Seit März 2016 ist es in der Schweiz rechtlich möglich, die Eröffnung eines Bankkontos vollständig digital abzuwickeln. Während früher Kundenberater die vorgeschriebene Kundenidentifikation persönlich vornehmen mussten, dürfen Banken ihre Neukunden heute per Video oder Internet identifizieren. So dauert eine Kontoeröffnung noch rund 15 Minuten. Im Fachjargon heisst diese Vorgehensweise «Digital Onboarding». Doch nutzen Banken und Kunden diese Möglichkeit?
Den Ruf der digitalsten Bank der Schweiz hat sich eine kleine Aargauer Bank erworben: Die Hyopthekarbank Lenzburg. Auch bei der digitalen Kontoeröffnung gehörte sie zu den ersten Anbietern. Die Geschäftszahlen der «Hypi», wie man die Regionalbank im Aargau nennt, lassen vermuten: Die konsequente Digitalstrategie lohnt sich. Die Hypothekarbank Lenzburg hat im ersten Halbjahr 2017 9,9 Millionen Franken Gewinn erzielt und konnte ihre Blianzsumme erstmals auf über fünf Millarden Franken steigern – das gab das Finanzinstitut heute bekannt.
Kosteneinsparungen
Die Banken versprechen sich vom «Digital Onboarding» vor allem Einsparungen: Weniger Filialen, weniger Personal. Immer mehr Banken bieten deshalb digitale Kontoeröffnungen an. Neben UBS, Valiant, Glarner Kantonalbank, PostFinance, Basler Kantonalbank, Raiffeisen, Hypothekarbank Lenzburg und WIR Bank ist jüngst auch die Credit Suisse dem Trend gefolgt.
Bei der zweitgrössten Schweizer Bank versteht man die Einführung der digitalen Kontoeröffnung als Reaktion auf Kundenbedürfnisse. Anke Bridge, die Digital-Chefin der Credit Suisse Schweiz, sagt: «Unsere Kunden wollen immer flexibler Zugriff auf unsere Dienstleistungen haben, auch ausserhalb der Filialöffnungszeiten.» Die digitale Kontoeröffnung biete den Kunden eine Alternative zum herkömmlichen Kontoeröffnungsprozess.
Bescheidener Start
Die Kunden lassen sich allerdings nicht so leicht von der digitalen Aufbruchsstimmung der Banken anstecken, wie sich die Geldhäuser das vielleicht wünschen. Zahlen der UBS zeigen: Bisher greifen vor allem 18 bis 29-jährige Städter auf die neue Möglichkeit zurück. Personen über 45 eröffnen nur selten digital ein Konto, Personen über 65 praktisch gar nicht.
Finanzprofessor Andreas Dietrich von der Hochschule Luzern bestätigt, dass digitale Kontoeröffnungen bisher noch kein Renner gewesen seien: «Nur wenige Kunden nutzen das Angebot, am Samstag sind es gar weniger als unter der Woche». Dietrich weist aber auch daraufhin, dass die Möglichkeit erst seit Kurzem bestehe und viele die digitale Kontoeröffnung deshalb noch gar nicht kennen würden. Ob sich die virtuelle Bankfiliale durchsetzen wird, ist offen. Noch sprechen die Zahlen nicht dafür.