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CS-Übernahme durch die UBS Warum hat das «Too big to fail»-Gesetz versagt?

Von wegen Vertrauen: Die CS sei letztlich am zu tiefen Eigenkapital gestrauchelt, sagt Bankenprofessor Marc Chesney.

Die historisch Interessierten mögen sich noch daran erinnern: Nach der UBS-Rettung 2008 diskutierte die Politik ausgiebig über die «Too big to fail»-Regeln. Regeln für Banken, die so gross sind, dass sie bei einer Pleite die Volkswirtschaft in eine Krise reissen und international eine Finanzkrise auslösen könnten. Die finanziellen Anforderungen wurden erhöht und es gab klare Regeln, wie eine Grossbank im Krisenfall trotzdem abgewickelt werden kann.

Im ersten Ernstfall gescheitert

Doch das Gesetz stellt sich jetzt offensichtlich als untauglich heraus, wie auch Finanzministerin Karin Keller-Sutter gestern feststellte: «Jetzt hat man einen Fall, der diese ‹Too big to fail›-Gesetzgebung gar nicht richtig abbildet. Man kann die Instrumente fast nicht anwenden.»

Gemäss den «Too big to fail»-Regeln soll in einer Krise das gesunde Geschäft von der Bank abgespalten und der Rest in Konkurs geschickt werden. Das aber hätte, so die Finanzministerin, mit ziemlicher Sicherheit eine Finanzkrise ausgelöst.

Finanzielle Vorgaben zu moderat?

Doch die «Too big to fail»-Regeln gehen weiter. Mit schärferen Anforderungen wollte man auch das finanzielle Fundament der Banken stabilisieren. Und je stabiler dieses, desto grösser das Vertrauen.

Muss man hier nun nachjustieren? Karin Keller-Sutter beantwortet das nicht direkt, aber ihre Aussage lässt erahnen, dass sie skeptisch ist: «Man kann Vertrauen nicht regulieren und auch kulturelle Fehler nicht wegregulieren. Das ist halt wieder eine andere Geschichte.»

Mehr Kapital in guten Zeiten – auf Kosten der Rendite

Ist das tatsächlich so? Marc Chesney, Banken-Professor an der Universität Zürich widerspricht: «Es gab nicht genug Eigenkapital für Credit Suisse.» Er ist überzeugt, dass mit mehr Eigenkapital die Krise der CS, der Vertrauensverlust in die Bank und damit der Mittelabfluss der letzten Wochen und Monate hätte verhindert werden können. Denn mehr Eigenkapital bedeute zwar weniger Rendite, wenn es gut geht, aber sehr viel mehr Stabilität.

Es gab nicht genug Eigenkapital für Credit Suisse.
Autor: Marc Chesney Wirtschaftsprofessor, Universität Zürich

Chesney kritisiert denn auch, dass die Politik nicht früher gehandelt hat. Tatsächlich forderten SP und Grüne schon bei der «Too big to fail»-Regulierung 2011 eine substanziell höhere Eigenkapitalquote für die Grossbanken, doch wollten die Bürgerlichen davon nichts wissen.

Marc Chesney
Legende: Marc Chesney, Finanzprofessor an der Universität Zürich. Keystone/Ennio Leanza

Wenig überraschend sagt heute SP-Fraktionschef Roger Nordmann: «Die Geschichte gibt uns eindeutig recht. Wir haben die grossen Risiken bei den Grossbanken gesehen und betont, dass die ‹Too big to fail›-Regeln nicht ausreichen.» Die Bürgerlichen dagegen hätten den Banken absolut freie Hand gegeben, womit die Schweiz jetzt 200 Milliarden für die Rettung riskieren müsse.

Die SP stellt deshalb nochmals die gleichen Forderungen wie 2011. Dazu gehört zum Beispiel eine höhere Eigenkapitalquote und die Einführung des Trennbankensystems. Die Bürgerlichen zeigen sich heute gesprächsbereiter als damals.

Credit Suisse: Übernahme durch UBS

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Logos der Credit Suisse und der UBS prangen auf den Firmensitzen.
Legende: KEYSTONE/Michael Buholzer

Die Grossbank Credit Suisse wird durch die UBS übernommen. Die neusten Entwicklungen rund um die CS und die aktuelle Bankenkrise in der Schweiz sowie Reaktionen und Einschätzungen finden Sie hier.

Echo der Zeit, 20.03.2023, 18:00 Uhr

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