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Wirtschaft «Das ist keine ernsthafte Klimapolitik»

Mit dem Emissionshandelssystem hat die EU im Kampf gegen den Klimawandel eine weltweite Vorreiterrolle eingenommen: Als einziger grosser Wirtschaftsraum versucht sie ihre CO2-Emissionen zu senken. Die genauere Betrachtung zeigt aber, dass Europa zu wenig konsequent vorgeht.

Ein Blick ins eigentlich umweltfreundliche Deutschland zeigt, hier wird Braunkohle im grossen Stil abgebaut. Der klimaschädlichste Energieträger feiert eine Renaissance: Braunkohle ist der wichtigste Stromlieferant in Deutschland. Das ist erstaunlich, wollte doch die EU den Klimawandel bekämpfen.

Grosse Worte - Hoffnung auf das ETS

2008 hatte die EU ihr vielversprechendes Mittel im Kampf gegen den Klimawandel neu lanciert: Das Europäische Emissionshandelssystem (ETS). Damit wollte die Union als weltweit einziger grosser Wirtschaftsraum ihre CO2-Ausstosse senken. Der damalige EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy wählte grosse Worte: «Unsere Einigung ist historisch. Es gibt sonst keinen Kontinent, der sich ähnlich ambitiöse Regeln auferlegt.» Die Idee: Mit dem ETS bekamen die CO2-Emissionen einen Preis, den die Unternehmen bezahlen müssen.

Emissions Trading System ETS

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Fabriken erhalten vom Staat CO2-Zertifikate. Senkt eine Fabrik ihren CO2-Ausstoss, hat sie mehr Zertifikate, als sie benötigt. Diese Zertifikate kann sie an Firmen verkaufen, die mehr CO2 ausstossen. Es entsteht ein Markt für CO2-Zertifikate. Da die Menge der Zertifikate reduziert wird, haben die Firmen einen Anreiz, ihre Emissionen zu senken.

Zu Beginn setzte das ETS die Unternehmen unter Druck, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren. Pro Tonne CO2 mussten sie rund 35 Euro hinblättern. Doch schon bald wurde klar, dass die EU-Kommission die Zertifikate sehr grosszügig verteilt hatte.

«Auch in Europa kostet der Dreck kaum etwas»

«Der Hauptgrund für die vielen Zertifikate ist erfolgreiche Lobbyarbeit», sagt Beat Hintermann dazu. Der Professor für Umweltökonomie an der Universität Basel setzt sich seit Jahren mit dem ETS auseinander und ergänzt, dass sowohl die Firmen als auch die einzelnen Mitgliedstaaten an einem Überfluss an CO2-Zertifikaten ein Interesse hätten: Durch das grosse Angebot an Zertifikaten sank deren Preis, womit die Firmen weniger für ihre Umweltverschmutzung bezahlen mussten. Der Anreiz, in umweltfreundliche Technologie zu investieren, sinkt. Das war aber erst der Beginn des Preiszerfalls der CO2-Zertifikate in der EU.

Der weitere Zusammenbruch kam mit der Wirtschaftskrise: Die Firmen drosselten ihre Produktion, worauf sie automatisch weniger CO2 ausstiessen. Die Nachfrage nach Zertifikaten sank weiter, woraufhin ihr Preis endgültig in den Keller krachte. Heute muss eine Firma in der EU etwa 6 Euro pro Tonne CO2 bezahlen. Damit kostet der «Dreck» auch im eigentlich klimafreundlichen Europa nur noch sehr wenig.

Keine ehrgeizigen Ziele

Der aktuell tiefe Preis liesse die Schlussfolgerung zu, dass das Klimaziel viel zu wenig ambitiös gesetzt ist, findet Hintermann und sagt: «Wenn man ernsthafte Klimapolitik machen wollte, würde man einen viel höheren Preis erwarten.»

Video
Beat Hintermann kritisiert Klimapolitik
Aus ECO vom 22.09.2014.
abspielen. Laufzeit 17 Sekunden.

Schätzungen zufolge würde der Preis einer «ernsthaften» Klimapolitik bei einem 5- bis 15-Fachen des heutigen Preises liegen. Damit ist auch die EU weit entfernt von einer ehrgeizigen CO2-Reduktion.

Ihr letztes Klimaziel hat die EU trotzdem erreicht. Dabei war aber die Wirtschaftskrise entscheidender als das ETS.

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