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Ein Jahr nach dem Untergang Wie Angestellte das Ende der Credit Suisse erlebten

Als die UBS die Credit Suisse übernimmt, bangen Zehntausende Angestellte um ihren Job. Ein Jahr später geben drei von ihnen einen Einblick, was sich in den CS-Büros zugetragen hat und wie sie die Krise erlebt haben.

«Ist das ein Fehler?», fragt sich Basil*, als er am Mittwoch ins Büro kommt und den Aktienkurs der Credit Suisse sieht. Nein, es ist kein Fehler: Die CS erlebt an diesem Tag einen Bankrun. Die Kundinnen und Kunden ziehen massenweise Geld ab, 13.2 Milliarden Franken allein an diesem Mittwoch. Basil, damals Aktienanalyst bei der CS, sieht zu, wie der Kurs in den Keller stürzt. In einem Anflug von Galgenhumor witzelt er mit seinen Mitarbeitenden, dass eine CS-Aktie nicht mal mehr genug wert ist, um sich damit einen Kaffee zu kaufen.  

Beruhigung in der Bar 

Basil spürt, dass etwas im Argen liegt. Er fragt intern nach – und tatsächlich: Es sei nicht klar, ob die Credit Suisse den Tag überlebt, heisst es von einem Kollegen, der die Marktentwicklung im Blick hat. «Das war ein Schock», sagt Basil. Noch am selben Abend verschickt er zwei Bewerbungen an andere Banken. «Wenn's hart auf hart kommt, willst du der Erste sein, der sich bewirbt. Bevor der grosse Run kommt.» 

13'000 Stellen schon weg – weitere dürften folgen

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Generalversammlung der CS im Frühling 2023.
Legende: Keystone/Michael Buholzer

Durch die Übernahme der CS und ihrer rund 50'000 Angestellten ist die UBS auf etwa 120'000 Arbeitsplätze angewachsen, knapp ein Drittel davon ist in der Schweiz angesiedelt. Gemäss Informationen der britischen Financial Times hat die UBS seit der Übernahme rund 13'000 Stellen abgebaut. Die UBS selber hat angekündigt , dass es in der Schweiz zu 3000 Entlassungen kommen wird. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass global 2024 tausende weitere Mitarbeitende der neuen Grossbank ihre Stelle verlieren werden.  

Später trifft er sich mit Freunden in einer Bar, um Fussball zu gucken und sich abzulenken. In der Halbzeitpause erreichen ihn Medienberichte über ein gemeinsames Statement der Schweizerischen Nationalbank und der Aufsichtsbehörde Finma. Die Credit Suisse erfülle die Anforderungen an Kapital und Liquidität, falls nötig, werde die Nationalbank Geld einschiessen. «Ein gutes Signal», denkt sich Basil. Doch er täuscht sich. Hinter den Kulissen ist für Bund und Behörden bereits an diesem Abend klar: Die Bank ist am Ende. 

Liveticker auf dem Skilift 

Abseits der Öffentlichkeit arbeiten die Schweizer Institutionen unter Hochdruck daran, eine Lösung für die kollabierende Grossbank zu finden. Sie bereiten die Übernahme durch die UBS vor – aus Sicht der CS-Mitarbeitenden die grösste Rivalin. «Die UBS war unsere grösste Konkurrenz. Das sind die Roten mit den drei Schlüsseln, wir sind die Blauen mit den Segeln», sagt Sophie*. Sie hat bei der Credit Suisse unter anderem in der Kundenberatung gearbeitet. «Der Blick auf die Konkurrenz ist in diesem Bereich wichtig. Und plötzlich bist du das, wovon du dich immer abgegrenzt hast.»  

Am 19. März 2023 verkündet Finanzministerin Karin Keller-Sutter, dass die UBS die CS übernimmt.
Legende: Eine Zäsur in der Geschichte des Schweizer Finanzplatzes: Am 19. März 2023 verkündet Finanzministerin Karin Keller-Sutter, dass die UBS die CS übernimmt. Keystone/Peter Klaunzer

Auch für Basil ist die Übernahme durch die UBS in diesen Tagen nicht vorstellbar. «Von einer Übernahme durch die UBS war in meinem Umfeld nie die Rede. Mir kommt das so surreal vor.» Das Thema dominiert am Samstag die Medien. Basil verfolgt die Entwicklungen vom Skilift aus und liest, wie über den Preis für seine Arbeitgeberin spekuliert wird. Eine Milliarde Franken wolle die UBS bezahlen, heisst es. «Das hat für mich gar keinen Sinn gemacht. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Credit Suisse so günstig verkauft wird.» 

Nach dem Deal bleibt die Ratlosigkeit 

Am Sonntagabend ist es so weit. Rico* arbeitet damals in der CS-Produktentwicklung. Er sitzt mit seiner Freundin in einem indischen Restaurant. Als er mitkriegt, dass der Bundesrat eine Medienkonferenz zur Credit Suisse einberufen hat, denkt er sich: «Jetzt ist wohl Ende Gelände.» Das Essen kann er nicht mehr geniessen, er macht sich ernsthafte Sorgen um seine Stelle. Auf dem Heimweg verfolgen die beiden, wie die Übernahme verkündet wird. «Als wir zu Hause waren, sass ich im dunklen Zimmer auf meinem Bett und starrte aufs Handy. Muss ich morgen überhaupt zur Arbeit?»  

Als Rico am Montagmorgen nach der Übernahme ins Büro kommt, ist es so voll wie noch nie. Er setzt sich an den PC und schaut ein paar Mails an. «Kurz darauf ist ein Kollege aufgestanden und hat in den Raum hinein gefragt: ‹Wer kommt auf einen Kaffee?› Da haben sich bestimmt 20 bis 30 Leute angeschlossen. Wir wussten nicht, was wir tun sollten. Also haben wir Kaffee getrunken.»

* Name geändert

SRF-Podcastserie «Das Ende der Credit Suisse»

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Logo.
Legende: «News Plus Hintergründe» widmet sich in fünf Folgen dem Ende der Credit Suisse. SRF

Die SRF-Podcastserie «Das Ende der Credit Suisse» beleuchtet, was bei der Übernahme durch die UBS hinter den Kulissen geschah: Krisensitzungen mit Bundesrätin Karin Keller-Sutter, herumliegende Pizzaschachteln im Finanzdepartement und die Gefühlsachterbahn von CS-Mitarbeitenden.

Alle Folgen der fünfteiligen Serie von News Plus Hintergründe gibt es online , im SRF-Podcastfeed «News Plus Hintergründe» sowie auf den gängigen Podcastplattformen.

SRF 4 News, 11.3.2024, 05:05 Uhr

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