ist das nur die eine Seite der Medaille.
Inwiefern ist Schwarzarbeit positiv?
Schwarzarbeit schafft Wohlstand, weil zusätzliche Wertschöpfung entsteht. Wenn Schwarzarbeitende beispielsweise ein kaputtes Auto reparieren, kann das wieder gebraucht werden und erbringt einen Nutzen. Weiter wird das durch Schwarzarbeit verdiente Geld zumeist sofort wieder ausgegeben. Davon profitiert die Wirtschaft.
Die Schweiz hat in Sachen Schwarzarbeit den tiefsten Wert in ganz Europa. Warum?
Ein zentraler Grund ist die direkte Demokratie. Die Menschen in der Schweiz haben umfassende Mitbestimmungsrechte. Im Vergleich zu anderen Ländern hat jeder Einzelne mehr Möglichkeiten, sich individuell zu entwickeln. Des Weiteren helfen die verhältnismässig tiefen Steuersätze. So bestehen kaum Anreize zur Schwarzarbeit.
Das Gespräch führte Raphael Steiner.