Eine kleine Firma im Zürcher Oberland spielt an der Weltspitze mit. Sie rüstet internationale Snowboardprofis aus. An den letzten Olympischen Winterspielen holten Sportler und Sportlerinnen neun Medaillen mit Oxess-Bretter unter den Füssen. Allen voran der Schweizer Alpin-Snowboarder Nevin Galmarini mit Olympiagold, aber auch zweifach Silber und die Bronze der chinesischen Skiakrobaten. Auch etliche Weltcupsiegerinnen und Weltmeister glitten auf den Schweizer Brettern.
Begründet hat die Erfolgsgeschichte der 52-jährige Schreiner Marcel Brunner. 1993 gründete er die Firma und baut seither massgeschneiderte Schneebretter. Zuvor hatte er schon ein paar Jahre an selbstgemachten Snowboards getüftelt. Seine vorherige Arbeit in Saubers Formel 1-Team half ihm, eigene Renngeräte aus Holzkern, Glas- und Carbonfaser herzustellen.
Die Firma ist mit sechs Angestellten immer noch klein. Corona hatte das Geschäft gebremst. Seit ein paar Jahren rüstet Oxess, neben diversen anderen Profis, auch das chinesische Nationalteam der Ski-Akrobaten und Snowboarderinnen aus. Das hat auch die Nachfrage von Privatkunden in China beflügelt. Wintersport boomt dort, staatlich gefördert mit Millionen-Investitionen.
Wichtig ist, dass sie in Zukunft unser Label promoten und es in China gesehen wird.
«Das Wichtigste ist, dass sie für uns Werbung machen, und nicht, dass ich an den paar Brettli, die ich dort verkaufe, viel Geld verdiene. Die Zukunft ist wichtig: Dass sie unser Label promoten und dass es in China gesehen wird.», sagt Marcel Brunner.
Chinesischer Investor an Bord
Die Voraussetzungen für die chinesischen Profifahrer waren zuletzt schwierig. Sie konnten wegen Covid lange nicht an Wettkämpfe ins Ausland reisen. Viele waren in Quarantäne.
Doch die Zusammenarbeit lohnt sich: mittlerweile macht Marcel Brunner ein Drittel seines Umsatzes mit China. Und er will dort noch mehr auf den schnell wachsenden Ski- und Snowboardmarkt setzen, zusammen mit einem strategischen Investor aus China.
Es sei sehr schwierig, in China Fuss zu fassen, sagt Brunner: «Ich habe zwar schon sehr viel gelernt in den letzten Jahren, aber um wirklich reinzukommen, brauche ich dort einen Partner, der mir hilft und mich dort unterstützt und der den Markt viel besser kennt als ich.»
Keine Angst vor Kopien
Brunner befürchtet nicht, dass die Chinesen seine Boards bald günstiger selbst bauen werden: zu klein seien die nachgefragten handgefertigten Serien. Das Geschäft interessiere die Chinesen deshalb nicht – noch jedenfalls.
In China verkauft Oxess seine Renn- und Freeriding-Bretter über Vertriebspartner an Privatkunden: in Läden im Olympiagebiet und in Peking. «Der chinesische Markt wird Jahr für Jahr wachsen», sagt Importeurin Han Xiaodong. «Marcel sagte mir, er könnte seine Produktion noch steigern, sodass wir genügend seiner Boards für China haben.» Sie will künftig jährlich bis 400 seiner Ski- und Snowboards verkaufen.
Sport vs. Politik
Einige Staaten boykottieren die Olympischen Spiele in China wegen Menschenrechtsverletzungen im Land. Darauf angesprochen äussert sich Brunner zurückhaltend. Für diese Fragen sei er wohl der Falsche. Für die Sportlerinnen und Sportler sei es extrem wichtig, an den Spielen mitmachen zu können. Wenn ein Staat diese boykottiere, sei das sicher sehr hart für die Sportler, meint Brunner. «Aber ich verstehe das natürlich, da gibt es sicher Gründe, wieso man das nicht gut finden könnte.» Er fiebere mit seinen Athletinnen und Athleten, die gehen wollen, mit.
Marcel Brunner setzt voll auf China, und China setzt auf ihn. Ob die Rechnung aufgeht, wird sich zeigen.