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CH-Stromversorger denken neu Französischer Atomstrom wird für die Schweiz weniger wichtig

Obschon das AKW Mühleberg schliesst, fliesst nicht mehr Atomenergie aus Frankreich. Das zeigen SRF-Recherchen.

Seit den 1970er-Jahren bestehen zwischen Schweizer Energieversorgern und französischen Atomkraftwerken langfristige Lieferverträge. Alpiq, Axpo, die BKW, die Elektrizitätswerke der Stadt Zürich oder die SBB beziehen jährlich rund 11'000 Gigawatt-Stunden Strom. Zum Vergleich: Die Schweizer AKW produzieren gut 24'000 Gigawatt-Stunden.

Frankreich war während Jahren so etwas wie die Lebensversicherung der Schweiz. Vor allem im Winter, wie Renato Tami, Geschäftsführer der Eidgenössischen Elektrizitätskommission, erklärt: «Die Schweizer Laufwasserkraftwerke produzieren weniger Elektrizität und der Strombedarf wegen der Heizungen steigt.»

Schweizer Energieversorger haben vorgespurt

Und jetzt, wo Mühleberg vom Netz geht, wird der französische Atomstrom für die Schweiz noch wichtiger? Könnte man meinen, doch die Realität sieht anders aus: Die Schweizer Energieversorger kehren dem französischen Atomstrom zunehmend den Rücken.

Ablesen lässt sich das an mehreren Entwicklungen. Erstens wird das AKW Fessenheim unweit der Schweizer Grenze kommenden Sommer aus Altersgründen abgestellt. Die Schweizer Energieversorger haben deshalb den Vertrag schon vor zwei Jahren aufgelöst.

Die Tage des französischen Atomkraftwerks Fessenheim am Ufer des Rheins im Elsass sind gezählt.
Legende: Die Tage des französischen Atomkraftwerks Fessenheim am Ufer des Rheins im Elsass sind gezählt. Keystone/Archiv

«Marktsignale»

Zweitens verkaufen die Schweizer Energieversorger seit 2016 einen Anteil des zugesicherten Stroms in Frankreich selber. Die Energieversorger schreiben dazu lediglich: «Ja, das ist so. Da in der Regel den Marktsignalen gefolgt wird, tragen die Langfristverträge sowohl in Frankreich als auch in der Schweiz zu einer Stabilisierung der Versorgungssituation bei.»

Aus Sicht der Energieversorger gibt es in Europa derzeit genügend Strom. Langfristige Lieferverträge sind aktuell nicht nötig. Das führt zum dritten Punkt: Die Schweizer Energieversorger beziehen ab 2020 auch beim französischen Energiekonzern EDF weniger Strom. Den Vertrag von 1995 verlängern sie nicht.

Genug Energie auch ohne EDF-Vertrag

Dazu schreiben sie: «Einzelne Partner wollten zum Beispiel nicht verlängern, da sie auch ohne Bezug in den nächsten Jahren genügend Energie verfügen.» Bislang haben Alpiq, Axpo und die BKW alleine bei EDF jährlich 3500 Gigawatt-Stunden Strom bezogen. Ab Januar wird es noch die Hälfte sein.

Gleichzeitig wollen die Energieversorger Kosten sparen. Indem sie den Vertrag mit EDF nicht verlängern, müssen sie sich nicht an den Investitionskosten beteiligen. Aktuell ist der Investitionsbedarf bei den alten AKWs in Frankreich gross.

Massiv weniger schon im nächsten Jahr

All das führt dazu, dass die Schweiz ab 2020 fast nur noch halb so viel Strom direkt aus französischen AKWs bezieht als noch vor wenigen Jahren. Stattdessen wird der Strom auf dem europäischen Strommarkt gekauft, immer häufiger aus deutschen Windparks und Solaranlagen.

Stromversorgung neu ausgerichtet

Maurice Dierick, Geschäftsleitungsmitglied bei der Übertragungsgesellschaft Swissgrid, sagt: «Das ganze System ist historisch gebaut auf eine vorhersehbare, stabile Produktion. Jetzt kommen wir in eine Welt, wo die Produktion weniger vorhersehbar und weniger stabil ist. Da müssen wir auch neu denken lernen.»

Jetzt kommen wir in eine Welt, wo die Produktion weniger vorhersehbar und weniger stabil ist.
Autor: Maurice Dierick Übertragungsgesellschaft Swissgrid

Tatsache bleibt, dass die Schweiz weiter aufs Ausland angewiesen ist. Die Energieversorger haben in den vergangenen Jahren in ganz Europa mehrere Hundert Windparks und Solaranlagen gebaut und gekauft. Umstritten ist, was sie zur Versorgung der Schweiz beitragen.

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