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Durch Annahme von IWF-Krediten Es droht ein Tsunami von Zahlungsausfällen

Entwicklungs- und Schwellenländer stehen vor einer Schuldenkrise. Vielen steht das Wasser schon jetzt bis zum Hals

Entwicklungs- und Schwellenländer wie Ghana, Südafrika oder Peru trifft die Corona-Krise doppelt hart: Schon vor dem Ausbruch der Pandemie hatten viele von ihnen hohe Schuldenberge aufgehäuft.

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IWF warnt vor schlimmster Rezession
aus Echo der Zeit vom 14.04.2020. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 48 Sekunden.

Als dann die Nachfrage nach den Rohstoffen sank, die in vielen armen Ländern wichtigste Einnahmequelle sind, als wegen der Pandemie die Touristen wegblieben, als viele Investoren in Panik gerieten und ihr Kapital abzogen und auch die Kurse der Landeswährung im Verhältnis zum Dollar immer billiger wurden, da wurde es immer schwerer, die vielen Dollar-Schulden zurückzuzahlen.

Harte Sparauflagen des IWF

Die Unctad, also die UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung in Genf, erwartet, dass Entwicklungsländern bis zum nächsten Jahr rund zwei Billionen Dollar für den Schuldendienst fehlen werden.

Weil vielen das Wasser schon jetzt bis zum Hals steht, haben schon mehr als 100 Entwicklungsländer einen Hilfskredit beim IWF beantragt – so viele wie noch nie. Der Fonds arbeitet sie im Akkordtempo ab, mehr als 50 hat er bis zum Wochenende durchgewinkt.

Doch diese Notkredite – die oft mit harten Sparauflagen durch den IWF verbunden sind – könnten fatale Folgen haben, warnt Bodo Ellmers, Direktor des Finanzprogramms für nachhaltige Entwicklung bei der Nichtregierungsorganisation Global Policy Forum in Brüssel. «Das Problem ist wie viele Kredite diese Länder, die jetzt wegen Geld angefragt haben, absorbieren können. Einige von ihnen hatten schon ein hohes Schuldenkrisenrisiko, bevor die Krise losging. Mit neuen Schulden wird das in Schuldenkrisen enden.»

Negativbeispiel Griechenland

Das Regelwerk der Währungsfonds sieht eigentlich vor, dass er keinen Ländern Kredite geben darf, die im Verhältnis zur eigenen Wirtschaftskraft schon zu hoch verschuldet sind. Denn sonst hätten sie wenig bis keine Chancen, die Schulden jemals abzuzahlen. Dass der IWF dies im Fall Griechenland trotzdem gemacht hatte, verschleppte die wirtschaftliche Erholung um Jahre. Leidtragende war die Bevölkerung: Arbeitslosigkeit und Armut stiegen massiv an.

Diese Lektion sei in der Corona-Krise aber offenbar in Vergessenheit geraten, meint Finanzexperte Ellmers: «Der erste Kredit, der vergeben wurde, ging z.B. nach Ghana. Ghana ist ein Land, das bereits jetzt über die Hälfte des Budgets für den Schuldendienst aufwendet. Diesen Ländern noch mehr Kredite zu geben, treibt sie noch weiter in die Schuldenfalle.»

Sind private Geldgeber bereit Schulden zu erlassen?

Doch beim Währungsfonds haben solche Bedenken im Moment keine Priorität. Der Ökonom Bret Setser von der US-Denkfabrik Council on Foreign Relations verteidigt diese Position. Im Moment gehe es nur darum, möglichst viele Ressourcen für den Kampf gegen Covid-19 freizusetzen, sagt Setser.

Aber was, wenn die Nothilfe diese Länder noch weiter in die Not treibt? Dann wäre es naheliegend, ihnen zumindest einen Teil der Schulden zu erlassen, sagt der US-Ökonom. Da der IWF selbst nie auf Ansprüche verzichtet, wären dabei vor allem private Geldgeber wie Banken und Fonds gefragt, die den Grossteil der Kredite in Entwicklungsländer stellen. Doch sie halten sich bislang bedeckt. Ähnlich wie China – der grösste öffentlicher Geldgeber weltweit.

Unctad fordert einen Marshall-Plan

Allein die Schulden afrikanischer Länder wie Ghana bei China belaufen sich geschätzt auf 145 Milliarden Dollar. Acht Milliarden davon müssen allein in diesem Jahr zurückgezahlt werden.

Auch die Unctad empfiehlt Schuldenerleichterungen – und ausserdem ein 500-Milliarden-Dollar-schweres Wiederaufbau-Programm für ärmere Länder, also eine Art Marshall-Plan. Wenn nicht sofort gehandelt werde, warnt die Unctad, dann könnte sich die Verschuldungskrise rasch in einen Tsunami von Zahlungsausfällen verwandeln. Die Corona-Krise könnte dann auch zu einer gigantischen Schuldenkrise werden – mit Folgen auch für den Rest der Welt.

Echo der Zeit, 19.04.20, 18:00 Uhr

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